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Steuerberater Köln/Düsseldorf: Aktuelle Einspruchshinweise

In regelmäßigen Abständen unterrichten wir unsere Leser über derzeit anhängige Musterverfahren vor den Finanzgerichten bzw. dem Bundesfinanzhof (BFH). Wir möchten hiermit auf relevante Verfahren aufmerksam machen, auf deren Grundlage der Steuerpflichtige oder der Steuerberater im Einzelfall Einspruch einlegen sollte. Der einspruch kann dann in der Folge ruhend gestellt werden, bis das Musterverfahren entschieden ist.

§ 2 EStG - Mindeststeuer ist unverständlich und nicht anwendbar

 

Der BFH hält den eingeschränkten Verlustausgleich innerhalb der Einkunftsarten zwischen 1999 und 2003 nach § 2 Abs. 3 EStG wegen Verletzung der Normenklarheit für verfassungswidrig und hatte die Entscheidung des BVerfG eingeholt. Die Vorlage war unzulässig, weil der BFH die Verfassungsmäßigkeit zur Mindestbesteuerung nicht sorgfältig geprüft hatte. Nunmehr hat er entschieden, dass sowohl echte als auch durch Sonder-AfA entstandene unechte Verluste nicht unter die Beschränkung der Verlustverrechnung fallen, weil der Wortlaut der Norm keinen eindeutigen Sinn ergibt.

 

BFH 9.3.11, IX R 72/04; IX R 56/05 | BVerfG 12.10.10, 2 BvL 59/06 | OFD Münster 7.12.10, Aktualisierte Kurzinfo ESt Nr. 28/2003

 

§ 4 EStG - Versicherungsleistungen als Betriebseinnahmen

 

Der BFH hat darüber zu entscheiden, ob eine aus beruflichen Gründen abgeschlossene Risikolebensversicherung auch dann dem privaten Bereich zuzurechnen ist, wenn die versicherte Person in ihrem Beruf keinem erhöhten Todesrisiko ausgesetzt ist (Beispiel: Steuerberater oder Rechtsanwalt). Beim BVerfG ist anhängig, ob sich bei einem selbstständigen Vertreter ein Vorteil im Gegensatz zu Arbeitnehmern anhand des Haustarifs ermittelt, wenn er anstelle seiner Provision vergünstigte Tarife für Sach- und Lebensversicherungen erhält. Entschieden ist vom BFH hingegen, dass eine Lebensversicherung Betriebsvermögen sein kann, wenn die Absicherung betrieblicher Kredite im Vordergrund steht.

 

BFH 3.3.11, IV R 45/08; 21.4.10, X R 43/08, beim BVerfG unter 2 BvR 2421/10 | FG Baden-Württemberg 13.7.09, 9 K 289/06, Revision unter VIII R 4/10

 

§ 4 EStG - Mögliche Bilanzänderung nach Einreichung

 

Nach § 4 Abs. 2 EStG kommt eine Bilanzänderung durch den Steuerberater auch dann in Betracht, soweit sich diese auf eine Gewinnänderung ohne Auswirkung auf den Bilanzansatz bezieht. Der Große Senat des BFH hat noch zu klären, ob die eingereichte Bilanz änderbar ist, wenn sie auf zu diesem Zeitpunkt ungeklärten, aber vertretbaren Rechtsfragen beruht.

 

BFH 17.6.10, III R 43/06; 7.4.10, I R 77/08, beim Großen Senat unter GrS 1/10; 10.6.10, VI R 19/07; 16.12.09; IV R 18/07 BMF 13.8.08, IV C 6 - S 2141/07/10004, BStNl I 08, 845

 

§§ 4, 9 EStG - Einstufung des häuslichen Arbeitszimmers

 

Die seit 2007 geltende Neuregelung beim häuslichen Arbeitszimmer ist verfassungswidrig, soweit die Aufwendungen steuerlich von der Berücksichtigung ausgeschlossen sind, wenn für die Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Dies wurde rückwirkend ab 2007 über das Jahressteuergesetz 2010 umgesetzt. Weiterhin anhängig sind Fragen, ob

 

