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Thema Juni 2005: Steuerfahndung – Grundlagen und Abwehrmaßnahmen

Ein wichtiger Tätigkeitsbereich für den Rechtsanwalt / Steuerberater sind Steuerstrafrecht, Steuerstrafverfahren und Steuerfahndung. Nachfolgend soll eine kurze Einführung in das sensible Thema Steuerfahndung gegeben werden. Denn immer wieder kommt es zu unheilbaren Fehlern, weil dem Steuerpflichtigen grundlegende Rechte nicht bekannt sind. In diesem Sinne sollen die nachfolgenden Ausführungen auch als kleiner Leitfaden für den Ernstfall dienen.

Aufgaben und Befugnisse der Steuerfahndung

Nach § 208 Abs. 1 S. 1 der Abgabenordnung sind Aufgaben der Steuerfahndung:

  • die Erforschung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten,
  • die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen in den vorbezeichneten Fällen

Die Aufgabe der Steuerfahndung ist somit zweigeteilt: Zum einen kann die Steuerfahndung im Rahmen der Strafverfolgung tätig werden. Ferner bestehen Befugnisse für das laufende Besteuerungsverfahren. Diese Unterscheidung ist wichtig für die rechtliche Überprüfung der Maßnahmen der Fahndung durch Ihren Rechtsanwalt / Steuerberater, denn es gelten unterschiedliche Verfahrensvorschriften, die sich nach der Art der konkreten Aufgabe richten:

  • Wird die Steuerfahndung im Bereich der Strafverfolgung tätig, gelten die Vorschriften der Strafprozessordnung.
  • Wird sie im Besteuerungsverfahren tätig, gelten die Vorschriften der Abgabenordnung.

Hauptaufgabenbereich der Steuerfahndung ist sicherlich die Erforschung von  Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten. Da in diesem Bereich wie erwähnt die Regeln der Strafprozessordnung zur Anwendung kommen, ist für ein Tätigwerden der Steuerfahndung zur Erforschung von Steuerstraftaten das Vorliegen des sogenannten Anfangsverdachts notwendig. Dies bedeutet, dass zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine Steuerstraftat vorliegen müssen. Über das Vorliegen des Anfangsverdachts entscheidet die zuständige Finanzbehörde. In diesem Verfahren hat die Steuerfahndung die Stellung einer Steuerkriminalpolizei. Daher hat sie dieselben Rechte und Pflichten wie die Behörden und Beamten des Polizeidienstes nach der StPO.

Da die Beamten der Steuerfahndung Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft sind, stehen ihnen diverse Rechte zu:

  • Sie dürfen den Beschuldigten vernehmen. Zu beachten ist, dass bei der ersten Vernehmung dem Beschuldigten zu eröffnen ist, welche Tat ihm zur Last gelegt wird. Ferner ist er darauf hinzuweisen, dass es ihm nach dem Gesetz freisteht, sich zur Person oder Sache zu äußern.
  • Sie dürfen auch Zeugen vernehmen. Hierbei besteht eine Belehrungspflicht über eventuelle Zeugnis- oder Auskunftsverweigerungsrechte.
  • Bei Gefahr im Verzug haben sie ein vorläufiges Festnahmerecht.
  • Ebenfalls bei Gefahr in Verzug dürfen Häuser und Wohnungen durchsucht werden sowie Beschlagnahmen erfolgen.

Neben der Erforschung von Steuerstraftaten wird die Steuerfahndung auch bei der Ermittlung von Besteuerungsgrundlagen aktiv. Die Fahndung hat dann die Befugnisse, die dem Finanzamt im Besteuerungsverfahren zustehen. Darüber hinaus stehen ihr zusätzlich Auskunftsersuchen an Dritte zu.

Verhalten im Ernstfall: Was tun, wenn die Fahnder vor der Tür stehen?

  • Zunächst einmal gilt: Bewahren Sie Ruhe! Machen Sie von den Ihnen zustehenden Rechten Gebrauch und verlangen Sie sofort die Vorlage des Durchsuchungsbeschlusses und lassen Sie sich eine Kopie hiervon aushändigen. Eine Durchsuchung ohne Durchsuchungsbeschluss ist nur bei “Gefahr im Verzug“ gerechtfertigt. Achten Sie genau auf den Inhalt des Beschlusses. Sind Sie selbst der Beschuldigte oder handelt es sich um eine Durchsuchung bei Ihnen als Dritten? Sind Sie überhaupt die richtige Person, die in dem Beschluss genannt ist?
  • Der Durchsuchungsbeschluss gibt Ihnen Auskunft über den Umfang der Durchsuchung. Achten Sie daher genau darauf, welche Steuerarten und Jahre genannt sind.
  • Notieren Sie sich die Namen und Dienstfunktionen der beteiligten Beamten.
  • Leisten Sie keinen Widerstand gegen die Durchsuchungsmaßnahme. Benachrichtigen Sie sofort Ihren Rechtsanwalt / Steuerberater. Die Fahnder sind nicht befugt, Sie am Telefonieren zu hindern oder in Arrest zu nehmen, sofern nicht gleichzeitig ein Haftbefehl gegen Sie vorliegt. Bitten Sie die Beamten, auf das Erscheinen Ihres Rechtsanwalts / Steuerberaters zu warten. Ein Recht hierauf haben Sie allerdings nicht.
  • Geben Sie grundsätzlich keine Erklärungen zur Sache ab und weisen Sie auch Ihre Mitarbeiter dementsprechend an. Auskünfte zu diesem Zeitpunkt können möglicherweise großen Schaden anrichten. Ihr Rechtsanwalt / Steuerberater wird die notwendigen Erklärungen gegenüber den Steuerfahndern abgeben.
  • Sorgen Sie dafür, dass die Fahnder nicht alleine die Räume durchsuchen. Stellen Sie ggf. Mitarbeiter zur Beobachtung ab.
  • Falls die Steuerfahndung Unterlagen mitnehmen will, geben Sie diese nicht freiwillig heraus. Bestehen Sie auf einer Beschlagnahme. Denn nur gegen eine Beschlagnahme können später Rechtsmittel eingelegt werden. Verlangen Sie ein vollständiges Verzeichnis über alle beschlagnahmten Unterlagen und Gegenstände. Fertigen Sie ggf. Kopien, damit Ihr Geschäftsbetrieb aufrechterhalten wird.
  • Am Ende der Durchsuchung erstellen Sie sofort ein Gedächtnisprotokoll des gesamten Geschehens.
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