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Thema September 2006: Steuerstrafrecht/Steuerfahndung: Steuerstrafrecht und Betriebsprüfung

Ergibt sich im Verlauf einer steuerlichen Betriebsprüfung/Außenprüfung für den Betriebsprüfer der Verdacht einer Steuerstraftat, ist er verpflichtet, den Sachverhalt zu erforschen. Dazu stehen ihm bei Gefahr im Verzuge alle unaufschiebbaren Anordnungen, wie etwa Beschlagnahmungen, Durchsuchungen, körperliche Untersuchungen bis hin zur vorläufigen Festnahme zur Verfügung.

Für den Rechtsanwalt/Steuerberater ist daher spätestens mit Vorliegen der Prüfungsanordnung zu prüfen, ob steuerstrafrechtliche Umstände beim Mandanten zur Diskussion stehen. Daran geknüpft ist die nachfolgende Prüfung der steuerlichen Selbstanzeige.

 

Die strafbefreiende Selbstanzeige

 

hat vor dem Erscheinen des Prüfers zu erfolgen, es sei denn, es handelt sich nur um eine leichtfertige Steuerverkürzung. In diesem Fall kann die Selbstanzeige auch noch während der Prüfung, jedenfalls aber vor der Bekanntgabe der Einleitung des Steuerstrafverfahrens oder Steuerordnungswidrigkeitsverfahrens erfolgen.

Bei Verdacht der Steuerhinterziehung

muss der Prüfer unverzüglich das Finanzamt für Straf- und Bußgeldsachen unterrichten.

Steuerstrafverfahren

Von dort wird dann unter Umständen ein Steuerstrafverfahren eingeleitet. Dem Steuerpflichtigen ist in diesem Fall vor Weiterermittlung durch den Betriebsprüfer die Einleitung des Strafverfahrens mitzuteilen. Dies geschieht vor dem Hintergrund, dass sich der Mandant ansonsten selbst belasten müsste, da er nach den steuerlichen Vorschriften verpflichtet ist, Auskünfte zu erteilen und Unterlagen vorzulegen.

Rechtsanwalt/Steuerberater beauftragen

Zu diesem Zeitpunkt sollte sofort zur Steuerstrafverteigung ein erfahrener Rechtsanwalt und Steuerberater mandatiert werden, um nicht wesentliche Nachteile zu erleiden.

Verwertungsverbot

Erfolgt keine Belehrung, unterliegen weitere Erkenntnisse durch den Prüfer einem Verwertungsverbot. Deshalb ist ab Bestehen eines Anfangsverdachts bis zur Bekanntgabe der Strafverfahrenseinleitung die Prüfung vollständig zu unterbrechen. Ein Anfangsverdacht besteht immer dann, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Steuerstraftat vorliegen. Entscheidend ist, ob der Prüfer nach objektiven Maßstäben einen solchen Verdacht haben muss.

Unzulässigkeit von Zwangsmitteln

Wird dem Steuerpflichtigen die Einleitung des Steuerstrafverfahrens bekannt gegeben, so hat darüber hinaus zeitgleich eine Belehrung hinsichtlich der Unzulässigkeit von Zwangsmitteln zu erfolgen, soweit dazu Anlass besteht. Die Anwendung von Zwangsmitteln - insbesondere zur Durchsetzung von steuerlichen Mitwirkungspflichten – darf nämlich nicht dazu führen, dass Steuerpflichtige in die Lage käme, sich selbst wegen einer von ihm begangenen Steuerstraftat zu belasten. Fehler im Zusammenhang mit der Belehrung führen zu einem steuerstrafrechtlichen Verwertungsverbot.

Schätzung von Besteuerungsgrundlagen

Zu beachten ist, dass in einem solchen Fall ohne die Mitwirkung des Mandanten eine Schätzung grundsätzlich zulässig ist, auch wenn der Mandant die Mitwirkung wegen der Gefahr der Selbstbelastung verweigert. Die Schätzung ist rechtmäßig, wenn sie auf zutreffenden Schätzungsgrundlagen beruht und das Schätzungsergebnis noch innerhalb der Bandbreite der Wahrscheinlichkeit liegt. Unzulässig ist allerdings die Annahme, die Mitwirkungsverweigerung wegen der Gefahr der Selbstbelastung seien Grundlage dafür, die Schätzung zwar noch innerhalb der Bandbreite der Wahrscheinlichkeit vorzunehmen, jedoch am äußersten Rand zum Nachteil des Steuerpflichtigen (Strafschätzung). Der Zwangssituation des Mandanten ist vielmehr Rechnung zu tragen durch den Ansatz von Mindestwerten. Auskünfte des Steuerpflichtigen in der Folgezeit in Bezug auf die Höhe der Schätzung unterliegen ebenfalls dem strafrechtlichen Verwertungsverbot.

