Luisenstraße 32
53129 Bonn
Tel.: (0228) 91 17 30

Keine Anrechnung der Quellensteuer bei Stückzinsen

Die Berücksichtigung ausländischer Quellensteuer - im Einzelfall auf Zinsen und zumeist bei Dividenden - erfolgt seit 2009 gem. § 43a Abs. 3 EStG grundsätzlich bereits bei Erhebung der Kapitalertragsteuer auf Ebene der Kreditinstitute nach Maßgabe des § 32d Abs. 5 EStG. Damit sind die bis 2008 erforderlichen Nachweise beim Finanzamt entfallen und es bleibt sofort bei einer Nettoendbelastung.

 

Verschiedene DBA sehen die Anrechnung fiktiver ausländischer Steuern vor (Einzelheiten: BMF 12.5.98, IV C 6 - S 1301 - 18/98, BStBl I 98, 554). Hierzu hatte der BFH entschieden, dass vereinnahmte Stückzinsen beim Verkauf von Anleihen keine Anrechnung fiktiver Quellensteuer auslösen (9.6.10, I R 94/09, BStBl II 10, 860). Stückzinsen sind nämlich keine Einkünfte nach einem DBA, sondern den Veräußerungsgewinnen zuzuordnen. Gezahlte Stückzinsen sind demgegenüber als negative Einnahmen zu qualifizieren. Dies gilt für alle noch nicht bestandskräftigen Fälle (BMF 6.12.11, IV B 3 - S 2293/10/10001 :001).

 

Ein Anleger muss also den regulären Zinsauszahlungstermin abwarten, möchte er die darauf anrechenbare, tatsächlich aber nicht zu zahlende fiktive Quellensteuer zur Steigerung der Nettorendite nutzen.

 

Beispiel:

Der Steuerpflichtige erwirbt eine Anleihe mit bezahlten Stückzinsen von 6.000 EUR. Er erhält im Zeitpunkt der Zinsfälligkeit die Kupongutschrift von 16.000 EUR. Im selben Jahr verkauft er das Wertpapier und vereinnahmt Stückzinsen von 500 EUR. Das DBA sieht eine Anrechnung fiktiver Steuern in Höhe von 20 % der Einnahmen vor. Die Berechnung des Anrechnungshöchstbetrages wird wie folgt vorgenommen:

 

 

Kupongutschrift  

16.000  

 

Gezahlte Stückzinsen (negative Einnahmen)  

- 6.000  

 

Vereinnahmte Stückzinsen  

-  

 

Sparerpauschbetrag  

- 801  

 

Kapitaleinnahmen  

9.199  

 

25 % Abgeltungsteuer  

 

2.299  

davon 20 % anrechenbare fiktive Steuer  

 

- 1.839  

Bank behält Abgeltungsteuer ein  

 

460  

 

Abwandlung:

Die Anleihe wird kurz vor dem Zeitpunkt der Zinsfälligkeit verkauft. Der Anleger vereinnahmt Stückzinsen von 15.700 EUR.

 

 

Erhaltene Stückzinsen  

15.700  

Gezahlte Stückzinsen  

- 6.000  

Sparerpauschbetrag  

- 801  

Kapitaleinnahmen  

8.899  

25 % Abgeltungsteuer  

2.224  

davon anrechenbare fiktive Steuer  

-  

Bank behält Abgeltungsteuer ein  

2.224  

 

 

Steuerberaterhinweis:

Zur Anrechnung der (fiktiven) Quellen- auf die Abgeltungsteuer ab 2009 nach § 32d Abs. 5 EStG siehe die praktischen Regelungen mit Beispielsrechnungen im BMF-Schreiben vom 22.12.2009 (IV C 1 - S 2252/08/10004, BStBl I 10, 94, Rz. 201 - 207, 209).

 

Im Rahmen der EU-Zinsrichtlinie behalten Staaten, die keine Kontrollmitteilungen versenden (Luxemburg, Österreich und verschiedene Drittländer wie die Schweiz oder Liechtenstein), eine 35 %ige Quellensteuer ein, sofern der Kunde in einem anderen EU-Land wohnt. Dieses Verfahren gilt nicht bei Dividenden, sondern nur bei Zinsen. Diese EU-Quellensteuer wird über die Anlage KAP bei der Veranlagung angerechnet, da diese jenseits der Grenze angefallenen Kapitaleinnahmen noch nicht der Abgeltungsteuer unterlegen haben. Die Anrechnung/Erstattung erfolgt - im Gegensatz zur herkömmlichen Quellensteuer - auch dann in voller Höhe, wenn die Einnahmen nach § 20 EStG unter dem Sparer-Pauschbetrag bleiben.

© 2024 Kanzlei Arndt | infokanzlei-arndtcom