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Widerruf der Zulassung als Steuerberater für Rechtsreferendar

Im Juli 2011 hat das Finanzgericht Münster über die Klage eines Steuerberaters entschieden, dem von Seiten der zuständigen Steuerberaterkammer die Zulassung aufgrund seines Rechtsreferendariats entzogen worden war. Der (vormals) Steuerberater wendete sich mit seiner Klage gegen den Widerruf der Zulassung, allerdings ohne Erfolg.

Das Finanzgericht hält den Widerruf für rechtmäßig und wies die Klage ab. Der Beklagte habe zu Recht die Bestellung des Klägers als Steuerberater widerrufen, weil dieser eine mit dem Beruf des Steuerberaters unvereinbare Arbeitnehmertätigkeit ausübt. Gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 1 StBerG ist die Bestellung als Steuerberater zu widerrufen, wenn der Steuerberater eine Tätigkeit als Arbeitnehmer ausübt, die mit seinem Beruf nicht vereinbar ist (§ 57 Abs. 4 StBerG). Wesentlich für die Arbeitnehmertätigkeit i.S.d. StBerG ist dabei, dass der Arbeitnehmer in der Regel zeitlich und örtlich so gebunden ist, dass er in Folge der ihm vorgegebenen Gestaltung seiner Arbeit Aufgaben außerhalb seines Arbeitsverhältnisses nicht mehr ohne Rücksichtnahme auf die Verpflichtungen aus diesem Verhältnis vornehmen kann (BFH Urteil vom 05.09.1978 VIII R 50/77, BFHE 126, 346, BStBl II 1979, 202).

Die Referendartätigkeit des Klägers erfüllt die Anforderungen an eine Arbeitnehmertätigkeit im vorgenannten Sinn. Zur Ausbildung des Referendars gehört neben dem Besuch von Arbeitsgemeinschaften mit ca. 500 Unterrichtsstunden (§ 43 JAG NRW), die zum Teil en Block (§ 37 Abs. 2 JAG NRW) abzuleisten sind, die Teilnahme an Klausurenkursen, die Mitarbeit in der gerichtlichen oder beratenden Praxis, wozu dem Referendar bestimmte Aufgaben zur selbständigen Erledigung übertragen werden (§ 39, 40 JAG NRW) sowie das Selbststudium. Hinsichtlich der Teilnahme an den Arbeitsgemeinschaften ist in § 45 JAG NRW geregelt, dass die Teilnahme verpflichtend ist und anderen Diensten vorgeht. Aus dieser Ausgestaltung des juristischen Vorbereitungsdienstes wird deutlich, dass der Referendar weitestgehend seine Arbeitszeit nicht selbst bestimmen kann, vielmehr gegenüber seinem Ausbilder, den Leitern der Arbeitsgemeinschaft und dem Präsidenten/-Präsidentin des Landgerichts weisungsgebunden und zur Übernahme und Erledigung von bestimmten Aufgaben und Arbeiten verpflichtet ist. Eine freie Einteilung der Arbeitszeit beschränkt sich somit im Wesentlichen auf das Selbststudium.

Bei einer derartigen Reglementierung des Ausbildungsverhältnisses kann nicht mehr davon die Rede sein, dass der Rechtsreferendar anderweitige Aufgaben ohne Rücksichtnahme auf die Verpflichtungen aus dem Referendariat wahrnehmen kann. Daraus wird deutlich, dass dem Kläger ein jederzeitiges Tätigwerden als Steuerberater für seine Mandanten nicht möglich ist. Er stünde seinen Auftraggebern nicht nur vom zeitlichen Umfang her, sondern auch wegen der terminlichen Fremdbestimmung nur sehr eingeschränkt zur Verfügung. Die Pflichtenkollision des Steuerberaters, die durch das Betätigungsverbot des § 57 Abs. 4 StBerG ausgeschlossen werden soll, wird durch die Erteilung der eingeschränkten Nebentätigkeitsgenehmigung gerade nicht vermieden. Anhaltspunkte dafür, dass der Präsident des OLG bei der Entscheidung über die Erteilung der Nebentätigkeitsgenehmigung auch berufsrechtliche Aspekte aus dem StBerG geprüft hat, sind nicht ersichtlich. Prüfungsmaßstab für die Genehmigung ist vielmehr allein, ob durch die Nebentätigkeit dienstliche Interessen des Referendars beeinträchtigt werden (vgl. § 49 Abs. 2 LBG NW). 