  • die Abzugsbeschränkung trotz einer etwaigen Vergleichbarkeit mit einer Freiberuflerpraxis gilt, wenn Arbeits- und Besprechungs- räume im Einfamilienhaus zur Abwicklung einzelner Projekte dienen (VIII R 8/11),

 

  • Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer einer Richterin am Amtsgericht absetzbar sind oder ob die bisherige Rechtsprechung zum anderen Arbeitsplatz und zum Mittelpunkt der Betätigung aufgrund der Änderung über das JStG 2010 neu überdacht werden muss (VI R 13/11),

 

  • eine beabsichtigte Nutzung als Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit zum Abzug ausreicht oder es nach dem Prinzip der Abschnittsbesteue- rung nicht auf die künftigen Verhältnisse ankommt (VI R 47/10),

 

  • sich der berufliche Mittelpunkt bei Lehrtätigkeit in der Wohnung befindet (VIII R 5/09, VI R 71/10),

 

  • ein Schauspieler und Drehbuchautor den Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit im heimischen Büro hat (VIII R 4/09),

 

  • ein außerhäusliches Arbeitszimmer vorliegt, wenn sich das außerhalb des Wohnbereichs im gleichen selbst genutzten Haus befindet (VIII R 7/10, IX R 56/10),

 

  • das Arbeitszimmer den qualitativen Mittelpunkt der beruflichen Betätigung bei einer atypischen Außendiensttätigkeit darstellt (VIII R 8/10),

 

  • kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, wenn das heimische Büro nach Feierabend und am Wochenende zur Vertiefung von Sprachkenntnissen genutzt wird (VI R 91/10) und

 

  • das Zimmer zum Einstudieren von Musikstücken unter die Abzugsbeschränkung fällt (VIII R 44/10).

 

Entschieden ist hingegen, dass Räumlichkeiten, die ihrer Ausstattung und Funktion nach nicht einem Büro entsprechen, nicht als häusliches Arbeitszimmer zählen und die durch die berufliche Nutzung veranlassten Aufwendungen grundsätzlich unbeschränkt als Werbungskosten abziehbar sind. Ehepaare können die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nur entsprechend dem zivilrechtlichen Eigentumsverhältnis absetzen.

 

BVerfG 6.7.10, 2 BvL 13/09 | BFH 26.1.10, VI B 115/09; 23.9.09, IV R 21/08; 25.8.09, VI B 69/09, BStBl II 09, 826; 26.3.09, VI R 15/07 | FG Nürnberg 16.6.10, 3 K 1992/2007, Revision unter VIII R 8/11 | FG Rheinland-Pfalz 12.11.09, 6 K 2314/07, Revision unter VI R 47/10 | FG Köln 13.10.10, 9 K 3882/09, Revision unter VIII R 44/10; 9.9.10, 10 K 944/06, Revision unter IX R 56/10; 10.12.08, 7 K 97/07, Revision unter VIII R 5/09 | FG Rheinland-Pfalz 25.2.10, 6 K 2045/09, Revision unter VI R 71/10; 25.3.09, 2 K 1396/07, Revision unter VIII R 8/10; 17.2.09, 3 K 1132/07, EFG 09, 651, Revision unter VI R 13/09 | FG Berlin-Brandenburg 19.12.07, 1 K 3467/03 B, Revision unter VIII R 4/09 | FG Baden-Württemberg 15.5.09, 10 K 3583/08, EFG 10, 1114, Revision unter VIII R 7/10 | FG Niedersachsen 8.2.11, 14 K 329/09, Revision unter VI R 13/11; 22.6.10, 12 K 482/08, Revision unter VI R 91/10

 

§§ 4, 9 EStG - Fragen zur doppelten Haushaltsführung

 

Ein Dauerbrenner in der Steuerberatung:

