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Wechselwirkung von Steuerhinterziehung und Zinsabschlag

Der BFH hat sich in zwei Urteilen mit hinterzogenen Kapitaleinnahmen und der Anrechnung von einbehaltener Kapitalertragsteuer auseinandergesetzt:

Festsetzungsfrist von 10 Jahren gilt nicht zugunsten eines Steuerpflichtigen

Die bei Steuerhinterziehung von vier auf zehn Jahre verlängerte Festsetzungsfrist können Anleger nicht für sich in Anspruch nehmen, wenn sich im Ergebnis für sie ein Erstattungsanspruch ergibt. Im Gegensatz zur Vorinstanz vertritt der BFH die Ansicht, dass die Verlängerung nur bei einer Schädigung des Fiskus greift. Dieser soll hinterzogene Steuerbeträge über die vierjährige Verjährungsfrist hinaus noch nachfordern können. § 169 Abs. 2 S. 2 AO setzt einen hinterzogenen Betrag im Sinne einer Abschlusszahlung voraus, die vom Fiskus bislang nicht geltend gemacht werden konnte. Einkünfte, die zu Erstattungsansprüchen führen, dürfen hingegen nur innerhalb der regulären Verjährungsfrist von vier Jahren veranlagt werden. Damit wird der Steuerhinterzieher allen Steuerzahlern gleichgestellt, der ehrliche Anleger soll nicht der Dumme sein.

Im Urteilsfall wurden im Inland erzielte Kapitaleinkünfte erst im Rahmen einer Selbstanzeige erklärt. Da der persönliche Steuersatz des Anlegers unter dem des einbehaltenen Zinsabschlags lag, ergab sich eine Erstattung. Der Täter hatte danach allen Anlass, den wahren Sachverhalt zügig aufzudecken, um die Steuererstattung zu erhalten. Der BFH konnte offenlassen, ob es überhaupt zu einer Steuerhinterziehung kommt, wenn die Einkommensteuer durch Steuerabzug bereits erhoben wurde. Denn bei Abgabe der Selbstanzeige war die normale Festsetzungsfrist bereits abgelaufen. Daher konnten die Einkünfte für die vorherigen Zeiträume nicht mehr berichtigt werden. Ob der Tatbestand der Steuerhinterziehung vorliegt, wenn sich im Ergebnis eine Steuererstattung ergibt, kann der BFH jedoch in einer noch anhängigen Revision klären.

Ohne Steuerbescheinigung wird der Bruttobetrag hinterzogen

Hat ein Anleger im Rahmen eines Tafelgeschäfts keine Kapitalertragsteuerbescheinigung erhalten, so kann er den einbehaltenen Zinsabschlag von 35 v.H. nicht anrechnen lassen. Gibt er die Kapitaleinnahmen vor diesem Hintergrund nicht in seiner Steuererklärung an, weil er sie ansonsten gewissermaßen ein zweites Mal versteuern muss, kann dieses Verhalten zu einer Steuerhinterziehung führen. Die einbehaltene Kapitalertragsteuer ist bei der Ermittlung der Höhe der Steuerverkürzung nicht zu berücksichtigen, da im Zeitpunkt der Abgabe der unvollständigen Steuererklärung eine ordnungsgemäße Steuerbescheinigung nicht vorgelegen hatte. Damit waren die Anrechnungsvoraussetzungen objektiv nicht erfüllt.

Nach der BGH-Rechtsprechung sind anrechenbare Abzugsbeträge strafrechtlich nur zu berücksichtigen, wenn die Anrechnungsvoraussetzungen vorliegen. Das ist mangels Bescheinigung nicht der Fall. Daher mindert der einbehaltene Zinsabschlag nicht die Höhe der verkürzten Steuern zugunsten des Hinterziehers. Auch beim Tafelgeschäft wird auf Verlangen eine Steuerbescheinigung ausgestellt. Dies unterbleibt aber meist, da der Anleger mit der Vorlage beim Finanzamt aus seiner selbst gewählten Anonymität heraustritt. Deshalb darf er mit den Folgen des von ihm selbst geschaffenen Risikos belastet werden.

Steuerberaterhinweis:

Im Rahmen der Abgeltungsteuer unterliegen Tafelgeschäfte nur noch dem regulären Satz von 25 v.H.

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