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Verzögerungsgeld: Druckmittel der Finanzverwaltung

Durch das JStG 2009 wurde über § 146 Abs. 2b AO das Verzögerungsgeld eingeführt. Diese steuerliche Nebenleistung dient dazu, den Steuerpflichtigen zur Erfüllung seiner Mitwirkungspflichten zeitnah anzuhalten. Es beträgt mindestens 2.500 EUR und maximal 250.000 EUR.

Nachfolgender Katalog soll als Orientierungshilfe gedacht sein. Eine Rechtsbindung geht davon nicht aus. Die Entscheidung im Einzelfall bleibt dem zuständigen Finanzamt vorbehalten.

Das Verzögerungsgeld kann festgesetzt werden, wenn der Steuerpflichtige

  • der Aufforderung zur Rückverlagerung seiner im Ausland befindlichen elektronischen Buchführung oder Teilen davon nicht nachkommt,
  • seiner Pflicht zur Mitteilung der unter § 146 Abs. 2a S. 4 AO genannten Umstände nicht unverzüglich nachkommt,
  • den Datenzugriff nach § 147 Abs. 6 AO nicht, nicht zeitnah oder nicht in vollem Umfang einräumt,
  • Auskünfte im Rahmen einer Außenprüfung nicht, nicht zeitnah oder nicht vollständig erteilt,
  • angeforderte Unterlagen im Rahmen einer Außenprüfung nicht, nicht zeitnah oder nicht vollständig vorlegt,
  • seine elektronische Buchführung ohne Bewilligung der zuständigen Finanzbehörde verlagert hat.

Hinweis des Steuerberaters:

In der Praxis kommt das Verzögerungsgeld insbesondere im Rahmen der Betriebsprüfung zum Einsatz, um den Steuerpflichtigen zur zeitnahen Mitwirkung anzuhalten. Dabei gelten folgende Grundsätze:

  • Ein Verzögerungsgeld im Zusammenhang mit Verstößen gegen die Mitwirkungspflicht kann nur im Rahmen einer Außenprüfung festgesetzt werden.
  • Die Finanzbehörde hat ein Ermessen nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, ob ein Verzögerungsgeld festgesetzt wird. Insoweit sind die Umstände des Einzelfalls entscheidend. Das Gesetz sieht grundsätzlich keine Berücksichtigung von Verschuldensgründen vor.
  • Auch beim Kleinstbetrieb kann ein Verzögerungsgeld festgesetzt werden.
  • Die Festsetzung eines Verzögerungsgelds ist unabhängig von der Rechtsgrundlage der Außenprüfung zulässig. Dementsprechend kommt es auch bei Prüfungen gemäß § 193 Abs. 2 AO in Betracht.
  • Grundsätzlich kann auch nach Einleitung des Steuerstrafverfahrens ein Verzögerungsgeld festgesetzt werden. Sofern sich der Steuerpflichtige aufgrund der verlangten Mitwirkung selbst belasten würde, wird aber von der Festsetzung abgesehen.
  • Das Verzögerungsgeld muss vorher nicht angedroht werden. Der Steuerpflichtige ist jedoch vor der Festsetzung des Verzögerungsgelds auf die Möglichkeit der Festsetzung hinzuweisen (§ 91 AO).
  • Die Festsetzung soll in zeitlicher Nähe zur Verweigerung der Mitwirkung erfolgen.
  • Das Verzögerungsgeld wird gegen den Steuerpflichtigen festgesetzt. Die Bekanntgabe der Festsetzung kann an einen Empfangsbevollmächtigten erfolgen (§ 122 AO).

Für die Höhe des Verzögerungsgelds können folgende Kriterien maßgebend sein:

  • Dauer der Fristüberschreitung,
  • Gründe der Pflichtverletzung,
  • wiederholte Verzögerung bzw. Verweigerung,
  • Ausmaß der Beeinträchtigung der Außenprüfung,
  • Unternehmensgröße,
  • mangelnde Mitwirkung und
  • wiederholte Verzögerungsgeldfestsetzungen.

Hinweis des Rechtsanwalts/Steuerberaters:

Das einmal festgesetzte Verzögerungsgeld wird nicht wieder rückwirkend erlassen, wenn die Verpflichtung nach der Festsetzung erfüllt wird (FG Schleswig-Holstein 3.2.10, 3 V 243/09). In dem Beschluss vertreten die Richter die Auffassung, dass das Verzögerungsgeld - wie der Verspätungszuschlag nach § 152 AO - ein Druckmittel eigener Art ist und zugleich einen repressiven und präventiven Charakter hat. Aufgrund seines repressiven Charakters sei sein Zweck nicht erfüllt, wenn der Steuerpflichtige seiner Verpflichtung nach der Festsetzung nachkommt. Eine analoge Anwendung i.S. des § 335 AO, wonach der Vollzug einzustellen ist, wenn die Verpflichtung nach der Festsetzung des Zwangsgelds erfüllt ist, ist nicht gegeben (vgl. insoweit die Ausführungen des BMF (a.a.O.), wonach die für Zwangsmittel geltenden Vorschriften der §§ 328 ff. AO keine Anwendung finden).

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