Nach der Vorgabe des BVerfG ist der Kostenabzug für Zweitwohnung und Familienheimfahrten zeitlich unbegrenzt möglich. Dies gilt zwar nicht für die auf drei Monate beschränkten Verpflegungsmehraufwendungen, doch dies hält der BFH für verfassungsgemäß. Entschieden ist ebenfalls, dass die doppelte Haushaltsführung nach einer Unterbrechung am selben Ort neu beginnt und es die Verpflegungspauschale für weitere drei Monate gibt, die Küche kein notwendiges Ausstattungsmerkmal des eigenen Hausstands ist und bei Alleinstehenden keine finanzielle Beteiligung zwingend notwendig ist und Besuchsreisen des Ehegatten am Arbeitsort als sog. umgekehrte Familienheimfahrt bei privater Veranlassung nicht abzugsfähig sind. Offen ist noch, unter welchen Voraussetzungen von einem eigenen Hausstand auszugehen ist und wie sich die Anmietung einer entsprechend großen Wohnung wegen Familiennachzug auswirkt.

 

BFH 2.2.11, VI R 15/10; 8.7.10, VI R 15/09; VI R 15/09; 21.4.10, VI R 26/09; 28.10.09, VIII R 13/09 | FG München 3.3.10, 9 K 3789/08, Revision unter VI R 87/10

FG Nürnberg, 21.7.10, 6 K 4 |28/10, Revision unter VI R 2/11

 

§§ 4, 9 EStG - Erstmalige Berufsausbildung abziehbar?

 

Seit 2004 fallen Kosten für die erstmalige Berufsausbildung oder ein Erststudium unter § 12 Nr. 5 EStG und zählen nur begrenzt als Sonderausgaben. Das gilt laut BFH aber nicht, wenn einem Erststudium eine abgeschlossene Berufsausbildung vorausgegangen ist (Beispiel: Steuerfachangestellter - Steuerberater). In noch anhängigen Revisionen geht es um die Frage, ob die Regelung des § 12 Nr. 5 EStG verfassungsmäßig ist, sofern es um die erstmalige Berufsausbildung oder ein Erststudium ohne vorhergehende Berufsausbildung geht. Bescheide sollten in dieser Hinsicht offengehalten werden. Das gilt auch für vorweggenommene Werbungskosten oder Betriebsausgaben durch einen Antrag auf Verlustfeststellung nach § 10d EStG sowie für die Frage, ob ein Schulungsvertrag mit dem künftigen Arbeitgeber schon ein Dienstverhältnis darstellt. Ohne vorherige Ausbildung oder ein Studium lehnt das FA ruhende Verfahren ab.

 

FG Münster 6.5.10, 3 K 3347/07 F, Revision unter VI R 52/10 | BFH 18.6.09, VI R 14/07; VI R 31/07; VI R 79/06; VI R 6/07; VI R 49/07 | FG Berlin-Brandenburg 17.12.08, 8 K 6331/06 B, Revision unter VI R 22/09 | FG Düsseldorf 10.11.09, 14 K 2361/06 F, Revision unter VI R 59/09; 3.12.08, 2 K 3575/07 F, Revision unter VI R 8/09 | FG Hamburg 25.11.09, 5 K 193/08, Revision unter VI R 7/10 | FG Baden-Württemberg 19.1.10, 11 K 4253/08, Revision unter VI R 5/10 | FG Münster 24.2.11, 11 K 4489/09 F, Revision unter VI R 15/11; 6.5.10, 3 K 3347/07 F, Revision unter VI R 52/10 | BMF 22.9.10, IV C 4 - S 2227/07/10002 :002, BStBl I 10, 721

 

§§ 6, 8 EStG - Privatnutzung des betrieblichen Kfz 

 

Die private Nutzung eines Betriebs-Pkw ist laut Verwaltung und BFH aufgrund des Anscheinbeweises auch dann der Lohnsteuer zu unterwerfen, wenn der Arbeitgeber Privatfahrten zwar verbietet, die Einhaltung des Verbots aber nicht überwacht. Dies setzt aber voraus, dass der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer tatsächlich einen Dienstwagen zur privaten Nutzung überlassen hat. Zu klären ist noch, wie der Nachweis fehlender Privatfahrten ohne Fahrtenbuch erfolgen kann und wie die Privatnutzung von Vorführwagen durch Angestellte des Autohauses zu behandeln ist. Zudem ist vor dem FG Niedersachen ist unter 9 K 394/10 ein Musterverfahren zur Frage anhängig, ob die 1 %-Regel insoweit verfassungsmäßig ist, als sie auf den Listenpreis bei der Erstzulassung abstellt und keine Rabatte berücksichtigt. Mangels anhängiger Revision können Einsprüche (noch) nicht ruhen.

