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Thema Februar/März 2007: Erbrecht Grundlagen des Pflichtteilsrechts

Trifft der Erblasser die Entscheidung, einen gesetzlichen Erben von der Erbschaft auszuschließen, wird er eine entsprechende  Formulierung in sein Testament aufnehmen. Da ein vollständiger Ausschluss eines gesetzlichen Erben im Regelfall nicht möglich ist, gilt es für den Rechtsanwalt/Steuerberater zu prüfen, ob gesetzliche Pflichtteilsansprüche für den Mandanten geltend gemacht werden können.  

Pflichtteilsberechtigter

Der Pflichtteil kommt in Betracht für

  • Abkömmlinge (Kinder, Enkel, Urenkel,

  • nichteheliche Kinder,

  • adoptierte Kinder;

  • entfernte Abkömmlinge, z.B. Enkel, sind nur berechtigt, wenn nähere Abkömmlinge nicht mehr vorhanden sind).

  • Ehegatten, wenn zum Zeitpunkt des Erbfalls die Ehe noch wirksam bestand.

  • Eltern, wenn keine Abkömmlinge vorhanden sind.

  • Partner einer eingetragenen gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft

Geschwister und Großeltern des Erblassers sind nicht pflichtteilsberechtigt

 

Ausschluss des Pflichtteils

Ausgeschlossen werden kann der Pflichtteil durch den Erblasser nur, wenn

  • der Pflichtteilsberechtigte dem Erblasser nach dem Leben trachtet,

 

  • er den Erblasser vorsätzlich körperlich misshandelt hat,

 

  • er sich eines Verbrechens gegen den Erblasser schuldig gemacht hat,

 

  • er seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Erblasser verletzt hat,

 

  • er einen "ehrlosen und unsittlichen" Lebenswandel gegen den Willen des Erblassers geführt hat.

Die Entziehung des Pflichtteils ist allerdings nur dann wirksam, wenn sie im Testament ausdrücklich angeordnet wurde. Dabei hat der Erblasser darzulegen, welcher Entziehungsgrund vorliegt.

 

Höhe des Pflichtteils

Die Höhe des Pflichtteilsanspruchs beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Der Enterbte hat demnach vorrangig festzustellen, welchen Erbteil er bei Eintritt der gesetzlichen Erbfolge bekommen hätte. Bei der Bestimmung des gesetzlichen Erbteils ist darauf zu achten, dass alle Verwandten zu berücksichtigen sind, die aufgrund von Erbunwürdigkeit, Ausschlagung oder Enterbung von der Erbfolge ausgeschlossen worden sind. Außer Betracht bleiben diejenigen, die Aufgrund Erbverzichts nicht Erbe geworden sind. Steht die Erbquote fest, ist noch die Höhe des Nachlasses zu bestimmen. Die Bewertung erfolgt aufgrund von Verkehrswerten unter Abzug von Verbindlichkeiten.

 

Anrechnung „Lebzeitiger Zuwendungen“

Hat der Erblasser dem Pflichtteilsberechtigten zu Lebzeiten Zuwendungen unter der Bestimmung erbracht, dass diese auf den Pflichtteil angerechnet werden sollen, hat sich der Pflichtteilsberechtigte diese auf seinen Pflichtteil anrechnen zu lassen. Eine solche Anrechnungsbestimmung kann sich im Einzelfall auch aus den Umständen der Zuwendung ergeben. 

 

Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten gegen die Erben

Der Pflichtteilsberechtigte hat gegenüber den Erben einen Anspruch auf Auskunft über die Höhe des Nachlasses. Hierzu haben die Erben ein Nachlassverzeichnis aufzustellen. Dieses ist ggf. zu beurkunden. Der Pflichtteilsberechtigte hat bei der Aufstellung des Nachlassverzeichnisses ein Anwesenheitsrecht. Die Kosten für die Aufstellung des Nachlassverzeichnisses sowie auch der Ermittlung – möglicherweise unter Beauftragung eines Sachverständigen – des Nachlasswertes, gehen zu Lasten des Nachlasses.

 

Pflichtteilsergänzungsanspruch

Schenkungen des Erblassers zu Lebzeiten führen u. U. zu einem sogenannten Pflichtteilsergänzungsanspruch des Berechtigten.  Damit wird der Enterbte so gestellt, wie er ohne die Schenkungen gestanden hätte. Der Anspruch umfasst Schenkungen, die innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem Erbfall erfolgt sind. Handelt es sich um Schenkungen an den Ehegatten, endet die Frist erst 10 Jahre nach Auflösung der Ehe. Besteht die Ehe im Todeszeitpunkt noch, gibt es demnach kein Fristende. Die Beschenkten sin dem Pflichtteilsberechtigten gegenüber auskunftspflichtig.

 

Verzicht auf den Pflichtteil

Der Pflichtteilsberechtigte kann auf seinen Pflichtteilsanspruch verzichteten. Dies geschieht in notarieller Form. Umfasst wird der Verzicht auf den Pflichtteilsanspruch auch durch einen generellen Erbverzicht.

 

Fälligkeit des Pflichtteils

Der Pflichtteil wird mit dem Tod des Erblassers fällig. Den Erben steht aber u.U. ein recht auf Stundung zur Seite, wenn ein geltend gemachter Pflichtteilsanspruch bei sofortiger Zahlung eine ungewöhnliche Härte bedeuten würde.

 

Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs

Der Pflichtteilanspruch ist gegenüber den Erben zu beanspruchen. Bei ungeteiltem Nachlass kann der Pflichtteilsberechtigte von sämtlichen Miterben Zahlung verlangen. Nach Aufteilung des Nachlasses kann sich der Pflichtteilsberechtigte an jeden einzelnen Erben wenden und von ihm die Zahlung des Pflichtteilsanspruchs verlangen. Gleiches gilt für den Pflichtteilsergänzungsanspruch. Hierbei kann sich zusätzlich ein Anspruch gegen den Beschenkten ergeben.

 

Verjährung des Pflichtteilsanspruchs

Die Frist für die Verjährung des Pflichtteilsanspruchs beträgt drei Jahre. Sie beginnt mit der Kenntnis des Pflichtteilsberechtigten vom Erbfall und der ihn beeinträchtigenden letztwilligen Verfügung des Erblassers. Unabhängig von dieser Kenntnis verjährt der Anspruch spätestens nach 30 Jahren. Pflichtteilsergänzungsansprüche gegen Beschenkte verjähren in drei Jahren nach dem Tod des Erblassers.

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