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Thema Mai 2008: Jahressteuergesetz 2009 – Überblick über viele geplante Änderungen

Der Referentenentwurf zum Jahressteuergesetz 2009 beinhaltet wie die Versionen der Vorjahre ein Bündel von Einzelmaßnahmen. Diese gelten zum Teil schon für 2008 oder sogar bereits in allen noch offenen Fällen. Hier besteht bereits jetzt Planungs- und Gestaltungspotenzial für den Unternehmer/Steuerpflichtigen, welches mit dem Rechtsanwalt/Steuerberater beraten und umgesetzt werden sollte. Nachfolgend stellen wir wesentliche Punkte im Überblick vor:

• Der Übungsleiterfreibetrag des § 3 Nr. 26 EStG soll aufgrund der EuGH-Rechtsprechung in offenen Fällen auch dann gewährt werden, wenn eine Person für eine Körperschaft mit Sitz im EU- oder EWR-Raum tätig wird. Diese räumliche Erweiterung gilt dann auch für die Anwendung des Freibetrags für nebenberufliche Tätigkeiten nach § 3 Nr. 26a EStG in Höhe von 500 EUR.

• Nach einem neuen § 3 Nr. 34 EStG sollen zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers zur betrieblichen Gesundheitsförderung ab 2008 bis zu jährlich 500 EUR steuerfrei bleiben. Hierunter fallen auch Barzahlungen an Arbeitnehmer, die diese für extern durchgeführte Maßnahmen aufwenden. Nicht gefördert wird hingegen der Beitrag für Sportvereine und Fitnessstudios.

• Schulgeldzahlungen an überwiegend privat finanzierte Schulen müssen aufgrund der EuGH-Rechtsprechung innerhalb des EU-/EWR-Raums gleich behandelt werden. Dieser Grundsatz wird im neuen § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG umgesetzt. Berücksichtigt werden auch Schulgeldzahlungen an Deutsche Schulen in Drittländern. Dafür soll ab 2008 ein Höchstbetrag von 3.000 EUR eingeführt werden. Der sinkt 2009 auf 2.000 EUR und 2010 auf 1.000 EUR. Anschließend tritt die Vorschrift außer Kraft. Schuldgeldzahlungen sind also ab 2011 nicht mehr als Sonderausgaben abziehbar. Für alle noch nicht bestandskräftigen Steuerfestsetzungen vor 2008 sollen die Zahlungen an Auslandsschulen im Rahmen einer Übergangregelung abgezogen werden können.

• In § 15a EStG soll ein neuer Abs. 1a eingeführt werden. Nachträgliche Einlagen sollen weder verrechenbare Verluste der Vorjahre in ausgleichsfähige Verluste umqualifizieren noch Ausgleichsvolumen in künftigen Jahren schaffen können. Bei negativen Kapitalkonten führen Einlagen also nur noch insoweit zu einem Ausgleichsvolumen, als es sich um Verluste des Wirtschaftsjahres der Einlage handelt. Die Vorschrift gilt für Einlagen nach dem Tag der Gesetzesverkündung.

• Einnahmen aus Stillhaltergeschäften, die bisher von § 22 Nr. 3 EStG erfasst werden, fallen ab dem 1.1.2009 unter die Einkünfte aus Kapitalvermögen gem. § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG. Entsprechend einer Übergangsregelung sollen Alt-Verluste aus Stillhaltergeschäften nach § 22 Nr. 3 EStG bis 2013 als Verlustvortrag mit erhaltenen Optionsprämien unter der Abgeltungsteuer verrechnet werden können.

• Nach einem neuen § 22a Abs. 4 EStG soll die Deutsche Rentenversicherung Bund ab 2009 bei den Versicherungen prüfen können, ob die Mitteilungspflichten nach § 22a EStG erfüllt und Rentenbezugsmitteilungen korrekt übermittelt wurden.

• Durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 wurde bei ab 2009 angeschafften Wirtschaftsgütern, aus deren Nutzung sonstige Einkünfte erzielt werden, die Spekulationsfrist auf zehn Jahre verlängert. Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns sollen die bis zum Verkauf geltend gemachten AfA-Beträge – wie z.B. bei Immobilien – wieder hinzuzurechnen sein. Diese Gesetzeslücke wird nun geschlossen.

• Die Schwellenwerte für die Festsetzung von Einkommensteuer-Vorauszahlungen sollen ab 2009 erhöht werden, um Bagatellfälle auszuschließen. Eine Festsetzung erfolgt dann erst bei mindestens 400 EUR pro Kalenderjahr, mindestens 100 EUR für einen Vorauszahlungszeitpunkt und mindestens 5.000 EUR für eine nachträgliche Erhöhung.

• Ab 2010 soll es über § 39f EStG ein neues Faktorverfahren für Ehegatten geben, um die hohe Lohnsteuerbelastung in der Steuerklasse V als Hemmschwelle für eine Beschäftigungsaufnahme zu vermeiden. Danach sollen Ehegatten die Steuerklassenkombination IV/IV plus Faktor wählen können. Bei jedem Ehegatten werden mindestens die ihm persönlich zustehenden steuerentlastend wirkenden Vorschriften beim Lohnsteuerabzug berücksichtigt. Mit dem Faktor wird die Lohnsteuer der Steuerklasse IV jedoch entsprechend der Wirkung des Splittingverfahrens gemindert . Wird dieses Faktorverfahren von den Ehegatten gewählt, besteht eine Pflichtveranlagung.

• Durch die neue Nr. 10 in § 49 Abs. 1 EStG soll die Besteuerung von Leistungen aus Pensionsfonds, -kassen und Direktversicherungen ab 2009 auf beschränkt Steuerpflichtige erweitert werden, soweit die Leistungen auf im Inland steuerfrei gestellten Beiträgen oder Zuwendungen beruhen.

• Der Steuerabzug bei beschränkt Steuerpflichtigen soll in § 50a EStG neu geregelt werden. Dem Steuerabzug unterliegen dann nicht mehr die Einkünfte sog. werkschaffender Künstler sowie die Einkünfte bestimmter Berufsgruppen (bislang in § 50a Abs. 4 S. 1 Nr. 2 EStG aufgezählt). Für die übrigen Personen sinkt der Steuersatz von 20 auf 15 v.H. bei Einkünften über 250 EUR. Der bisherige Staffeltarif entfällt. Sofern Betriebsausgaben oder Werbungskosten geltend gemacht werden, soll der Steuersatz auf den Nettobetrag 30 v.H. für natürliche Personen betragen.

• Die Steuerbefreiung in § 4 Nr. 14 UStG für ärztliche Berufe im Bereich der Humanmedizin soll an die Mehrwertsteuerrichtlinie angepasst werden. Ausgeklammert wird die Tätigkeit als klinischer Chemiker. Dafür sind Umsätze eines Arztes aus dem Betrieb eines Krankenhauses auch dann steuerfrei, wenn die Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 b) UStG nicht erfüllt sind. Allein maßgebend sind die Tätigkeiten im neuen § 4 Nr. 14 b) UStG.

• Nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 UStG sind Lieferungen von Gegenständen in Freihäfen steuerpflichtig, wenn sie an Unternehmer gehen, die nicht in vollem Umfang zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. Durch eine Ergänzung in § 6 UStG soll die Steuerpflicht ab dem Tag der Gesetzesverkündung auch für Lieferungen an in einer Freizone unternehmerisch tätige Abnehmer gelten, die diese Gegenstände für den Vorsteuerabzug ausschließende Ausgangsumsätze verwenden.