 

BFH 13.10.10, VI R 12/09; 21.4.10, VI R 46/08; 11.2.10, VI R 43/09 | FG Rheinland-Pfalz 18.3.09, 1 K 2079/07, Revision unter VI R 26/10 | FG Niedersachsen 11.3.10, 1 K 327/07, Revision unter VI R 54/10

 

§ 8 EStG - Fahrten zwischen Wohnung und Arbeit mit dem Betriebs-Kfz

 

Der BFH hat erneut bekräftigt, dass der pauschale Zuschlag für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeits- oder Betriebsstätte nicht unabhängig vom Umfang der tatsächlichen Nutzung anzusetzen ist. Dann kann eine Einzelbewertung der gelegentlichen Fahrten durchgeführt werden. Die Verwaltung wendet die BFH-Sichtweise nun in offenen Fällen an. Unter VI R 76/10 ist noch zu klären, bei welcher Fahranzahl im Monat der Zuschlag durch Einzelbewertung mit 0,002 % des Listenpreises je Entfernungskilometer zu ermitteln ist.

 

BFH 22.9.10, VI R 54/09; VI 55/09; VI R 57/09; 28.8.08, VI R 52/07, BStBl II 09, 280; 4.4.08, VI R 68/05, BStBl II 08, 890 | FG Rheinland-Pfalz 24.2.10, 2 K 2573/08, Revision unter VI R 51/10 | FG Niedersachsen 15.4.10, 14 K 60/09, Revision unter VI R 67/10 | FG Baden-Württemberg 21.7.10, 1 K 2195/10, Revision unter VI R 76/10 | BMF 12.3.09, IV C 5 - S 2334/08/10010, BStBl I 09, 500; 23.10.08, IV C 5 - S 2334/08/10010, BStBl I 08, 961 | BMF 1.4.11, IV C 5 - S 2334/08/10010

 

§ 8 EStG - Fragen zur Freigrenze von 110 EUR

 

Aufwendungen des Arbeitgebers für übliche Betriebsveranstaltungen bleiben bis zur Freigrenze von 110 EUR steuerfrei. Der Betrag wurde im Jahre 1993 mit 200 Mark festgelegt und im Zuge der Euro-Umstellung auf 110 EUR leicht aufgerundet. Zu klären ist, ob die gestiegenen Lebenshaltungskosten eine Heraufsetzung der Freigrenze gebieten. Der BFH hatte 1992 rund 77 EUR als angemessen gesehen. Zudem sind Revisionen zur Frage anhängig, ob zur Berechnung auf eingeladene, angemeldete oder tatsächlich teilnehmende Arbeitnehmer abzustellen ist.

 

Hessisches FG 1.9.10, 10 K 381/08, Revision unter VI R 79/10 | FG Düsseldorf 17.1.11, 11 K 908/10 L, Revision unter VI R 7/11; 7.10.10, 16 K 1297/09 L; 16 K 1298/09 L; 16 K 1294/09 L; 16 K 1295/09 L, Revisionen unter VI R 93/10 bis VI R 96/10 | BFH 16.11.05, VI R 151/99, BStBl II 06, 439; 25.5.92, VI R 85/90

 

§ 9 EStG - Werbungskosten bei den Kapitaleinkünften

 

Bei den FG Baden-Württemberg (9 K 1637/10) und Münster (6 K 607/11 F) sind Verfahren zum Werbungskostenabzug nach § 20 Abs. 9 EStG anhängig. Hierbei geht es um die Frage, ob die Ungleichbehandlung im Zuge der Einführung der Abgeltungsteuer mit den anderen Einkunftsarten gegen den Gleichheitssatz und das Gebot der Folgerichtigkeit verstößt. Die Finanzverwaltung lässt Einsprüche (noch) nicht ruhen, mit denen primär eine Verletzung des objektiven Nettoprinzips geltend gemacht wird. Daher müssen Anleger mit Aufwendungen für die Geldanlage oberhalb von 801 EUR ihre Fälle selber offenhalten. In Hinsicht auf einen positiven Ausgang sind Kostenbelege aufzubewahren.

