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August 2010: Hinweise des Rechtsanwalts/Steuerberaters - Erbrecht, Erbschaftsteuer

Der BFH war in Sachen Erbschaftsteuer in den letzten Wochen und Monaten sehr aktiv. Deshalb diesen Monat wieder einmal ein Überblick über wichtige Entscheidungen aus der Sicht des Steuerberaters/Rechtsanwalt/Fachanwalt für Steuerrecht in Sachen Erbrecht/Erbschaftsteuer.

Die Themen sind:

  • Einlagen in eine GmbH
  • Grundstücksbewertung
  • Grabpflegekosten
  • Schenkung von Kommanditanteilen
  • Erbschaft einer Zahnarztpraxis oder Arztpraxis

1. Disquotale Einlage in GmbH

Erhöht sich der Wert der GmbH-Beteiligung eines Gesellschafters dadurch, dass ein anderer Beteiligter Vermögen einbringt, ohne eine entsprechende Gegenleistung zu erhalten, liegt keine freigebige Zuwendung des einbringenden an die anderen Gesellschafter vor, Schenkungsteuer entsteht insoweit nicht.

Mit diesem Urteil weicht der BFH von der gegenteiligen Verwaltungsauffassung in R 18 Abs. 3 ErbStR ab. Voraussetzung für eine steuerpflichtige Schenkung unter Lebenden ist eine Vermögensminderung auf der einen und eine Vermögensmehrung auf der anderen Seite.

Dabei kommt es ausschließlich auf die Zivilrechtslage und nicht darauf an, wem nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise Vermögen oder Einkommen zuzurechnen ist. Unter diesem Gesichtspunkt und wegen der rechtlichen Eigenständigkeit des Gesellschaftsvermögens der GmbH fehlt es an einer zivilrechtlichen Vermögensverschiebung zwischen diesen Gesellschaftern, wenn ein Beteiligter Einlagen ohne entsprechende Gegenleistung tätigt.

Eine freigebige Zuwendung liegt auch dann nicht vor, wenn bei der Kapitalerhöhung einer GmbH die neu entstehende Stammeinlage durch eine Sacheinlage erbracht wird und diese Einlage mehr wert ist als die hierfür übernommene neue Stammeinlage. Inwieweit Kapitalerhöhung und Sacheinlage ertragsteuerliche Auswirkungen haben, spielt für die Schenkungsteuer keine Rolle.

Hinweis des Steuerberaters:

Aufgrund der Abweichung von der Verwaltungsauffassung sollte in allen offenen Fällen von Schenkungsteuerbescheiden Einspruch eingelegt bzw. bereits laufende Rechtsbehelfe entsprechend begründet werden.

Fundstellen:

BFH 9.12.09, II R 28/08; BFH 7.11.07, II R 28/06, BStBl II 08, 258; 29.11.06 II R 42/05, BStBl II 07, 319

2. Aufwand für Bewertung eines Grundstücks

Die Kosten einer Erbauseinandersetzung sind gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG als Nachlassverbindlichkeiten bei der Erbschaftsteuer abzugsfähig. Das beinhaltet nach einem aktuellen Urteil des BFH nicht nur die Kosten für die Übertragung der Nachlassgegenstände und hier insbesondere vom Grundbesitz, sondern auch die auf die Miterben entstandenen Notariats- und Gerichtskosten sowie Aufwendungen für den Rechtsanwalt/Steuerberater/Fachanwalt zur Beratung bei der erbrechtlichen Erbauseinandersetzung. Auch die Kosten für Grundstücksbewertungen durch Sachverständige für Immobilien, die zum Nachlass gehören, zählen zu den abzugsfähigen Kosten.

Unter einer Auseinandersetzung ist im Erbrecht die Verteilung der Nachlassgegenstände unter den Miterben zu verstehen. Zu den abzugsfähigen Kosten der Verteilung gehören die unmittelbar im Zusammenhang entstandenen Aufwendungen für eine ordnungsgemäße Abwicklung und Regelung des Nachlasses. Hierunter fallen die Aufwendungen für die durch einen Sachverständigen vorgenommene Bewertung der Nachlassgegenstände und insbesondere von Immobilien, wenn diese auf dieser Grundlage in das Alleineigentum einzelner Miterben übertragen werden sollen. Dabei spielt keine Rolle, wie die Erbengemeinschaft entstanden ist und auf welcher Basis eine Verteilung erfolgt. § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG macht die Abziehbarkeit der Aufwendungen nur davon abhängig, dass sie unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses entstehen.

