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Erbschaftsteuerreform – Neue Bewertungsansätze beim Grund- und Betriebsvermögen

Das BMF hat nunmehr - von Seiten der Steuerberater/Rechtsanwälte bereits erwartete - erste Entwürfe der Durchführungsverordnungen für die Bewertung der unterschiedlichen wirtschaftlichen Einheiten veröffentlicht. Es handelt sich hierbei um folgende Verordnungsentwürfe:

  • Anteils- und Betriebsvermögensbewertungsverordnung (AntBVBewV),
  • Grundvermögensbewertungsverordnung (GrBewV) und
  • Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens (LuF BewV).

Im Regierungsentwurf zur Erbschaftsteuerreform wird darauf verwiesen, dass die Bewertung dieser wirtschaftlichen Einheiten durch die Rechtsverordnungen geregelt werden soll. Diese sollen ein vereinfachtes Verfahren bieten, um die vom BVerfG geforderten Verkehrswerte zu ermitteln.

Ansatz von Grundvermögen

Die GrBewV setzt die Vorgaben des geplanten neuen ErbStG um, wonach Immobilien durch ein Vergleichs-, Ertrags- oder Sachwertverfahren erfasst werden sollen. Sie basiert auf der Wertermittlungsverordnung sowie auf Daten von unabhängigen Gutachterausschüssen. Auch künftig darf der Nachweis erbracht werden, dass der Verkehrswert niedriger ist als der typisiert ermittelte Betrag. Zum ermittelten Gebäudewert kommt der Betrag für den Grund und Boden über eine Nebenrechnung hinzu. Das Grundstück errechnet sich durch Multiplikation der Fläche mal aktuellem Bodenrichtwert, ohne dass es wie derzeit zu einem Abschlag von 20 v.H. kommt.

1. Vergleichswertverfahren:

Insbesondere für Wohnungseigentum sowie Ein- oder Zweifamilienhäuser sollen bei Anwendung des Vergleichswertverfahrens die Kaufpreise vergleichbarer Immobilien maßgebend sein. Grundlage sind vorrangig die von den Gutachterausschüssen mitgeteilten Vergleichspreise. Besonderheiten wie etwa den Wert beeinflussende Belastungen bleiben unberücksichtigt. Alternativ können Vergleichsfaktoren herangezogen werden, die von den Gutachterausschüssen für geeignete Flächeneinheiten des Gebäudes ermittelt werden.

2. Ertragswertverfahren:

Mietwohngrundstücke sowie Geschäfts- und gemischt genutzte Grundstücke im Inland sowie im EU- und EWR-Raum sind nach dem Ertragswertverfahren zu bewerten. Hierbei sind die Werte des Gebäudes und des Grund und Bodens getrennt zu ermitteln. Das Gebäude ist mit dem Gebäudeertragswert zu bewerten. Dieser ergibt sich aus der erzielten oder üblichen Miete als Rohertrag minus Bewirtschaftungskosten. Von diesem Reinertrag wird dann eine angemessene Verzinsung des Bodenwerts abgezogen. Das Ergebnis ist der Gebäudereinertrag. Dieser wird dann mit einem Vervielfältiger kapitalisiert. Der Vervielfältiger bemisst sich nach einem Liegenschaftszinssatz und der Restnutzungsdauer des Gebäudes.

3. Sachwertverfahren:

Für Grundstücke, für die sich kein geeigneter Vergleichswert oder keine übliche Miete ermitteln lässt, oder für sonstige bebaute Grundstücke, kommt das Sachwertverfahren zur Anwendung. Für die Feststellung des Gebäudesachwerts wird nicht von den echten, sondern von den gewöhnlichen Herstellungskosten eines Gebäudes ausgegangen. Diese errechnen sich durch Multiplikation der jeweiligen Kosten mit den Flächeneinheiten des Gebäudes. Maßgebend ist die Summe der Grundflächen aller Grundrissebenen eines Bauwerks. Von diesem Gebäuderegelherstellungswert darf eine lineare Alterswertminderung abgezogen werden. Als Gebäudesachwert sind jedoch mindestens 40 v.H. des Gebäuderegelherstellungswerts anzusetzen. Der Grund und Boden ist getrennt wie ein unbebautes Grundstück zu bewerten.

4. Erbbaurecht:

Das belastete Grundstück wird zweigeteilt bewertet, neben Boden- und Gebäudewert sind auch die Höhe des Erbbauzinses, Restlaufzeit sowie die Höhe der Entschädigung bei Rückfall maßgebend. Gleiches gilt für Gebäude auf fremdem Grund und Boden.