 

OFD Rheinland 24.2.11, Kurzinfo ESt 8/2011

 

§§ 9, 9c EStG - Kinderbetreuungskosten als Werbungskosten 

 

Das BVerfG hat die Frage, ob Kinderbetreuungskosten für Alleinstehende oder ganztägig berufstätige Eltern auch vor 2006 Werbungskosten darstellen, nicht zur Entscheidung angenommen. Daher werden anhängige Verfahren durch Allgemeinverfügung zurückgewiesen. Zu der seit 2006 geltenden Neuregelung, wonach der Betreuungsaufwand zu einem Drittel und oberhalb von 4.000 EUR nicht berücksichtigt wird, liegen dem BFH Revisionen vor. Daher werden Bescheide ab 2006 nur vorläufig festgesetzt.

 

BVerfG 20.10.10, 2 BvR 2064/08; 11.11.09, 2 BvR 1270/07; 13.2.08, 2 BvR 410/05; 16.3.05, 2 BvL 7/00 | Allgemeinverfügung der obersten Finanzbehörden der Länder 2.3.11 | BFH 25.11.10, III R 79/09 | BMF 15.2.10, IV A 3 - S 0338/07/10010 | FG Sachsen 19.8.09, 2 K 1038/09, Revision unter III R 67/09 | FG Hamburg 23.10.09, 6 K 123/09, Revision unter III R 80/09

 

§ 15 EStG - Zweifel am Ausschluss des Verlustausgleichs

 

Seit 2003 dürfen Kapitalgesellschaften nach den §§ 15 Abs. 4 und § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG Verluste aus stillen Beteiligungen nur mit entsprechenden Gewinnen hieraus verrechnen. Das FG Baden-Württemberg hat hiergegen keine verfassungsrechtlichen Bedenken, da die Verluste - ähnlich wie bei Spekulationsgeschäften - zwar nicht durch einen Verlustausgleich, aber durch Verlustverrechnung berücksichtigt werden. Hiervon betroffene Kapitalgesellschaften sollten ihre Bescheide in dieser Hinsicht offenhalten. Der BFH hat das BMF zum Verfahrensbeitritt aufgefordert.

 

FG Baden-Württemberg 9.6.08, 6 K 406/04, Revision unter I R 62/08 | BFH 20.10.10, I R 62/08

 

§ 22 EStG - Kein Sparerfreibetrag auf private Renten

 

Nach Ansicht des BFH kann bei sonstigen Einkünften i.S. des § 22 EStG kein Sparerfreibetrag abgezogen werden. Die Revisionen sind aufgrund Erledigung der Hauptsache nicht mehr anhängig und Fälle können nicht mehr ruhen.

 

BFH 30.3.11, X R 12/11; X R 13/11; 18.5.10, X R 32/01; X R 33/01

 

§ 23 EStG - Besteuerung von Spekulationsverlusten 

 

Verluste nach § 23 EStG sind seit 1999 nur mit gleichen Einkünften im selben Jahr oder als Rück- oder Vortrag verrechenbar. Zu klären ist in zwei anhängigen Revisionen noch, ob der wertlose Verfall von Optionsrechten steuerlich berücksichtigt werden kann oder eine unbeachtete Tatsache auf der Vermögensebene darstellt. Entschieden ist hingegen, dass Verluste aus Fremdwährungsdarlehen vor 2009 unter § 23 EStG fallen.

 

Verfall: FG München 8.10.09, 15 K 1050/09, EFG 10, 222, Revision unter IX R 50/09; FG Düsseldorf 26.11.10, 12 K 135/07 E,F, Revision unter IX R 12/11

Währungsverluste: BFH 30.11.10, VIII R 58/07

 

§ 23 EStG - Immobilienverkäufe im Privatvermögen

 

Die Anwendung der von zwei auf zehn Jahre verlängerten Spekulationsfrist ist verfassungswidrig, soweit ein Wertzuwachs der Besteuerung unterworfen wird, der nach der zuvor geltenden Rechtslage bereits steuerfrei realisiert worden ist oder bis zur Gesetzesverkündung am 31.3.1999 steuerfrei hätte realisiert werden können. Verfassungsgemäß ist hingegen, soweit die alte Frist zwar bereits abgelaufen war, sich der Zugriff aber auf die erst nach der Verkündung eintretenden Wertsteigerungen beschränkt. Damit ist beim BVerfG kein Verfahren mehr anhängig.