Auch das Finanzgericht Hamburg hat in seinem Urteil vom 21.08.1991 V-117/91, EFG 1992, 163 die Auffassung vertreten, dass ein Rechtsreferendar als Arbeitnehmer i.S.d. StBerG anzusehen ist. Dass sich die für die Beurteilung bedeutenden Kriterien bzw. rechtlichen Voraussetzungen - Dienstpflichten und Art der Erfüllung derselben -inzwischen wesentlich geändert hätten, vermag der Senat nicht festzustellen. Dass die verschiedenen Ausbildungsstationen inzwischen in einem Zeitraum von nur noch 24 Monaten absolviert werden müssen, spricht sogar dafür, dass eine stärkere (zeitliche) Einbindung in den Dienstbetrieb der jeweiligen Ausbildungsstelle gegeben ist. Entsprechend der Rechtsprechung des BFH hat der erkennende Senat bei seiner Entscheidung bedacht, dass es einen für alle Bereiche verbindlichen Begriff des Arbeitnehmers nicht gibt (vgl. BFH Urteil vom 05.09.1978 VII R 50/77, BFHE 126, 346, BStBl II 1979, 202 m.w.N.), sodass dieser bei der Anwendung einer Vorschrift stets besonders bestimmt werden muss. Der Senat hat sich bei der Auslegung des Begriffs des Arbeitnehmers i.S.d. §§ 46 Abs. 2 Nr. 1, 57 Abs. 4 StBerG am Sinn und Zweck der Vorschrift - Gewährleistung einer unabhängigen, eigenverantwortlichen, gewissenhaften und verschwiegenen Berufsausübung des Steuerberaters (§ 57 Abs. 1 StBerG) - orientiert. Er ist dabei, wie dargelegt, zu dem Ergebnis gelangt, dass die Tätigkeit des Referendars als Arbeitnehmertätigkeit ausgestaltet ist, die nicht mit dem Steuerberaterberuf vereinbar ist.

Das Gericht hat auch keine Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des § 57 Abs. 4 Nr. 2 StBerG. 49 Soweit die Zulässigkeit des Berufs des Steuerberaters im Fall einer Tätigkeit als Arbeitnehmer ausgeschlossen wird, handelt es sich um eine sog. Inkompatibilitätsregelung, welche die Berufswahl einschränkt, weil dem Betroffenen die Möglichkeit, mehrere Berufe zu wählen und nebeneinander auszuüben, genommen wird. Eine derartige Einschränkung der Berufswahl ist nach der Rechtsprechung des BVerfG jedoch zulässig, wenn sie dem Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter dient (vgl. u.a. BVerfG Beschlüsse vom 15.02.1967 1 BvR 569/62, BVerfGE 21, 173 und vom 11.06.1958 1 BvR 596/56, BVerfGE 7, 377und vom 11.02.1992 1 BvR 1531/90 BVerfGE 85, 248 unter B I 3 b). Dies ist hier der Fall. Die besondere Bedeutung des Steuerberatungsrechts für das Interesse des Gemeinwohls (Steueraufkommen, Steuermoral, Schutz geschäftsunkundiger Steuerpflichtiger) hat der BFH wiederholt unterstrichen (BFH Urteile vom 04.10.1995 VII R 38/95, BFHE 178, 518, BStBl II 1996, 488 und vom 06.10.1998 VII R 146/97, BFH/NV 1999, 216). Wird der Steuerberater zur Erfüllung seiner Aufgaben verpflichtet, sich seinem Beruf uneingeschränkt zu widmen, um Interessenkollisionen mit einer anderen beruflichen Tätigkeit zu vermeiden, liegt darin eine vernünftige und verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Einschränkung der Berufswahl. Dementsprechend geht auch der BFH in ständiger Rechtsprechung von der Verfassungsmäßigkeit der hier einschlägigen Normen (§ 46 Abs. 2 Nr. 1, § 57 Abs. 2 und Abs. 4 StBerG) aus (BFH Beschluss vom 28.04.2004 VII B 44/04, BFH/NV 2004, 1297 und BFH Urteil vom 04.08.1987 VII R 169/85, BFHE 150, 272, BStBl II 1987, 790). 

Die Referendartätigkeit des Klägers erfüllt auch keinen der in §§ 57, 58 StBerG geregelten Ausnahmetatbestände. Insbesondere nimmt der Kläger im Rahmen seines Angestelltenverhältnisses keine Tätigkeit i.S.d. § 33 StBerG wahr. Das Angestelltenverhältnis des Klägers als Referendar sieht nämlich nicht die Wahrnehmung steuerberatender Tätigkeiten vor. Gegenstand des Referendariats ist vielmehr das in §§ 30 ff. JAG NRW näher ausgestaltete öffentlich-rechtliche Ausbildungsverhältnis. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Referendar ggfs. im Rahmen einer einzelnen Ausbildungsstation auch mit steuerrechtlichen Fragestellungen befasst wird.

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