Ansatz von Betriebsvermögen

Der Wert des Betriebsvermögens soll vorrangig aus zeitnahen Verkäufen innerhalb eines Jahres oder dem Börsenkurs abgeleitet werden. Ansonsten ist der Wert nach den in maßgeblichen Wirtschaftskreisen auch für außersteuerliche Zwecke üblicherweise angewandten Bewertungsmethoden zu ermitteln. Als Untergrenze gilt die Summe der gemeinen Werte aller Wirtschaftsgüter abzüglich Schulden. Einzelheiten sollen nicht gesetzlich, sondern über die AntBVBewV geregelt werden.

Hier ist ein vereinfachtes Ertragswertverfahren vorgegeben, wenn dieses nicht zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führt. Ausdrücklich ausgeschlossen ist dies aber für Gewerbebetriebe oder Gesellschaften, die in die Größenklasse „Großbetrieb“ laut Betriebsprüfungsordnung einzuordnen sind. Hier soll die Bemessungsgrundlage aus ohnehin vorhandenen Finanzplandaten oder anderen anerkannten Unternehmensbewertungen hergeleitet werden.

Zur Ermittlung des Ertragswerts wird grundsätzlich der zukünftig nachhaltig erzielbare Jahresertrag mit dem Kapitalisierungsfaktor multipliziert. Dabei soll der künftige Ertrag wie beim Stuttgarter Verfahren aus den Betriebsergebnissen der letzten drei abgelaufenen Wirtschaftsjahre hergeleitet werden. Maßgebend ist der Gewinn nach § 4 EStG, korrigiert um die Ertragsteuern. Allerdings sind noch Hinzurechnungen, z.B. bei Sonderabschreibungen, und Kürzungen, z.B. bei einmaligen Veräußerungsgewinnen, vorzunehmen. Zur Abgeltung des Ertragsteueraufwands ist das Betriebsergebnis um 30 v.H. zu mindern. Das gilt unabhängig von der Rechtsform. Der Kapitalisierungszinssatz setzt sich zusammen aus dem Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank plus einem Zuschlag von 4,5 v.H. Prozent. Der Faktor ergibt sich nun aus dem Kehrwert des Kapitalisierungszinssatzes. Sofern dieser z.B. 8 v.H. beträgt, ergibt sich ein Multiplikator 12,5 für den Jahresertrag.

Bei Anteilen an Personengesellschaften erfolgt die Wertermittlung nach dem gleichen Schema. Dabei sind Kapitalkonten aus Gesamthands- und Ergänzungsbilanzen vorweg jedem Gesellschafter zuzurechnen. Der verbleibende Ertragswert wird dann laut Gewinnverteilungsschlüssel verteilt. Für Wirtschaftsgüter und Schulden des Sonderbetriebsvermögens ist der gemeine Wert dem jeweiligen Gesellschafter separat zuzurechnen.

Können Wirtschaftsgüter und mit diesen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehende Schulden aus dem Betrieb herausgelöst werden, ohne die eigentliche Unternehmenstätigkeit zu beeinträchtigen, so wird dieses nicht betriebsnotwendige Vermögen zusätzlich zum Ertragswert angesetzt. Als Beispiel gilt hier ein Mietwohngrundstück beim Produktionsunternehmen. Ebenfalls gesondert berücksichtigt werden auch Wirtschaftsgüter und Schulden, die innerhalb von zwei Jahren vor dem Bewertungsstichtag eingelegt wurden. Das soll Gestaltungsmissbrauch bei Einlage von Gegenständen mit hohem Verkehrswert und relativ geringer Rendite vorbeugen.

Beide Verordnungen treten am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft. Für Bewertungsstichtage nach 2007 darf die Neuregelung auf Antrag bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung ebenfalls verwendet werden. In der Praxis werden sich allerdings nur selten Fälle ergeben, in denen die Rechnung günstigere Ergebnisse als das vorherige Recht bringt.

Der Zeitplan für die Reform des Erbschaftsteuerrechts sieht nach der 3. Lesung im Bundestag die Sitzung des Bundesrates am 25.4.2008 und die Verabschiedung des Gesetzes vor. Das soll dann bei Zustimmung am 1.6.2008 und bei Einschaltung des Vermittlungsausschusses am 1.7.2008 in Kraft treten.

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