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März 2011: Steuerstrafrecht: Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung

Selbstanzeige nach neuem Recht

Der Bundestag hat am 17.03.2011 das Schwarzgeldbekämpfungsgesetz beschlossen. Nach der Abstimmung in der Länderkammer wird das Gesetz voraussichtlich noch im April, spätestens aber Anfang Mai, in Kraft treten. Mit dem Schwarzgeldbekämpfungsgesetz werden – dies war bereist seit längerem im Gespräch - strengere Regelungen für die strafbefreiende Selbstanzeige eingeführt. Rechtsanwälte und Steuerberater, die auf diesen Gebieten beraten, müssen daher ihre Beratungsstrategieen umstellen.

Hintergrund der Selbstanzeige war immer eine Ausnahmesituation des Steuerstrafrechts, die es dem Steuerhinterzieher ermöglicht, trotz vollendeter Straftat den Weg zurück in die Legalität zu finden. Allein die Aufklärung des Steuerbetrugs sowie die Nachzahlung der hinterzogenen Steuern nebst Zinsen war bislang Voraussetzung für die Straffreiheit. Dies verschaffte allerdings auch dem erfahrenen Fachanwalt für Steuerrecht/Steuerberater eine Plattform der steuerlichen Gestaltung.

Nachdem es durch die Übermittlung von Steuer-CDs mit Daten schweizer Bankkonten an die deutsche Finanzverwaltung gekommen war, stieg die Zahl der Selbstanzeigen auf deutlich über 20.000 an. Dies war für den Gesetzgeber Grund genug, die Rahmenbedingungen zu ändern.

Im Einzelnen:

Vollständig neu gefasst wird der Grundtatbestand des § 371 Abs. 1 AO:

„Wer gegenüber der Finanzbehörde zu allen unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart in vollem Umfang die unrichtigen Angaben berichtigt, die Angaben ergänzt oder die unterlassenen Angaben nachholt, wird wegen dieser Steuerstraftaten nicht nach § 370 AO bestraft.”

Diese Änderung ist die Konsequenz aus dem Beschluss des BGH vom 20.05.2010 und geht in ihrer Schärfe noch über die dortigen Aussagen hinaus. Künftig entfaltet die Selbstanzeige nur noch dann strafbefreiende Wirkung, wenn gegenüber der Finanzbehörde für alle unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart vollständige Angaben gemacht werden. Wichtig in diesem Zusammenhang ist die strafrechtliche Verfolgungsfrist von grundsätzlich fünf Jahren, welche sich bei Vorliegen eines besonders schweren Falls der Steuerhinterziehung gem. § 376 Abs. 1, § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 bis 5 AO auf zehn Jahre verlängert.

Teilselbstanzeigen wird es danach nicht mehr geben. Es bleibt dann die Frage, wie in Fällen der unbewussten unvollständigen Selbstanzeige verfahren werden soll. Die gesetzliche Regelung ist hier wieder einmal unvollständig und scheint von Aktionismus getragen. Im Rahmen der Beratung des Mandanten wird der Fachanwalt für Steuerrecht/Steuerberater aufgrund der in den Gesetzesmaterialien gewählten Formulierung, dass die strafbefreiende Selbstanzeige nicht mehr im Rahmen einer Hinterziehungsstrategie missbraucht werden dürfe und bloßes Taktieren und Reue nach dem Stand der Ermittlungen nicht weiter belohnt werden dürfen, aber wohl dahingehend arbeiten müssen, dass nur eine mit Wissen und Wollen unvollständige Teilselbstanzeige zu einem Ausschluss der Straffreiheit führt.

Wenn auch im Zusammenhang mit der leichtfertigen Steuerverkürzung gem. § 378 Abs. 3 AO neu gefasst wurde,

„Eine Geldbuße wird nicht festgesetzt, soweit der Täter gegenüber der Finanzbehörde die unrichtigen Angaben berichtigt, die unvollständigen Angaben ergänzt oder die unterlassenen Angaben nachholt, bevor ihm oder seinem Vertreter die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens wegen der Tat bekannt gegeben worden ist. § 371 Absatz 3 und Absatz 4 gilt entsprechend”

so ist die Anwendung der Norm nicht abweichend von der bisherigen Regelung zu verstehen. Entscheidend ist hierbei, dass die verschärften Vollständigkeitsanforderungen einer Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung nicht gelten sollen, eine Teilselbstanzeige insoweit also möglich ist.