 

BVerfG 7.7.10, 2 BvL 14/02; 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05 | BFH 13.1.11, IX R 19/03; 30.11.10, IX R 57/03

 

§§ 32, 63 EStG - Einkommensgrenze bei volljährigen Kindern

 

Gemäß BVerfG und BFH sind bei der Prüfung der Einkunftsgrenze von volljährigen Kindern gezahlte gesetzliche und freiwillige Sozialversicherungsbeiträge abziehbar. Diese Entscheidung war Auslöser einer Reihe von Fragen, die nunmehr als Revisionen anhängig sind. Nachfolgend die wichtigsten offenen Fragen in Stichworten:

 

  • Kann ein Kind mit gewerblichen Einkünften Beiträge zur privaten Krankenzusatzversicherung und privaten Altersvorsorge abziehen (III R7/11)?

 

  • Sind Beiträge zur Privathaftpflichtversicherung abzugsfähig (III R 92/10)?

 

  • Sind Krankheitskosten und Miete am Ausbildungsort abziehbar (III R 21/10)?

 

  • Sind die aus einer Erbschaft zugeflossenen Mittel als Bezüge zu berücksichtigen (III R 22/10)?

 

  • Sind Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung als ausbildungsbedingter Mehrbedarf beim Auslandspraktikum abziehbar, wenn das Kind seinen inländischen Wohnsitz beibehält (III R 28/09)?

 

  • Sind die neben den Studiengebühren zu zahlenden Semestergebühren und Studentenwerksbeiträge als besondere Ausbildungskosten mindernd zu berücksichtigen (III R 38/08)?

 

  • Ist die Unterhaltspflicht gegenüber der vermögens- und einkunftslosen Ehefrau zu berücksichtigen (III R 72/07)?

 

  • Gelten die vom Arbeitgeber gewährten vermögenswirksamen Leistungen trotz Sperrfrist der Anlage als Einkommen (III R 73/08, III R 23/09, III R 57/09, III R 73/10) und die tarifvertragliche Altersversorgung (III R 41/09) als Einkommen?

 

  • Mindern Beiträge zur Familienversicherung die Einkünfte, wenn das Kind nicht selbst Versicherungsnehmer ist (III R 46/09, III R 85/10)?

 

  • Können mit Mieteinkünften zusammenhängende Versorgungsleistungen abgezogen werden (III R 6/10)?

 

Entschieden ist, dass sich Arbeitnehmeranteile zur VBL nicht mindernd auswirken, ein Entlassungsgeld bei Beendigung des Wehrdienstes bei der Ermittlung des Grenzbetrags im Zuflussjahr einzubeziehen und der Ausbildungsfreibetrag angemessen ist.

 

BFH 25.11.10, III R 111/07; 15.7.10, III R 70/08; III R 22/09; 17.6.10, III R 59/09; III 63/09; III R 81/09 | OFD Frankfurt 11.3.10, S 2282 A - 22 - St 223 | FG München 14.1.11, 10 K 3574/08, Revision unter III R 7/11; 10.12.09, 5 K 3018/09, Revision unter III R 6/10 | FG Düsseldorf 22.12.08, 10 K 3694/06 Kg, Revision unter III R 57/09; 31.7.08, 14 K 1515/07 Kg, Revision unter III R 73/08; 16.4.08, 9 K 4245/07 Kg, Revision unter III R 38/08 | FG Bremen 19.7.07, 4 K 69/05 (6), Revision unter III R 72/07 | FG Sachsen 12.5.09, 5 K 1239/06 (Kg), Revision unter III R 41/09 | FG Baden-Württemberg 16.2.09, 6 K 83/06, Revision unter III R 23/09; 9.3.09, 8 K 295/06, Revision unter III R 28/09 | FG Münster 4.6.09, 3 K 840/08 Kg, Revision unter III R 46/09 | FG Niedersachsen 4.3.10, 10 K 128/08, Revision unter III R 22/10; 20.4.09, 16 K 370/08, Revision unter III R 92/10 | FG Rheinland-Pfalz 29.4.09, 1 K 1843/08, Revision unter III R 21/10 | FG Nürnberg 30.9.09, 3 K 426/2007, Revision unter III R 73/10 | FG Berlin-Brandenburg 4.11.10, 4 K 10218/06 B, Revision unter III R 85/10

