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Mündliche Verhandlung beim Finanzgericht: Keine Verpflichtung zum Hinweis auf Videokonferenz

Nach der Finanzgerichtsordnung (FGO) können mündliche Verhandlungen mittlerweile auch per Videokonferenz durchgeführt werden. Gerichte können es den Prozessbeteiligten und ihren Bevollmächtigten gestatten, sich zur Verhandlung von einem anderen Ort als dem Sitzungssaal zuschalten zu lassen und von dort Verfahrenshandlungen vorzunehmen. Auch Zeugen und Sachverständige können auf diese Weise per Video zugeschaltet werden.
 

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat jetzt entschieden, dass ein Finanzgericht (FG) prozessbevollmächtigte Rechtsanwälte und Steuerberater und andere rechtskundige Beteiligte nicht von sich aus darauf hinweisen muss, dass die mündliche Verhandlung im Wege einer Videokonferenz durchgeführt werden kann. Geklagt hatte eine Steuerberaterin, die in eigener Sache vor dem FG München gegen die Besteuerung von Leistungen aus einem Pensionsfond geklagt hatte. Nachdem der Termin für die mündliche Verhandlung feststand, teilte die Beraterin dem Gericht mit, dass ohne sie verhandelt werden könne, da von ihrer Seite alle Argumente vorgebracht worden seien.

Was sie nicht wusste: Ihr Prozessgegner (das Finanzamt) hatte wenige Tage zuvor beantragt, an der mündlichen Verhandlung per Videokonferenz teilnehmen zu dürfen. Das Gericht hatte diesem Antrag stattgegeben und die mündliche Verhandlung daraufhin per Videokonferenz allein mit dem Finanzamt durchgeführt. Gegen das klageabweisende Urteil zog die Steuerberaterin mit einer Beschwerde vor den BFH. Sie sah einen Verfahrensmangel darin begründet, dass das FG sie nicht auf die Möglichkeit hingewiesen habe, an der Verhandlung per Videoschaltung teilnehmen zu können. Sie habe lediglich wegen zeitlicher Überlastung und langer Anfahrtswege auf die Teilnahme in Präsenz verzichtet, an einer Videokonferenz hätte sie aber - bei rechtzeitiger Kenntnis - auf jeden Fall teilgenommen.

Der BFH wies die Beschwerde jedoch zurück und erklärte, dass das Finanzgericht keinen Verfahrensfehler begangen habe. Es habe nicht gegen das Gebot zur Gewährung rechtlichen Gehörs verstoßen, da es Prozessbeteiligte nicht auf Umstände hinweisen müsse, die diese selbst hätten erkennen können. Insbesondere rechtskundige Prozessbeteiligte wie die Klägerin müssten nicht darauf hingewiesen werden, dass mündliche Verhandlungen nach der FGO auch im Wege der Videokonferenz durchgeführt werden könnten. Das FG habe die Klägerin auch nicht von Amts wegen zur Videokonferenz „einladen“ müssen, da sie ihre Absage zur Präsenzverhandlung damit begründet habe, dass alle Argumente vorgebracht worden seien. Für das Gericht sei somit nicht ersichtlich gewesen, dass die Teilnahme nur wegen zeitlicher Überlastung und langer Anfahrtswege abgesagt worden sei.
 

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