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Verluste sind durch einen günstigen Veräußerungszeitpunkt möglich

Zwei Urteile beschäftigen sich damit, ob Verluste bei der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften berücksichtigt werden können, wenn die Anteile nahezu wertlos sind.

Verkauf an Angehörige

Die Erzielung eines Verlusts nach § 17 EStG ist auch dann kein Gestaltungsmissbrauch, wenn die verkauften Anteile an der GmbH oder der AG nahezu wertlos sind. Nach einem Urteil des Saarländischen FG muss der Verkäufer seine Verhältnisse steuerlich nicht so ungünstig wie möglich gestalten. Daher kann er einen Verlust auch zu einem Zeitpunkt geltend machen, der ihm steuerlich am günstigsten erscheint. Der Gesetzgeber hat in § 17 Abs. 2 S. 4 EStG definiert, welche Vorgänge steuerlich nicht anzuerkennen sind. Das führt dazu, dass darüber hinausgehend ein Gestaltungsmissbrauch höchstens in extremen Ausnahmefällen vorliegt.

Im Urteilsfall hatte der Ehemann die Anteile kurz vor dem Wegzug ins Ausland an seine Gattin verkauft, da er den Verlust nach damaligem Recht sonst nicht mehr hätte geltend machen können. Der Verlust ist abziehbar, wenn der Verkauf einem Fremdvergleich standhält. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die anderen Gesellschafter von ihrem vertraglichen Vorkaufsrecht keinen Gebrauch machen und sich der geringe Kaufpreis aus der Ertragsentwicklung der Körperschaft ableiten lässt. Hieraus lässt sich der Schluss ziehen, dass der Verkauf zu einem Euro wirtschaftlich sinnvoll ist.

Ein Missbrauch nach § 42 AO ist gegeben, wenn eine rechtliche Gestaltung durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist. Dies liegt aber nicht vor, wenn ein Vorgang ausschließlich wegen seiner steuerlichen Auswirkungen verwirklicht wird. Beispiele hierfür sind die Heirat Ende Dezember zur Erreichung des Splittingtarifs oder Schenkungen im 10-Jahres-Rhythmus zur Ausnutzung der Freibeträge. Ein Missbrauch liegt auch dann nicht vor, wenn § 17 EStG zeitlich günstig ausgenutzt wird. Denn die Vorschrift schreibt einem Anteilseigner nicht vor, wann er seinen Verlust steuerwirksam zu realisieren hat.

Veräußerung vor Gesetzesänderung

Für den BFH liegt kein Gestaltungsmissbrauch vor, wenn Verluste unmittelbar vor Inkrafttreten des Halbeinkünfteverfahrens realisiert worden sind und der Verlust somit noch in voller Höhe zu berücksichtigen war. Im Urteilsfall veräußerten die Gesellschafter einer wirtschaftlich schwächelnden GmbH kurz vor der Gesetzesänderung ihre zum Privatvermögen gehörenden Anteile mit Verlust an eine eigens dafür gegründete beteiligungsidentische GmbH, deren Zweck ausschließlich das Halten der übertragenen Beteiligung war.

Der BFH hält fest, dass die steuerliche Realisierung eines wirtschaftlich entstandenen Verlusts grundsätzlich nicht missbräuchlich ist, weil die Saldierung von Verlusten mit positiven Einkünften zur Verwirklichung des Leistungsfähigkeitsprinzips erforderlich ist. Daher liegt auch dann kein Fall des § 42 AO vor, wenn im Hinblick auf künftig geltende steuerlich nachteilige neue Regelungen die bisherigen gesetzlichen Möglichkeiten durch gezielte Maßnahmen noch ausgeschöpft werden. Zudem ist die gezielte Einschaltung einer Kapitalgesellschaft als steuerliche Abschirmwirkung kein Gestaltungsmissbrauch, sodass hierfür keine wirtschaftliche Rechtfertigung notwendig ist. Denn die Abschirmung der Vermögenssphäre einer GmbH gegenüber ihren Anteilseignern bewirkt, dass eine eigenständige Leistungsfähigkeit entsteht.

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