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Thema Mai 2009: Erbschaftsteuer / Schenkungsteuer: Aktuelle Entscheidungen

Regelmäßig informieren wir an dieser Stelle über relevante Entscheidungen der Gerichte im Rahmen der Erbschaftsteuer, Schenkungsteuer sowie des Erbrechts. Die beiden Urteile, die der Rechtsanwalt/Steuerberater in diesem Monat unbedingt kennen muss, befassen sich zum einen mit einer unwirksam angeordneten Schenkung und zweitens mit der steuerschädlichen Verwendung von Betriebsvermögen.

1. Eine unwirksam angeordnete Schenkung führt zur Nachlassverbindlichkeit

Erfüllt ein Erbe ein Schenkungsversprechen, das der Verstorbene noch zu Lebzeiten mündlich abgegeben hat, ist dies als Nachlassverbindlichkeit zu berücksichtigen. Ein notariell nicht beurkundetes Schenkungsversprechen ist zwar formunwirksam. Nach Auffassung des Hessischen FG wird dieser Mangel aber zivilrechtlich nach § 518 Abs. 2 BGB durch die Erfüllung des Erben geheilt. Diese Heilung ist auch steuerlich zu beachten. Ausreichend ist, wenn die versprochene Leistung noch nach dem Tod durch den Erben als Gesamtrechtsnachfolger aus dem Nachlass bewirkt wird.

Dieser Fall unterscheidet sich nicht von der Erfüllung eines formunwirksamen Vermächtnisses durch den Erben. Hier hatte der BFH bereits entschieden, dass sich die Besteuerung nach dem wirtschaftlichen Ergebnis des Vollzugs richtet. In beiden Fällen hat es der Erbe selbst in der Hand, ob er den zivilrechtlich unwirksamen Wunsch des Verstorbenen umsetzt. Mit dem Abzug als Nachlassverbindlichkeit gemäß § 10 Abs. 5 ErbStG soll nur die tatsächliche Bereicherung des Erben besteuert werden. Das gilt sowohl für sittliche Verpflichtungen als auch die Erfüllung formunwirksamer Vermächtnisse und Schenkungsversprechen.

Steuerberaterhinweis:

Der Ansatz als Nachlassverbindlichkeit gilt faktisch sogar noch für ein mündlich auf dem Sterbebett angeordnetes Vermächtnis oder Schenkungsversprechen, sofern dies anschließend tatsächlich umgesetzt wird. Die Steuer auf den Erwerbstatbestand entsteht dabei noch nicht mit dem Tod des Erblassers, sondern erst später mit der Erfüllung des geäußerten Wunsches. Auf der Gegenseite tritt dann für den Verpflichteten ein rückwirkendes Ereignis nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO ein.

Fundstellen: Hessisches FG 9.12.08, 1 K 1709/06 BFH 15.3.00, II R 15/98, BStBl II 00, 588; 28.3.07, II R 25/05, BStBl II 07, 461

2. Steuerschädliche ­Verwendung von Betriebsvermögen

Zwei aktuelle FG-Urteile beschäftigen sich mit der Frage, wann die Begünstigung des Betriebsvermögens nach § 13a ErbStG entfällt. Die negativen Folgen gelten sowohl für das alte als auch das neue Recht ab 2009.

Bezahlte Schenkungsteuer gilt als schädliche Entnahme

Freibetrag und Bewertungsabschlag für unentgeltlich zugewendetes Betriebsvermögen entfallen nach § 13 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG a.F. rückwirkend, soweit der Erwerber als Inhaber innerhalb von fünf Jahren Überentnahmen von mehr als 52.000 EUR tätigt. Im Rahmen dieses Nachversteuerungstatbestandes sind auch Entnahmen zu berücksichtigen, die zur Zahlung der Erbschaftsteuer getätigt werden müssen.

Nach einem Urteil des FG Münster ist es unerheblich, aus welchem Grund dem Betrieb Mittel für private Zwecke entzogen werden. Dies ergibt sich aus R 65 Abs. 1 ErbStR. Dem Gesetzgeber war bewusst, dass Entnahmen oftmals zur Bezahlung von Erbschaft- oder Schenkungsteuer getätigt werden. Dennoch gibt es hierfür keine Ausnahmeregelung. Der Nachversteuerungstatbestand tritt unabhängig davon ein, aus welchen Gründen das begünstigt erworbene Vermögen veräußert oder der Betrieb aufgegeben wird. Bei Überentnahmen kommt es daher nicht auf die Motive an und insbesondere nicht darauf, wofür die Mittel verwendet werden. Da gegen das Urteil Revision eingelegt wurde, können entsprechende Fälle über einen Einspruch offengehalten werden.

Die Regeln zur Überentnahme gelten auch nach der Erbschaftsteuer­reform ab 2009 weiter. Nach § 13a Abs. 5 Nr. 3 ErbStG n.F. entfallen der Verschonungsabschlag sowie der Abzugsbetrag, wenn der Erwerber als Unternehmer, Freiberufler oder Personengesellschafter innerhalb der siebenjährigen Haltefrist Entnahmen tätigt, die die Summe seiner Einlagen und seiner ihm zuzurechnenden Gewinne um mehr als 150.000 EUR übersteigen.

Keine Vergünstigung bei zwangsweisem Verkauf

Zu einer Nachversteuerung wegen schädlich verwendetem Betriebsvermögens kommt es auch dann, wenn ein erst sechs Jahre alter Erbe keine andere Möglichkeit hatte, als die geerbte Arztpraxis zu verkaufen. Nach einem aktuellen Urteil des FG Köln entfällt die Steuerbefreiung unabhängig davon, aus welchen Gründen der begünstigt erworbene Betrieb veräußert oder aufgegeben wird. Auch wenn der Erbe keinen Entscheidungsspielraum hat, ändert das nichts daran, dass bei der schädlichen Verwendung auf Motivforschung verzichtet wird.

Zwar war die fristgerechte Ausschreibung des Vertragsarztsitzes die einzige Möglichkeit, das geerbte Vermögen zu realisieren und die Arbeitsplätze zu erhalten. Dieses Förderungsziel wird aber objektiv verfehlt, wenn der Betrieb innerhalb der gesetzlich festgelegten Frist veräußert oder aufgegeben wird. Denn mit § 13a ErbStG will der Gesetzgeber die Betriebsfortführung und mit ihr die Arbeitsplatzerhaltung nicht schlechthin, sondern nur in der Person des Erwerbers begünstigen.

Hinweis für den Rechtsanwalt/Steuerberater:

Diese Entscheidung zeigt deutlich, dass es dem Erwerber von freiberuflichem Vermögen oft gar nicht möglich ist, die Haltefristen einzuhalten. Insoweit kommt es durch die Erbschaftsteuerreform zu einer Bemessungsgrundlage auf Basis der Verkehrswerte. Nach altem Recht konnten noch die Buchwerte ohne stille Reserven angesetzt werden. Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt. Vergleichbare Fälle können ruhen.

Fundstellen: Schenkungsteuer: FG Münster 21.8.08, 3 K 4920/06 Erb, Revision unter II R 63/08 BFH 16.2.05, II R 39/03, BStBl II 05, 571; 21.3.07, II R 19/06, BFH/NV 07, 1321 Arztpraxis: FG Köln 18.12.08, 9 K 2414/08, EFG 09, 422, Revision unter II R 3/09 BFH 16.2.05, II R 39/03, BFH/NV 05, 1449  

 

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