 

§ 34c EStG - EuGH-Vorlage zur begrenzten Quellensteueranrechnung

 

Der BFH hat Zweifel daran, ob die nur begrenzte Anrechnung der Quellensteuer auf Auslandsdividenden nach § 34c Abs. 1 EStG gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstößt, und daher diese Frage dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt. Auswirkungen ergeben sich ab 2009, wenn die Günstigerprüfung durchgeführt wird. Solche Fälle sollten über einen ruhenden Einspruch genauso offengehalten werden wie generell noch nicht bestandskräftige Einkommensteuerbescheide bis 2008, bei denen es nur zu einer begrenzten Anrechnung der Quellensteuer gekommen war.

 

BFH 9.2.11, I R 71/10, beim EuGH unter C-168/11

 

§ 46 EStG - Anlaufhemmung bei der Antragsveranlagung

 

Bei der Berechnung der Festsetzungsfrist für die Antragsveranlagung greift die Anlaufhemmung gemäß § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO nach Ansicht der Verwaltung nicht, weil keine Pflicht zur Abgabe der Erklärung besteht. Damit bleiben nach der Grundregel nur vier Jahre Zeit. Wegen mehrerer anhängiger Revisionen können Altfälle in Hinsicht auf die Anlaufhemmung über einen Rechtsbehelf durch den Steuerberarer ruhend gestellt werden. Der BFH hat die Anlaufhemmung allerdings bereits bei verspäteter Wahl der getrennten Veranlagung abgelehnt.

 

FG Baden-Württemberg 4.5.10, 4 K 478/10, Revision unter VI R 53/10 | FG Berlin-Brandenburg 24.3.10, 1 K 1691/06, Revision unter VI R 68/10 | Sächsisches FG 23.3.10, 6 K 2168/08, Revision unter VI R 77/10 | FG Münster 21.5.10, 12 K 794/09 E, Revision unter VI R 86/10 | BMF 28.7.10, IV A 3 - S 0062/08/10007-08 | OFD Frankfurt 10.9.10, S 2270 A - 11 - St 216 | BFH 8.3.10, VIII B 15/09, BFH/NV 10, 1080; 12.11.09, VI R 1/09, BStBl II 10, 406; 15.1.09, VI R 23/08

 

SolZ - Verfahren wegen Verfassungswidrigkeit wurden abgewiesen

 

Das FG Niedersachsen hält die andauernde Erhebung des SolZ für verfassungswidrig, weil die Ergänzungsabgabe spätestens ab 2007 ihre verfassungsrechtliche Berechtigung verloren hat. Das BVerfG hat die Vorlage als unzulässig verworfen, weil sich das FG nicht hinreichend mit dem Wesen der Ergänzungsabgabe auseinandergesetzt hat. Das FG Niedersachsen will dieses Verfahren aber erneut dem BVerfG vorlegen, ergänzt um den Aspekt, dass Einkünfte nach § 19 EStG stärker als die nach § 15 EStG mit Solidaritätszuschlag belastet werden, weil der Unternehmer die Gewerbesteuer gem. § 35 EStG anrechnen lassen kann. Feststellungen werden ab 2005 derzeit weiterhin nur vorläufig festgesetzt. Die FG Münster, München und Köln sehen keine Verfassungswidrigkeit, da eine Ergänzungsabgabe unbefristet sein darf. Daher wird nach Beschlüssen der FG Niedersachsen und Hamburg keine AdV gewährt.