Steuerstrafrechtlicher Hinweis durch Betriebsprüfung

Der Betriebsprüfung steht ferner die Möglichkeit des strafrechtlichen Hinweises zur Verfügung. Der Rechtsanwalt/Steuerberater hat in dieser Situation die unbedingte Pflicht zur Prüfung steuerstrafrechtlicher Sachverhalte. Führt die Prüfung zu dem Ergebnis, dass ein Steuerstrafverfahren hätte eingeleitet werden müssen, schließt sich die Prüfung etwaiger Verwertungsverbote an. Über eine Akteneinsicht kann sich der Rechtsanwalt/Steuerberater zu diesem Zeitpunkt ggf. bessere Kenntnis verschaffen.

Hinsichtlich des Verwertungsverbots ist zu beachten, dass dieses entfällt für Angaben des Steuerpflichtigen, die er nach seiner Belehrung über seine Stellung als Beschuldigter und der Unzulässigkeit der Anwendung von Zwangsmitteln zur Durchsetzung von steuerlichen Mitwirkungspflichten macht oder die er in Anwesenheit seines Verteidigers macht, auch wenn die Belehrung nicht oder nicht vollständig erfolgt war. Auch der Steuerberater des Beschuldigten kann Verteidiger sein, wenn er formal die Stellung eines Verteidigers einnimmt.

Steuerfahndung

Ist das Steuerstrafverfahren eingeleitet, muss der Rechtsanwalt/Steuerberater damit rechnen, dass die Steuerfahndung Maßnahmen gegen den Mandanten einleitet. Insofern können Zeugen vernommen werden und Beschlagnahmungen bei dem Betroffenen und bei Dritten durchgeführt werden. Die Steuerfahndung kann bei entsprechendem behördlichem Auftrag auch als Außenprüfung tätig werden. dabei gelten alle Formalien der Betriebsprüfung, wie z. B. die Prüfungsanordnung.

Verjährung

Der Rechtsanwalt/Steuerberater hat darauf zu achten, dass strafprozessuale Mittel zur Erforschung des Sachverhalts nur zur Aufklärung der Besteuerungsgrundlagen innerhalb des noch strafbefangenen Fünf-Jahres-Zeitraums angewendet werden dürfen. Eine Aufklärung darüber hinaus zur Erlangung von Kenntnissen rein steuerschuldrechtlicher Natur ist unzulässig. Insoweit gelten ausschließlich die steuerlichen Verfahrensbestimmungen.

Kontrollmitteilungen

m Verlauf einer Betriebsprüfung kann der Prüfer Kontrollmitteilungen fertigen. Hierüber ist der Steuerpflichtige vor der Anfertigung und der Verwendung zu informieren. Ggf. kann er das Rechts des Verbots der Kontrollmitteilung geltend machen. Wird der Mandant über die Fertigung von Kontrollmitteilungen nicht oder nicht rechtzeitig vor der Verwendung informiert, hat sich die Betriebsprüfung rechtswidrig Kenntnis von Tatsachen verschafft mit der Folge des strafrechtlichen und steuerrechtlichen Verwertungsverbots. Der Rechtsanwalt/Steuerberater muss den Mandanten auf jeden Fall darüber informieren, dass er zur Unterrichtung der von der Kontrollmitteilung erfassten Person berechtigt ist. Dies ist besonders bei betroffenen Geschäftspartnern von Bedeutung, um die Geschäftsbeziehung nicht nachhaltig zu belasten oder gar Schadensersatzforderungen zu vermeiden. Auf diesem Wege gibt man dem Betroffenen ferner die Möglichkeit, noch rechtzeitig und wirksam Selbstanzeige wegen etwaiger Teilnahme an Steuerhinterziehungen zu erstatten.

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