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Erbrecht | Erbschaftsteuer: Abfindung bei Erbvergleich steuerfrei

Es kommt leider in der Praxis des Rechtsanwalts für Erbrecht regelmäßig vor, dass ein Testament so schlecht abgefasst wurde, dass die in Betracht kommenden gesetzlichen und gewillkürten Erben unterschiedliche Rechtsauffassungen hinsichtlich ihrer Erbenstellung vertreten. Ergibt sich hieraus in der Folge ein außergerichtlicher oder prozessualer Vergleich, ist zwar das Problem der Aufteilung des Nachlasses gelöst, es kann sich aber die Frage der Besteuerung dieses Vorgangs anschließen.

Erbschaftsteuer bei Erbvergleich

In einer aktuellen Entscheidung des Bundesfinanzhof (BFH, Urteil vom 04.05.2011) stellt dieser fest, dass eine Abfindung, die ein möglicher Alleinerbe nach einem Prozessvergleich dafür erhält, dass er die Erbenstellung des Alleinerben nicht mehr bestreitet, nicht der Erbschaftsteuer unterliegt. Diese Entscheidung ist deshalb so beachtenswert, weil sie eine Abkehr von der bisherigen Rechtsauffassung des BFH bedeutet.

Der Fall

Die Erblasserin hatte mehrere Testamente errichtet. Darin waren jeweils verschiedene Personen als Alleinerben eingesetzt. Streitig war vor dem Zivilgericht die Wirksamkeit des zuletzt errichteten Testaments wegen behaupteter Testierunfähigkeit. Die potenziellen Erben beendeten das Verfahren, indem sie einen Vergleich abschlossen, wonach an die verzichtende Person 45.000 Euro gezahlt werden mussten.

Das Urteil des BFH

Die erbschaftsteuerrechtliche Anerkennung des sog. Erbvergleichs stellt eine nicht weiter verallgemeinerungsfähige Ausnahme von dem Grundsatz dar, dass weder die Miterben noch sonst am Nachlass beteiligte Personen berechtigt sind, den Kreis der steuerpflichtigen Personen oder den Umfang der steuerpflichtigen Bereicherung nach dem Erbfall durch freie Vereinbarung eigenmächtig neu zu bestimmen. Der Vergleich ist jedoch nur schuldrechtlicher Natur, so dass durch ihn ein Erbrecht mit dinglicher Wirkung nicht begründet werden kann. Ein solcher Vergleich kann nur insoweit Verbindlichkeit im Besteuerungsverfahren beanspruchen, als er seinen letzten Rechtsgrund noch im Erbrecht findet. Aufgrund des Erbvergleichs ist erbschaftsteuerrechtlich so zu verfahren, als ob der Erblasser durch Verfügung von Todes wegen eine entsprechende Regelung getroffen hätte. 

Hierdurch werden die Grenzen der Besteuerung mit Erbschaftsteuer deutlich. Kann dieser Erwerb tatsächlich nicht auf einen erbrechtlichen Rechtsgrund (Erbanfall nach § 1922 BGB, Vermächtnis nach §§ 2147 ff. BGB, geltend gemachter Pflichtteilsanspruch nach §§ 2303 ff. BGB) zurückgeführt werden, so unterliegt er nicht der Erbschaftsteuer. In der Folge ist eine Abfindung, die der in einem widerrufenen Testament als Alleinerbe eingesetzte Erbprätendent aufgrund eines Prozessvergleichs vom rechtswirksam eingesetzten Alleinerben dafür bekommt, dass er dessen Erbenstellung nicht mehr bestreitet, nicht steuerpflichtig.

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