Anders sieht es nur bei Kosten für einen Rechtsstreit im Zusammenhang mit der Erbschaftsteuer aus. Diese sind nach § 10 Abs. 8 ErbStG nicht als Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig. Im Gegensatz hierzu handelt es sich bei Aufwendungen einer Erbauseinandersetzung nicht um Rechtsverfolgungskosten zur Abwehr der zu entrichtenden eigenen Erbschaftsteuer.

Fundstellen:

BFH 9.12.09, II R 37/08; BFH 20.6.07, II R 29/06, BStBl II 07, 722; 1.7.08, II R 71/06, BStBl II 08, 874

3. Grabpflegekosten als Nachlassverbindlichkeit

Als Nachlassverbindlichkeiten im Sinne der Erbschaftsteuer sind die Kosten für die übliche Grabpflege mit ihrem Kapitalwert für eine unbestimmte Dauer abzugsfähig. Dies entspricht gemäß § 13 Abs. 2 BewG dem 9,3-Fachen der jährlichen Kosten, die üblicherweise bei der Inanspruchnahme von Fremdleistungen zu erwarten sind. Da Angebote von Gärtnereien entsprechend den individuellen Wünschen des Bestellers ausgearbeitet werden, können sie nicht die Basis für die Wertermittlung bilden. Zudem ist weder auf die besondere gesellschaftliche Stellung und Vermögenssituation noch auf die persönlichen Verhältnisse von Erblasser und Erben abzustellen, sondern auf die allgemein üblichen Verhältnisse am Ort des Grabmals nach den Vorstellungen des durchschnittlichen Erben.

Nach Auffassung des FG Thüringen ist keine feste Summe als Schwellenwert für die Bestimmung des Üblichen anzuwenden, weil dieser durch das Preisgefüge am Ort der Leistung und auch durch die Bedingungen auf dem jeweiligen Friedhof bestimmt wird. Allerdings sind 462 EUR im Jahr unangemessen, weil eine monatliche Belastung von 38,50 EUR in einer Stadt mit durchschnittlichem Lohngefüge die Grenzen der Üblichkeit deutlich übersteigt. Dabei ist auch zu bedenken, dass die Grabpflege über einen langen Zeitraum mit dem Faktor 9,3 kapitalisiert wird, der Grabpflegeaufwand hingegen im Laufe der Zeit erheblich abnimmt. Auf einen konkreten Betrag musste sich das FG nicht festlegen, da der Pauschbetrag von 10.300 EUR zum Ansatz kam.

Hinweis des Steuerberaters:

Der Abzug für Grabpflege ist nicht auf die üblichen Aufwendungen beschränkt, wenn der Erblasser einem Erwerber eine erbrechtliche Verpflichtung durch letztwillige Verfügung auferlegt hat. Eine solche Auflage begründet eine Erbfallschuld, die mit dem Kapitalwert aus Anlage 9a zum BewG anzusetzen ist.

Fundstellen:

Thüringer FG 17.3.10, 4 K 856/08, rkr.; FG-Rheinland Pfalz 20.3.97, 4 K 1904/96

4. Schenkung eines Kommanditanteils als begünstigtes Betriebsvermögen

Ein verschenkter Kommanditanteil fällt nur dann unter das begünstigte Betriebsvermögen nach § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG, wenn durch die Zuwendung gleichzeitig eine Mitunternehmerstellung vermittelt wird. Nicht ausreichend ist es daher, wenn dem Erwerber nur deshalb Mitunternehmerinitiative zukommt, weil er bereits zuvor Gesellschafter der KG war. Dieses Urteil des BFH lässt sich sowohl auf die Rechtslage vor als auch ab 2009 anwenden. Im zugrunde liegenden Fall wurde der KG-Anteil gegen lebenslänglichen Nießbrauchsvorbehalt übertragen, was auch die Stimm- und sonstigen Verwaltungsrechte umfasst.

Die Vergünstigungen des § 13a ErbStG kommen nur in Betracht, wenn das Betriebsvermögen sowohl beim bisherigen als auch beim neuen Rechtsträger die Voraussetzungen erfüllt. Der Erwerber muss den Betrieb fortführen, was bei einer Personengesellschaft eine Mitunternehmerschaft voraussetzt. Zwar geht der erworbene Anteil nach herkömmlicher Meinung in einer einheitlichen Mitgliedschaft mit der bisherigen Beteiligung des Erwerbers auf. Für die Anwendung der Steuervergünstigung spielt dies aber keine Rolle. Erforderlich ist nämlich, dass durch den erworbenen Gesellschaftsanteil eine Mitunternehmerstellung vermittelt worden ist.

