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Umsatzsteuer: Vorsteuerabzug bei gemischt genutzten Grundstücken

Seit dem Seeling-Urteil des EuGH aus dem Jahr 2003 gilt es im Rahmen der Beratung durch Steuerberater/Rechtsanwalt als liquiditätsschonend, ein auch anteilig privat bewohntes Gebäude vollständig dem Unternehmen zuzuordnen. Dabei kann die Vorsteuer aus der Anschaffung und Herstellung sofort in voller Höhe abgezogen werden und die unentgeltliche Wertabgabe muss erst über zehn Jahre zeitversetzt erfasst werden.

Diesen Grundsatz haben EuGH und BFH auch auf Ehepaare übertragen, die ein in ihrem Miteigentum stehendes Wohngebäude errichten oder kaufen. Ist nur ein Partner als Unternehmer tätig und verwendet dieser einen Hausteil etwa als betriebliches Arbeitszimmer, so steht ihm der Vorsteuerabzug aus den bezogenen Bauleistungen anteilig zu. Gleiches gilt, wenn beide Gatten das Eigenheim getrennt unternehmerisch nutzen. Hierzu reicht eine an die Eigentümergemeinschaft ausgestellte Rechnung aus, um den Vorsteuerabzug für die einzelnen Beteiligten zu erhalten. Die Finanzverwaltung wendet diese Urteile dem Grundsatz nach in allen noch nicht bestandskräftigen Fällen an, was für die Praxis neben Vorteilen auch einige negative Konsequenzen hat.

Aufteilung des Grundstücks auf die Eigentümer

Ist bei einer Ehegattengemeinschaft nur ein Partner unternehmerisch tätig und verwendet dieser einen Hausteil ausschließlich für sein Unternehmen, steht ihm die Vorsteuer aus den bezogenen Bauleistungen maximal in Höhe seines Miteigentumsanteils zu. Dabei reicht es bei gemeinsamer Auftragserteilung durch die Gemeinschaft aus, dass diese einem der Beteiligten Räume unentgeltlich überlässt. Umsatzsteuerrechtlich ist dann von einer einheitlichen Leistung an die Gemeinschaft auszugehen. Lediglich für Zwecke des Vorsteuerabzugs ist jeder unternehmerische Partner als Leistungsempfänger anzusehen. Damit steht dem einzelnen Beteiligten der Vorsteuerabzug zu, wenn und soweit die Leistung für sein Unternehmen ausgeführt wurde. Nunmehr hat jeder einzelne Beteiligte – bezogen auf seinen Anteil am Miteigentum – ein Wahlrecht, inwieweit er seinen Miteigentumsanteil am teilweise unternehmerisch genutzten Gebäude seinem Unternehmen zuordnet. Das kann entweder vollständig, teilweise im Umfang der unternehmerischen Nutzung oder gar nicht erfolgen. Voraussetzung für die Zuordnung des Miteigentumsanteils ist allerdings, dass dieser zumindestens 10 v.H. für das Unternehmen genutzt wird. Nutzt nun beispielsweise die Ehefrau als Unternehmerin das ihr zur Hälfte gehörende eheliche Eigenheim mit 20 v.H. als Arbeitszimmer, kann sie insoweit den Vorsteuerabzug geltend machen. Alternativ kann sie auch ihre komplette Gebäudehälfte dem Unternehmen zuordnen und muss im Gegenzug dann für den privat bewohnten Teil nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG eine unentgeltliche Wertabgabe versteuern. Nutzt sie das Grundstück hingegen zu 60 v.H. der Gesamtfläche unternehmerisch, erfolgt die Zuordnung zwingend in Höhe ihres Miteigentumsanteils und somit mit 50 v.H. Auf den übersteigenden Teil kann sie keine Vorsteuer geltend machen.

Änderung der Nutzungsverhältnisse

Zwar bringt der sofortige Vorsteuerabzug aus den Herstellungskosten, den laufenden Kosten sowie auch beim Bezug von sonstigen Leistungen Liquiditätsvorteile, die unentgeltliche Wertabgabe ist jedoch mit 19 v.H. zu erfassen. Da dies bei den Herstellungskosten über den Zeitraum von zehn Jahren erfolgt, kann das Gestaltungsmodell schnell ins Negative kippen, vor allem bei einer Nutzungsänderung. Bislang galt hier als Lösung, das Haus steuerfrei zu verkaufen, während die Grundstücksentnahme nach A 71 Abs. 1 UStR steuerpflichtig ist. Nunmehr geht die Verwaltung generell von einer Entnahme aus, sodass sich die Steuerpflicht zu 19 v.H. nicht vermeiden lässt:

  • Wird der dem Unternehmen zugeordnete Gebäudeteil später nichtunternehmerisch genutzt, ist darin eine Entnahme zu sehen, die gemäß § 3 Abs. 1b UStG der Besteuerung unterliegt.
  • Wird der sich im Miteigentum befindliche Hausteil durch die Gemeinschaft veräußert, geht dem Verkauf zwingend eine Entnahme aus dem Unternehmen des Beteiligten voraus. Damit wird der Verkauf ebenfalls unter § 3 Abs. 1b UStG erfasst und kann nicht mehr steuerfrei erfolgen.

Im Fall des Arbeitszimmers bedeutet dies, dass ein Teil der zuvor geltend gemachten Vorsteuer innerhalb von zehn Jahren rückgängig gemacht wird, sollte der Raum nicht mehr entsprechend genutzt werden. Insoweit relativiert sich der Vorteil aus dem neuen Gestaltungsmodell bei gemeinschaftlichem Hausbesitz.

Formale Voraussetzungen zum Vorsteuerabzug

Enthält die Eingangsrechnung alle Pflichtangaben, reicht es für den Vorsteuerabzug aus, wenn sie an die Gemeinschaft mit vollständigem Namen und Anschrift adressiert ist. Der einzelne Beteiligte muss lediglich im Rahmen seiner Pflichten nach § 22 UStG Aufzeichnungen führen, aus denen sich Name und Anschrift der übrigen Gemeinschafter sowie deren Besitzanteile ergeben. Hierzu muss er die Originalrechnung behalten. Sofern diese für mehrere Personen zum Vorsteuerabzug benötigt wird, muss einer das Original und die übrigen Unternehmer eine Kopie der Rechnung aufbewahren. Haben zum Beispiel beide Partner ein unternehmerisches Büro im ansonsten selbst bewohnten Eigenheim, machen beide die anteilige Vorsteuer aus der Gemeinschaftsrechnung geltend und einer bewahrt das Original und einer eine Kopie der Rechnung auf.

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