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Thema September 2008: Erbrecht, Erbschaftsteuer: Hinweise zu Rechtsänderungen und Rechtsprechung

Geplante Rechtsänderungen sowie aktuelle Urteile aus dem Bereich des Erbrechts und der Erbschafsteuer sind Anlass genug, einige Hinweise für die Beratung durch den Steuerberater/Rechtsanwalt zu geben.

I. Ausscheiden eines Gesellschafters kann höhere Steuerbelastung auslösen

Scheidet ein Gesellschafter durch Einziehung seines Gesellschaftsanteils aus der Gesellschaft aus und liegt sein Abfindungsanspruch unter dem Steuerwert seiner Beteiligung, stellt die Differenz eine freigebige Zuwendung an die verbleibenden Beteiligten dar. Diese Steuerpflicht nach § 7 Abs. 7 ErbStG ist nicht neu, spielte aber in der Praxis des Steuerberaters/Rechtsanwalts bislang kaum eine Rolle, da eine Abfindung unter dem Buchwert eher die Ausnahme ist und zudem die Gefahr der Sittenwidrigkeit beinhaltet.

Im Rahmen der Erbschaftsteuerreform wird diese Vorschrift aber zunehmend an Bedeutung gewinnen.

Maßgebend ist dann der Differenzbetrag zwischen dem Abfindungsbetrag und dem Verkehrswert des Anteils. Zwar ist künftig ein Bewertungsabschlag von 85 v.H. auf das Betriebsvermögen geplant. Veräußert aber einer der verbleibenden Gesellschafter seinen Anteil innerhalb von zehn Jahren, kommt es zu einer Nachversteuerung.

Wenn das Fallbeilprinzip bei den Verschonungsregeln entfällt, wird die Steuer auf den noch verbliebenen Zeitraum berechnet.

Bei größeren Gesellschaften löst dies eine derzeit kaum beachtete zusätzliche Belastung aus.

Die unentgeltliche Zuwendung wird unabhängig davon erfasst, aus welchem Grund ein Gesellschafter ausscheidet. Ausschlaggebend ist alleine der Umstand, dass die Höhe der Abfindung unter dem Steuerwert des Anteils liegt. Auf den Bereicherungswillen kommt es hiernach nicht an. Betroffen sind sowohl Anteile an einer Personengesellschaft als auch an einer Kapitalgesellschaft.

II. Insolvenz gilt als schädliche Verwendung

Der derzeitige Freibetrag und Bewertungsabschlag für Betriebsvermögen nach § 13a ErbStG entfallen rückwirkend, wenn innerhalb der Behaltensfrist von fünf Jahren nach dem Erbanfall das Insolvenzverfahren über das Betriebsvermögen eröffnet worden ist. Nach zwei aktuellen Urteilen des FG Münster führt das zu keiner sachlichen Unbilligkeit in Hinsicht auf die Erbschaftsteuernachforderung, auch wenn der Firmennachfolger an der Insolvenz keine Schuld trägt und er unter erheblichem Einsatz weiteren Vermögens versucht hat, die Insolvenz abzuwenden. Im zugrunde liegenden Fall wurde über den Betrieb rund viereinhalb Jahre nach dem Erbfall das Insolvenzverfahren eröffnet und in diesem Zusammenhang das Betriebsvermögen an einen Investor veräußert.

Nach der BFH-Rechtsprechung entfällt die Steuerbefreiung unabhängig davon, aus welchen Gründen das begünstigte Betriebsvermögen veräußert oder aufgegeben wird. Ein Erlass der Steuernachforderung kommt insoweit nicht in Betracht. Zudem wird bei der Erbschaftsbesteuerung derzeit nicht der Verkehrswert des Betriebsvermögens, sondern ein deutlich niedrigerer Wertansatz berücksichtigt. Deshalb besteht kein Anlass, bei Aufgabe des Betriebs zusätzliche Vergünstigungen zu gewähren.

Steuerberaterhinweis:

Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt. Der Ausgang ist auch in Hinsicht auf die anstehende Erbschaftsteuerreform von großer Bedeutung. Hiernach soll es verbesserte Privilegien für das Betriebsvermögen geben, sofern deutlich verlängerte Haltefristen eingehalten werden. Sofern auch hier eine schädliche Verwendung kurz vor Fristablauf zum Wegfall der Begünstigung führt, ist bei der Nachversteuerung zu beachten, dass das Betriebsvermögen künftig mit dem Verkehrswert zu bewerten ist.

III. Ansatz von Vermögen im EU-Ausland ist nach Inlandsgrundsätzen möglich

Die Finanzverwaltung wendet nun in allen offenen Fällen die EuGH-Rechtsprechung an, wonach der Ansatz von in anderen Mitgliedstaaten belegenem Vermögen mit dem gemeinen Wert gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstößt. Das gilt für Immobilien, Betriebe, landwirtschaftliches Vermögen und Anteile an nicht börsennotierten Kapitalgesellschaften sowie geschlossenen Auslandsfonds gleichermaßen.

Dieses Auslandsvermögen ist mit dem vergleichbaren Wert anzusetzen, der sich nach den Bewertungsvorschriften für Inlandsvermögen ergäbe. Sofern wichtige Daten wie Bodenrichtwerte oder die Ertragsmesszahl fehlen, wird der Steuerwert im Wege der Schätzung ermittelt. Beim Betriebsvermögen dürfen zudem die Vergünstigungen der §§ 13a und 19a ErbStG berücksichtigt werden.

Dies hat Auswirkung auf noch nicht bestandskräftige Erbschaft- und Schenkungsteuerbescheide sowie noch bis zum Inkrafttreten der Erbschaftsteuerreform verwirklichte Zuwendungen. Die Rechtsfrage ist nicht von der Vorläufigkeit der Erbschaftsteuerbescheide abgedeckt. Die Verwaltung überträgt das Urteil nicht auf Drittländer, obwohl der vom EuGH festgestellte Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit auch außerhalb des Gemeinschaftsgebiets behoben werden muss. Zu beachten ist jedoch, dass auf ausländischem Grundbesitz lastende Verbindlichkeiten nicht mehr in voller Höhe, sondern nur noch anteilig zum Steuerwert abgezogen werden können.

Steuerberaterhinweis:

Bei geerbtem Vermögen aus Österreich ab dem 1.8.2008 wirkt sich das Urteil ebenfalls positiv aus. Da dort die Erbschaftsteuer entfallen ist, wurde das DBA auf dem Gebiet der Erbschaftsteuer gekündigt.

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