• § 15 AStG regelt die Hinzurechnung von Einkommen aus ausländischen Privatstiftungen. Damit wird das von der ausländischen Stiftung erzielte Einkommen dem unbeschränkt steuerpflichtigen Stifter oder Begünstigten unabhängig davon zugerechnet, ob er im jeweiligen Zeitraum tatsächlich Zuwendungen von der Stiftung erhalten hat. Ein neuer Abs. 6 des § 15 AStG soll diese Zurechnung ausschließen, wenn Stifter oder Begünstigte nachweisen, dass ihnen die Verfügungsmacht über das Stiftungsvermögen rechtlich und tatsächlich entzogen ist. Der Nachweis gelingt aber nur, wenn die Finanzbehörde eine Nachprüfungsmöglichkeit durch zwischenstaatliche Amtshilfe mittels Auskunftsaustausch hat.

• Das BVerfG hatte im März 2008 festgestellt, dass die Regeln im Bundesdatenschutzgesetz über Auskunftsrechte der Betroffenen auch für Bundesfinanzbehörden gelten. Für ein behördliches Ermessen bei der Entscheidung über die Auskunftserteilung sei verfassungsrechtlich kein Raum. Diese Vorgabe soll im neuen § 31c AO umgesetzt werden und gilt auch für Landesfinanzbehörden und Gemeinden bei der Verwaltung von Abgaben im Rahmen der AO.

• Es bleibt dabei, dass nur inländische gemeinnützige Einrichtungen von der Körperschaftsteuer befreit sind. In § 52 AO soll aber definiert werden, dass auch Tätigkeiten in nicht nur unbedeutendem Umfang im Ausland begünstigt sind, wenn sie der Förderung des Ansehens Deutschlands dienen. Daneben soll in § 51 S. 4 AO klargestellt werden, dass eine Körperschaft nicht gemeinnützig ist, wenn sie extremistisches Gedankengut fördert.

• Nach derzeit geltendem Recht steht § 146 Abs. 2 S. 1 AO einer Verlagerung der Buchführung ins Ausland entgegen. Nach einem neuen Abs. 2a soll die zuständige Finanzbehörde auf Antrag des Steuerpflichtigen bewilligen können, dass elektronische Bücher und sonstige erforderliche elektronische Aufzeichnungen in einem Mietgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft geführt und aufbewahrt werden. Die „Papierbuchführung“, insbesondere in Papierform benötigte Rechnungen für das UStG, müssen aber im Inland verbleiben, damit eine Umsatzsteuer-Nachschau möglich ist.

• Die steuerliche Festsetzungsfrist beträgt bei Hinterziehung zehn Jahre, bei Straftaten gilt über das Strafgesetzbuch eine fünfjährige Verfolgungsverjährungsfrist. Diese erhebliche Diskrepanz zwischen Steuerfestsetzungs- und Strafverfolgungsverjährung soll über eine abweichende Sonderregelung in § 376 AO aufgehoben werden. Die Fristverlängerung der Verfolgungsverjährung auf 10 Jahre gilt ab dem Tag nach der Gesetzesverkündung für Steuerstraftaten, die noch nicht verjährt sind. Damit verlängert sich künftig auch der Zeitraum für eine Selbstanzeige.

• Die Regeln für Investmentfonds sollen an die Abgeltungsteuer angepasst werden. Ein thesaurierter Gewinn aus nach 2008 erworbenen Zertifikaten zählt zu den Kapitaleinnahmen, sodass hier der Bestandsschutz entfällt. Ausländische Quellensteuern sollen direkt im Fonds bei der Abgeltungsteuer angerechnet werden. Bei Riester- oder Rürup-Policen soll der Gewinn aus der Umschichtung von Wertpapieren nicht der Abgeltungsteuer unterliegen. Dieser wird dann erst bei Auszahlung über § 22 EStG erfasst.

Erfahrungsgemäß tritt ein Jahressteuergesetz erst kurz vor Silvester in Kraft. Zwischen dem ersten Entwurf und dem letztendlich zustande gekommenen Gesetz bestehen daher zumeist große Unterschiede. Vor allem kommt im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens noch eine Reihe weiterer Änderungen hinzu. Insbesondere im Hinblick auf Gestaltungsüberlegungen vor der Abgeltungsteuer ist noch mit gesetzlichen Gegenreaktionen zu rechnen.

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