 

BVerfG 8.9.10, 2 BvL 3/10; 11.2.08, 2 BvR 1708/06; 13.2.08, 2 BvL 1/06 | FG Niedersachsen 25.11.09, 7 K 143/08, beim BVerfG unter 2 BvL 3/10 | FG Niedersachsen 27.5.10, 12 V 58/10 | FG Hamburg 4.6.10, 3 V 62/10 | FG Münster 8.12.09, 1 K 4077/08 E, Revision unter II R 2/10 | FG Köln 14.1.10, 13 K 1287/09, Revision unter I R 52/10 | BMF 23.4.10, IV C 1 - S 2283-c/09/10005; 7.12.09, IV A 3 - S 0338/07/10010, BStBl I 09, 1509 | FG München 18.8.09, 2 K 108/08, Revision unter II R 50/09 | BFH 11.2.09, X R 51/06, BFH/NV 09, 1273

 

§ 8c KStG - Umfang des Verlustabzugsverbots

 

Das FG Münster legt § 8c Abs. 1 KStG entgegen der Verwaltungsauffassung so aus, dass der Verlustabzug von Gewinnen möglich ist, die bis zum Erwerb erwirtschaftet worden sind. Ob insoweit das Verlustabzugsverbot zeitlich nur beschränkt für Gewinne gelten soll, die zeitlich erst nach einem schädlichen Beteiligungserwerb entstanden sind, kann der BFH klären.

 

FG Münster 30.11.10, 9 K 1842/10 K, Revision unter I R 14/11 | BMF 4.7.08, IV C 7 - S 2745-a/08/10001, BStBl I 08, 736, Tz. 31

 

§ 10 UStG - Vorsteuerabzug bei gemischt genutzten Gebäuden 

 

Ordnen Unternehmer gemischt genutzte Gebäude dem Unternehmen zu (wir hatten bereits mehrfach auf die Konsequenzen des Seeling-Urteils aus der Sicht des Steuerberaters hingewiesen), ist die auf das gesamte Grundstück entfallende Vorsteuer abziehbar. Im Gegenzug ist auf den eigengenutzten Teil als unentgeltliche Wertabgabe Umsatzsteuer abzuführen. Laut BFH steht einer GmbH der Vorsteuerabzug aus den Baukosten zu, wenn Teile dieses Gebäudes unentgeltlich als Wohnraum an die Geschäftsführer überlassen werden.

 

BFH 12.1.11, XI R 9/08; XI R 10/08 | EuGH 14.9.06, Rs C-72/05, DStR 06, 1746 | BMF 22.9.08, IV B 8 - S 7109/07/10002

 

§ 10 UStG - Verbindung zur Listenpreismethode

 

Laut BFH kann ein Unternehmer nicht vom Wert nach dem Listenpreis ausgehen und dann den prozentualen Abschlag für die nicht mit Vorsteuern belasteten Kosten anhand der tatsächlichen Kosten ermitteln.

Darüber hinaus ist die nach § 12 Nr. 3 EStG nicht abzugsfähige Umsatzsteuer bei Anwendung der 1 %-Regel nach umsatzsteuerrechtlichen Maßstäben zu ermitteln. Anhängig ist noch die Frage, ob die Bemessungsgrundlage für jeden einzelnen privat genutzten Pkw als Bemessungsgrundlage zugrunde zu legen ist.

 

Verfahrensbeitritt: BFH 28.4.10, VIII R 54/07 | BFH 7.12.10, VIII R 54/07; 19.5.10, XI R 32/08 | FG Münster 29.4.08, 6 K 2405/07 E,U, Revision unter XI R 7/10

 

§ 12 UStG - Viele Fragen zum ermäßigten Tarif auf Essenslieferungen

 

Die Lieferung von nicht zum Verzehr an Ort und Stelle bestimmten Speisen unterliegt nicht dem ermäßigten Umsatzsteuersatz, wenn der Dienstleistungscharakter überwiegt. Hierzu hat der EuGH die vom BFH vorgelegten Abgrenzungsfälle entschieden. Die Abgabe von Speisen an Imbissständen oder in Kinofoyers zum sofortigen Verzehr ist in der Regel eine Lieferung von zum sofortigen Verzehr zu

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