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Die geplante eRechnung: Hinweise des BMF

Das Bundeskabinett hat am 30.8.2023 den Regierungsentwurf für ein Wachstumschancengesetz beschlossen. Das Gesetz soll den ökonomischen Belastungen der deutschen Wirtschaft durch die aktuellen multiplen Krisen sowie die Dekarbonisierung und den demographischen Wandel entgegenwirken und die Chancen der Wirtschaft auf Wachstum erhöhen. Die wohl meistdiskutierte und gravierendste der im Gesetzesentwurf enthaltenen Maßnahmen ist die obligatorische elektronische Rechnung (eRechnung) bei inländischen B2B-Umsätzen. Hierzu gibt das BMF schon jetzt – vor Beginn der Beratungen im Bundestag – erste Interpretationshilfen.

 

Hintergrund

Im Koalitionsvertrag haben sich die die Bundesregierung tragenden Parteien auf die Einführung eines bundesweiten einheitlichen Meldesystems zur Erstellung, Prüfung und Weiterleitung von Rechnungen verständigt.

Das BMF hat dem Gesetzgeber als ersten Schritt hin zu der späteren Einführung eines entsprechenden transaktionsbezogenen Meldesystems die obligatorische Verwendung von eRechnungen für inländische B2B-Umsätze vorgeschlagen (AStW 08/2023, Editorial u. S.  552).

 

Hinweise des BMF schon vor Beginn der Beratungen im Bundestag

Das Bundeskabinett hat den Regierungsentwurf am 30.8.2023 beschlossen. Über den Entwurf hat der Bundestag am 13.10.2023 erstmals beraten. Nach der Aussprache überwiesen die Abgeordneten die Vorlage an die Ausschüsse. Die Federführung bei den weiteren Beratungen übernimmt der Finanzausschuss.

 

Merke | Bereits einige Tage vor der ersten Beratung im Bundestag veröffentlichte das BMF die hier besprochenen Hinweise. Das ist außergewöhnlich und zugleich vielsagend:

  • Es ist der absolute Ausnahmefall, dass sich das BMF bereits während eines Gesetzgebungsverfahrens positioniert.
  • Allein hieran zeigt sich die Unsicherheit des Gesetzgebers: Er weiß offensichtlich, dass er dem Unternehmer/Bürger wieder einmal etwas zumutet und möchte vorab beschwichtigen.

 

Hybride Formate werden wohl zulässig sein

Im Rahmen der abgegebenen Stellungnahmen der Verbände wurde gefragt, ob ein hybrides Format die geplanten gesetzlichen Anforderungen erfüllen würde.

BMF und Landesfinanzminister geben weitgehend grünes Licht! Sie sind zu dem Ergebnis gekommen, dass aus Sicht der Finanzverwaltung insbesondere sowohl eine Rechnung nach dem XStandard als auch nach dem ZUGFeRD-Format (Zentraler User Guide des Forums elektronische Rechnung Deutschland) ab Version 2.0.1 grundsätzlich eine Rechnung in einem strukturierten elektronischen Format darstellt, die der europäischen Norm für die elektronische Rechnungsstellung und der Liste der entsprechenden Syntaxen gemäß der EU-Vorgaben entspricht.

Sofern der Gesetzgeber die im Regierungsentwurf des Wachstumschancengesetzes enthaltene Formulierung unverändert beschließen sollte, würden daher auch Rechnungen in diesen beiden Formaten nach dem 31.12.2024 die neuen umsatzsteuerlichen Anforderungen für eine elektronische Rechnung erfüllen.

 

Praxistipp

Der Vollständigkeit halber weist das BMF darauf hin, dass daneben auch weitere Rechnungsformate die genannten Anforderungen erfüllen können. Die Erörterungen beschränkten sich lediglich aufgrund der Tatsache, dass die elektronische Rechnung zunächst nur für inländische Umsätze obligatorisch sein wird, auf die in Deutschland gebräuchlichsten Formate.

 

Neue Anforderungen an die „Lesbarkeit“

Ab der Einführung der obligatorischen elektronischen Rechnung wird bei einem hybriden Format entgegen Abschnitt 14.4 Abs. 3 Satz 4 UStAE der strukturierte Teil der führende sein. Im Fall einer Abweichung gehen dann die Daten aus dem strukturierten Teil denen aus der Bilddatei vor.