Es reicht nicht aus, dass der Erwerber bereits Gesellschafter war, wenn der zusätzliche Gesellschaftsanteil beim Übergang vom Schenker auf den Beschenkten dem neuen Inhaber keine vergleichbare Eigenschaft vermittelt. Dies gilt beim Vorbehaltsnießbrauch, wenn die Mitunternehmerstellung beim Zuwendenden verbleibt, indem dieser insbesondere durch seinen Stimmrechtsvorbehalt nicht von der Mitwirkung an den Grundlagengeschäften ausgeschlossen ist. Für die Steuerbegünstigung müssen dem Beschenkten also ausreichende Gesellschaftsrechte zustehen.

Hinweis des Rechtsanwalts/Steuerberaters:

Der Fall zeigt, dass insbesondere bei der Schenkung von Betriebsvermögen bzw. Gesellschaftsanteilen sowohl die steuerrechtliche Seite als auch das Gesellschaftsrecht wie auch das Erbrecht parallel zu beachten sind. Daher ist die Beratung durch den Steuerberater für die Schenkungsteuer oder Erbschaftsteuer und gleichzeitig die Beratung durch den Rechtsanwalt für das Erbrechtund Gesellschaftsrecht aufeinander abzustimmen.

Fundstellen:

BFH 23.2.10, II R 42/08; BFH 16.12.09, II R 44/08; 10.12.08, II R 34/07, BStBl II 09, 312

5. Zwangsweiser Verkauf der geerbten Arztpraxis oder Zahnarztpraxis

Eine schädliche Betriebsveräußerung nach altem und neuem Erbschaftsteuerrecht führt auch dann zum Wegfall der Steuervergünstigung, wenn sie aufgrund gesetzlicher Anordnung erfolgt, weil der Nachfolger mangels beruflicher Qualifikation die geerbte Praxis eines Freiberuflers verkaufen muss. Mit diesem Urteil knüpft der BFH an seine bisherige Rechtsprechung an, wonach eine schädliche Verwendung des Betriebsvermögens unabhängig vom Grund der Veräußerung oder Aufgabe und somit auch dann vorliegt, wenn der Erbe nicht als Arzt tätig und damit gezwungen ist, die Praxis zu übergeben.

Freiberuflich genutztes Betriebsvermögen verliert seine Eigenschaft nicht durch Tod, sondern geht auf die Erben über und wird nicht zwangsläufig notwendiges Privatvermögen. Daher ist es nicht entscheidend, welche Fähigkeiten der Nachkomme besitzt, sondern ob er den Betrieb aufrechterhält und weiterführt. Dabei stellt § 13a Abs. 5 ErbStG alleine auf eine Veräußerung oder Aufgabe ab und sieht keine Ausnahme für eine Zwangssituation vor. Begünstigt werden soll nämlich nur die Fortführung des Betriebs in seinem Bestand. Somit wird nicht auf die Motive bei der Veräußerung abgestellt, sodass selbst die zwangsweise Auflösung einer GmbH durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder die Entnahme von Mitteln zur Zahlung der Erbschaftsteuer schädlich sind.

Nach neuem Recht fällt der Verschonungsabschlag von 85 oder 100 % zeitanteilig an, wenn das Unternehmen anschließend nicht fünf oder sieben Jahre lang nahezu unverändert fortgeführt wird. Das führt dann auch dazu, dass das erhaltene Betriebsvermögen mit dem Verkehrswert angesetzt wird.

Hinweis des Rechtsanwalts/Steuerberaters:

Die Entscheidung des BFH betrifft neben Ärzten und Zahnärzten insbesondere auch Steuerberater und Rechtsanwälte, wie überhaupt alle Freiberufler. Eine sinnvolle Gestaltung der Praxisnachfolge bereits zu Lebzeiten ist aus unserer Sicht unerlässlich. Hierbei sind die juristischen Voraussetzungen unter Beachtung der relevanten steuerlichen Themen vertraglich und in der Beratung umzusetzen.

Zu unserem Angebot hinsichtlich der umfangreichen Beratung von Ärzten und Zahnärzten

Fundstellen: 

BFH 17.3.10, II R 3/09; BFH 11.11.09, II R 63/08, BStBl II 09, 305; 15.11.06, XI R 6/06, BFH/NV 07, 436; 27.5.09, II R 53/07, BStBl II 09, 852

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