Dass die Verweigerung der Akteneinsicht einen schwerwiegenden Verfahrensfehler begründen kann, verdeutlicht ein neuer Fall des Bundesfinanzhofs (BFH), in dem ein Prozessbevollmächtigter vor dem Sächsischen Finanzgericht (FG) zunächst die Verlegung der mündlichen Verhandlung beantragt hatte. Nachdem das FG diesen Antrag abgelehnt hatte, teilte der Bevollmächtigte einen Tag vor der mündlichen Verhandlung mit, dass er das Mandat niedergelegt habe. Der neu mandatierte Bevollmächtigte beantragte am selben Tag erneut die Aufhebung des Verhandlungstermins und beantragte Akteneinsicht. Das FG versagte die Akteneinsicht und führte die mündliche Verhandlung am Folgetag in Abwesenheit der Klägerseite durch. Das Gericht ging davon aus, dass der Wechsel des Prozessbevollmächtigten nur deshalb erfolgt sei, weil der erste Antrag auf Terminverlegung abgelehnt worden sei. Man habe das Gericht quasi zu einer Terminverlegung zwingen wollen.
Der BFH hob das finanzgerichtliche Urteil nun jedoch aufgrund eines Verfahrensmangels auf und verwies den Rechtsstreit zurück an das FG. Nach Auffassung der Bundesrichter hatte das FG den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör verletzt, indem es die mündliche Verhandlung trotzdem durchgeführt und die Akteneinsicht abgelehnt hatte. Das FG sei verpflichtet gewesen, dem neuen Bevollmächtigten die beantragte Akteneinsicht zu gewähren und deshalb den Termin der mündlichen Verhandlung zu verlegen, denn ohne die Akteneinsicht sei eine sachgerechte Vorbereitung auf die Verhandlung nicht möglich. Der Antrag auf Akteneinsicht sei nicht rechtsmissbräuchlich gestellt worden, er habe nicht der Prozessverschleppung, sondern dem legitimen Informationsinteresse des neuen Bevollmächtigten gedient.