Hintergrund ist, dass nach der derzeitigen Verwaltungsauffassung das Merkmal „Lesbarkeit“ (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 5 UStG) erfordert, dass die Rechnung für das menschliche Auge lesbar ist. Strukturierte elektronische Formate sind daher erst nach einer Konvertierung in diesem Sinne „lesbar“. Dies bedeutet auch, dass bei einem hybriden Format (z. B. ZUGFeRD) im Falle einer Abweichung zwischen elektronischer Information und dem für das menschliche Auge lesbaren Bildteil der letztere Teil vorgeht.

 

Praxistipp

Dieses Verhältnis ist ab der Einführung der obligatorischen eRechnung umzukehren, sodass dann der strukturierte Teil entscheidend sein wird. An der grundsätzlichen Zulässigkeit eines hybriden Formats ändert dies aber nichts.

 

Weiternutzung der EDI-Verfahren

Der elektronische Austausch von Geschäftsdokumenten – und damit auch Rechnungen – zwischen Geschäftspartnern ist für die meisten Branchen gang und gäbe. Das BMF arbeitet daher an einer Lösung, welche die Weiternutzung der EDI-Verfahren auch unter dem künftigen Rechtsrahmen so weit wie möglich sicherstellen soll.

 

Praxistipp

Dass mit der Einführung des transaktionsbezogenen Meldesystems an bestimmten EDI-Verfahren noch technische Anpassungen vorgenommen werden müssen, kann zum derzeitigen Zeitpunkt nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Erklärtes Ziel des BMF ist es aber, diesen Umstellungsaufwand im Interesse der Wirtschaft auf das Notwendige zu begrenzen.

 

Inkrafttreten

Der Regierungsentwurf legt für die Pflicht zum Ausstellen einer eRechnung eine gestaffelte Übergangsregelung fest. Anders ist dies auf der Eingangsseite vorgesehen!

Nach dem Regierungsentwurf ist ab dem 1.1.2025 die Entgegennahme einer eRechnung im neuen strukturierten Format für alle inländischen Unternehmer verpflichtend. Die in § 27 Abs. 39 UStG-Entwurf enthaltene Möglichkeit, in der Einführungsphase auch eine sonstige Rechnung zu verwenden, betrifft nur die Ausstellung einer Rechnung. Wenn der Rechnungsaussteller sich für die Verwendung einer elektronischen Rechnung entscheiden sollte, muss der Rechnungsempfänger diese daher auch entgegennehmen.

 

Beachten Sie | Spätestens an dieser Stelle zeigt sich, wie wenig der Entwurf durchdacht ist. Wenn auf der Eingangsseite die neue eRechnung akzeptiert werden muss, heißt das, dass die EDV des Rechnungsempfängers dazu in der Lage sein muss, die in der Eingangsrechnung enthaltenen strukturierten Daten auszulesen und zu verarbeiten. Bliebe es dabei, käme auf alle Unternehmen – auch die kleinen und mittleren – zum 1.1.2025 ein erheblicher Umstellungsaufwand zu. Dass auf der Ausgangsseite darauf übergangsweise verzichtet werden darf, erscheint angesichts dessen als eher vernachlässigbare Erleichterung. Der Bundesrat teilt diese Bedenken und schlägt daher vor, die Einführung der eRechnung um zwei Jahre auf den 1.1.2027 zu verschieben.

 

Merke | Was soll sich für das Tagesgeschäft noch so alles ändern?

  • eRechnung bedeutet nicht das Schreiben einer Rechnung in WORD, das Konfigurieren einer entsprechenden PDF und das Übersenden per E-Mail – wie derzeit üblich. Nein! Die eRechnungsstellung soll vielmehr – zunächst nur bei B2B-Umsätzen – über eine besondere (transparentmachende) Software erfolgen.
  • Von der Pflicht zur Ausstellung von eRechnungen betroffen wären wohl auch Vermieter, die nach Option steuerpflichtig vermieten, und die Betreiber von Photovoltaikanlagen.
  • eRechnungen empfangen können müssen wohl auch Unternehmer, die selbst ausschließlich steuerfreie Umsätze erbringen, wie Humanmediziner und Wohnungsvermieter.
  • Ausnahmen für Kleinunternehmer sind derzeit in Diskussion.

 

Fazit | Die eRechnung „scheint die Wärmepumpe des Umsatzsteuerrechts zu werden.“ Diese düstere Prognose im Editorial der August-Ausgabe wurde leider durch das neue BMF-Schreiben bestätigt.

 

Fundstelle

  • BMF 2.10.23, III C 2 – S 7287-a/23/10001 :007, 2023/0922192
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