Luisenstraße 32
53129 Bonn
Tel.: (0228) 91 17 30

Veräußerung einer GmbH-Beteiligung gegen Leibrente

Für den Steuerberater beinhaltet die Beurteilung des Verkaufs einer GmbH-Beteiligung einige Problemfelder. Erfolgt der Anteilsverkauf nicht gegen eine Einmalzahlung sondern gegen eine Leibrente gilt: Bei der Veräußerung einer Beteiligung i.S.v. § 17 EStG und der Wahl der Zuflussbesteuerung richtet sich die Besteuerung nach dem im Zeitpunkt des Zuflusses geltenden Recht.

Sachverhalt

Im Streitfall war der Steuerpflichtige seit 1997 zu mehr als 25 % an einer Aktiengesellschaft beteiligt. Mit Verträgen von September 1999 und Juni 2000 veräußerte er die Aktien gegen Leibrenten. Dabei machte er von dem Wahlrecht Gebrauch, die Rentenzahlungen als nachträgliche Betriebseinnahmen (§ 15 i.V.m. § 24 Nr. 2 EStG) zu behandeln (R 140 Abs. 7 i.V.m. R 139 Abs. 11 EStR 2001). Im Streitjahr (2004) flossen dem Steuerpflichtigen aus den Verträgen Einnahmen von rund 400.000 EUR zu. Bei der Veranlagung erklärte er jedoch lediglich Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von rund 200.000 EUR und gab zur Begründung an, die Einnahmen unterlägen dem Halbeinkünfteverfahren. Das Finanzamt erfasste die Einnahmen hingegen in voller Höhe und verwies auf eine Regelung im BMF-Schreiben vom 3.8.2004 (BStBl I 04, 1187), wonach das Halbeinkünfteverfahren auf Leibrentenzahlungen nur anwendbar sei, wenn es auch im Fall der Sofortversteuerung zur Anwendung gekommen wäre. Das war bei Veräußerungen in den Jahren 1999 und 2000 jedoch nicht der Fall.

Entscheidung

Der BFH entschied, dass für die Besteuerung von Einnahmen die materielle Rechtslage im Zeitpunkt des Zuflusses (§ 11 Abs. 1 EStG) maßgebend ist. Dem steht – anders als Finanzamt und Finanzgericht angenommen haben – nicht entgegen, dass die Gewinnermittlung nach § 17 Abs. 2 EStG eine Stichtagsbetrachtung erfordert. Denn mit der fakultativen Wahl der Zuflussbesteuerung (bei den Einkünften i.S. von § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG) ist der Stichtagsbetrachtung nicht nur punktuell, sondern generell der Boden entzogen.

Der Übergang zur Zuflussbesteuerung hat daher nicht nur Auswirkungen auf den Zeitpunkt der Besteuerung, sondern auch auf den Realisationszeitpunkt. Der Veräußerungsgewinn entsteht in diesem Fall nicht bereits im Zeitpunkt der Veräußerung, sondern sukzessive mit dem Zufluss jeder einzelnen Zahlung nach Überschreiten der Gewinnschwelle. Bis zum Erreichen der Gewinnschwelle (vollständige Verrechnung der Anschaffungs- und Veräußerungskosten) ist ein Gewinn ebenfalls noch nicht entstanden.

Im Streitfall kam auch das Halbeinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c Satz 1 EStG) sachlich und zeitlich zur Anwendung. Denn § 3 Nr. 40 EStG behandelt die Ausschüttung und die Veräußerung der Anteile gleich, weil die Veräußerung wie die Liquidation in wirtschaftlicher Hinsicht einer Vollausschüttung entspricht. Der Gewinn aus der Veräußerung einer Beteiligung wird von der Vorschrift deshalb auch dann erfasst, wenn er abweichend von der Regel wie ein laufender Ertrag zu erfassen ist.

Steuerberater Hinweis

§ 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c Satz 1 EStG ist bei einer Veräußerung gegen Leibrente und Wahl der Zuflussbesteuerung anwendbar, obwohl die Veräußerung vor Einführung des Halbeinkünfteverfahrens stattgefunden hat, wenn im Zeitpunkt des Zuflusses für laufende Ausschüttungen aus der Gesellschaft das Halbeinkünfteverfahren anwendbar gewesen wäre. Laufende Ausschüttungen aus der veräußerten Gesellschaft wären im Streitjahr 2004 jedoch nur zur Hälfte steuerpflichtig gewesen.

Fundstelle: BFH 18.11.14, IX R 4/14
 

© 2024 Kanzlei Arndt | infokanzlei-arndtcom