Ebenfalls unverändert sind für die leichtfertige Steuerverkürzung auch die Sperrgründe, welche die Wirksamkeit der Selbstanzeige zu Fall bringen können. Danach schließt nur die Bekanntgabe der Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens die strafbefreiende Wirkung einer Selbstanzeige aus. Im Ergebnis wird damit auch weiterhin noch während einer laufenden Außenprüfung oder nach einer Tatentdeckung eine strafbefreiende Selbstanzeige gem. § 378 Abs. 3 AO in Frage kommen.

Bei der vorsätzlichen Steuerhinterziehung hat der Rechtsanwalt/Steuerberater seinen Mandanten bezüglich der Neuregelung der Sperr- bzw. Ausschlussgründe in § 371 Abs. 2 AO aufzuklären. Liegen diese tatbestandlich vor, so entfällt die strafbefreiende Wirkung der Selbstanzeige. Nach neuem Recht wurden diese Sperrgründe von drei auf fünf erhöht. Neben den bisherigen Gründen ist neu, dass keine Straffreiheit eintritt, wenn

  1. dem Täter oder seinem Vertreter eine Prüfungsanordnung nach § 196 bekannt gegeben worden ist oder
  2. die nach § 370 Absatz 1 verkürzte Steuer oder der für sich oder einen anderen erlangte nicht gerechtfertigte Steuervorteil einen Betrag von 50.000 Euro je Tat übersteigt

Zu. 1.:

Die Neuregelung ist drastisch. Aus hiesiger Sicht hat dies zur Voraussetzung, dass die Prüfungsanordnung rechtmäßig sein muss. Der Gesetzgeber trägt mit dieser Regelung zur Rechtsunsicherheit bei, denn die Erkenntnis darüber, ob Rechtmäßigkeit vorliegt, ist juristisch nicht immer leicht zu gewinnen. Der Steuerpflichtige sollte aber grundsätzlich in die Lage versetzt werden zu wissen, ob seine Selbstanzeige Aussicht auf Erfolg hat. Für den Steuerberater/Fachanwalt für Steuerrecht bedeutet dies, dass ggf. die Prüfungsanordnung anzufechten ist.

Zu 2.:

Die Idee des Strafzinses ist alt und wird nunmehr in die Tat umgesetzt. Damit wird in Zukunft bei Hinterziehungsbeträgen von mehr als 50.000 € die Straffreiheit unter die Voraussetzung der Zahlung eines Betrages in Höhe von 5 % des verkürzten Steuerbetrags gestellt. Der Betrag von 50.000 € bezieht sich dabei auf jede einzelne Tat im strafrechtlichen Sinne.

Die anderen Sperrgründe wurden belassen. Zwar gab es hier auch Textänderungen, jedoch nur formaler Natur. Hinzuweisen ist an dieser Stelle nochmals auf den o.g. BGH-Beschluss, der ausführlich auch auf das Thema Steuerfahndungsprüfung eingeht. Insbesondere der Umstand, dass nach diesem Beschluss auch solche Sachverhalte von der Sperrwirkung ergriffen werden, bei denen unter Berücksichtigung des bisherigen Überprüfungsziels und der steuerlichen Gegebenheiten bei üblichem Gang der Ermittlungen mit einer Überprüfung zu rechnen ist, führt für die Beratung durch den Rechtsanwalt/Steuerberater zu erheblichen Konsequenzen.

Wichtig ist für uns weiterhin der Hinweis, dass – wie bisher – bei Abgabe einer wirksamen strafbefreienden Selbstanzeige die tatbestandliche Verwirklichung eines der gesetzlichen Sperrgründe nur für die spezielle steuerstrafrechtlich relevante Tat negative Folgen in Bezug auf die Straffreiheit hat. Umso wichtiger ist die handwerklich saubere Arbeit des Rechtsanwalts/Fachanwalts für Steuerrecht bei der Erstellung der Selbstanzeige.

Das Schwarzgeldbekämpfungsgesetz wird am Tag nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten. Unter Beachtung des vorerwähnten BGH-Beschlusses bedurfte es daher einer Vertrauensschutzregelung für strafbefreiende Selbstanzeigen bis zum Datum des Änderungsgesetzes. Insoweit gilt die Rechtslage vor dem BGH-Beschluss. Teilselbstanzeigen führen also im Umfang der nacherklärten Besteuerungsgrundlagen zur Straffreiheit. Alle Selbstanzeigen nach dem Datum des Änderungsgesetzes fallen folglich unter die neue Regelung.

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