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Einkunftserzielungsabsicht bei Erwerb einer Vielzahl von unterschiedlichen Grundstücken

Wie der objektive Tatbestand ist auch der subjektive Tatbestand – die Einkunftserzielungsabsicht – bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung objektbezogen. Sie ist nur dann in Bezug auf mehrere Objekte oder das gesamte Grundstück zu prüfen, wenn sich auch die Vermietungstätigkeit gleichzeitig auf mehrere Objekte oder auf das gesamte Grundstück richtet. Werden hingegen verschiedene Gebäudeteile jeweils einzeln – auf der Grundlage verschiedener Rechtsverhältnisse – vermietet, bezieht sich die Einkunftserzielungsabsicht nur auf das jeweilige Objekt.

 

Hintergrund

Nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich und typisierend davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, den subjektiven Steuertatbestand zu verwirklichen und damit einen Einnahmenüberschuss zu erwirtschaften, auch wenn sich über längere Zeiträume Werbungskostenüberschüsse ergeben. Dies gilt jedoch nur für die Vermietung von Wohnraum, nicht indes für die Vermietung von Gewerbeimmobilien.

Bei Gewerbeimmobilien ist die Überschusserzielungsabsicht stets ohne typisierende Vermutung im Einzelfall festzustellen. Denn die Vermietung zu gewerblichen Zwecken ist wegen ihres Einflusses auf den Gebrauchswert der Immobilie nicht mit einer auf Dauer ausgerichteten Wohnraumvermietung vergleichbar. Dabei sind Gewerbeimmobilien – in Abgrenzung zu einer Wohnung – alle Immobilien, die nicht Wohnzwecken dienen.

Ebenso wenig gilt die Typisierung für die dauerhafte Verpachtung von unbebautem Grundbesitz. Die Verpachtung unbebauten Grundbesitzes ist unbeschadet der Art und Weise seiner Erwerbsfinanzierung nicht schon strukturell defizitär und bildet keine Grundlage für die typisierende Annahme der Einkunftserzielungsabsicht. Es kommt anders als bei dem abnutzbaren Wirtschaftsgut Gebäude grundsätzlich zu keiner durch eine spätere Veräußerung nicht kompensierbaren Inanspruchnahme von Absetzungen für Abnutzung.

 

Entscheidung

Das FG München hat nun klargestellt, dass die nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerbare Tätigkeit objekt- und nicht grundstücksbezogen zu betrachten ist, d. h., sie ist auf ein bestimmtes Immobilienobjekt ausgerichtet. Dies gilt auch dann, wenn sich die Objekte auf einem Grundstück (im zivilrechtlichen Sinne) befinden.

Vermietet der Steuerpflichtige mehrere Objekte bzw. das gesamte – etwa aus unterschiedlich genutzten Teilstücken bestehende – Grundstück auf der Grundlage lediglich eines Rechtsverhältnisses und mithin unter den identischen rechtlichen Vertragsbedingungen, ist die Vermietungstätigkeit einheitlich zu beurteilen.

Wie der objektive Tatbestand ist auch der subjektive Tatbestand – die Einkunftserzielungsabsicht – objektbezogen. Sie ist nur dann in Bezug auf mehrere Objekte oder das gesamte Grundstück zu prüfen, wenn sich auch die Vermietungstätigkeit gleichzeitig – d. h. in objektiver Hinsicht – auf mehrere Objekte oder auf das gesamte Grundstück richtet. Werden demgegenüber verschiedene, auf einem Grundstück gelegene Gebäudeteile jeweils einzeln – auf der Grundlage verschiedener Rechtsverhältnisse oder nach Maßgabe unterschiedlicher miet- oder pachtrechtlicher Vertragsbedingungen– vermietet, bezieht sich die Einkunftserzielungsabsicht nur auf das jeweilige Objekt.

 

Fundstelle

FG München 26.9.22, 7 K 169/20

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