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Thema März 2008: Erbschaftsteuer/Schenkungsteuer; 1.Thema Auslandsvermögen 2.Thema Kettenschenkung

Zwei Gerichtsurteile geben diesen Monat Anlass zur näheren Betrachtung, da sie durchaus in der Gestaltungsberatung durch den Rechtsanwalt/Steuerberater grundlegende Themenbereiche aufgreifen:

Zum einen geht es in einer Entscheidung des EuGH um die Bewertung von Auslandsvermögen (Grundvermögen/Betriebsvermögen) im Fall der Schenkung oder der Erbschaft.

Im Rahmen der legalen Steueroptimierung kommt es verstärkt zu ausländischen Firmengründungen für Steuerinländer. Daneben geht es häufig um Grundvermögen in den sogenannten touristischen Gebieten, insbesondere Spanien, Schweiz, Italien oder USA. Wir weisen darauf hin, dass Auslandssachverhalte sowohl in der Gestaltungsberatung als auch im Rahmen der Deklaration abgeschlossener Sachverhalte stets einer eingehenden Beratung bedürfen.

Das zweite Urteil betrifft die Frage des Gestaltungsmissbrauchs bei Kettenschenkungen zur Nutzung von Freibeträgen.

Hier ist insbesondere die Änderung des § 42 der Abgabenordnung (AO) mit in eine Beratung der Mandanten einzubeziehen. Ferner macht dieser Fall erneut die Notwendigkeit der Beratung durch einen Rechtsanwalt und Steuerberater deutlich, da sowohl steuerliche Kenntnisse wesentlich sind als auch die präzise Ausgestaltung von Verträgen durch den Rechtsanwalt wichtig wird.

Es sei nochmals darauf higewiesen, dass eine Rechtsberatung (hierzu zählt u. A. die Ausarbeitung von Verträgen) durch Steuerberater berufsrechtlich nicht zuässig ist und der Mandant daher bei fehlerhafter Beratung ggf. keine Schadensersatzansprüche gegen den Steuerberater hat.

1. Verkehrswertansatz bei Auslandsvermögen verstößt gegen EU-Recht

Nach § 12 Abs. 6 ErbStG, § 31 BewG ist bei ausländischem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen sowie ausländischem Grund- und Betriebsvermögen stets der gemeine Wert die Bemessungsgrundlage der Erbschaftsteuer bzw. Schenkungsteuer.

Liegt der Besitz hingegen im Inland, kommt es im Regelfall zu einem deutlich günstigeren Ansatz über den Steuerwert. Zudem kann bei inländischem Betriebsvermögen über § 13a ErbStG ein Freibetrag und ein Bewertungsabschlag und über § 19a ErbStG eine günstigere Steuerklasse genutzt werden. Diese Regelung verstößt laut EuGH gegen die Kapitalverkehrsfreiheit. Bereits der BFH hatte in der Vorabentscheidung ähnliche Zweifel geäußert.

Im vorliegenden Fall ging es um geerbtes landwirtschaftliches Vermögen in Frankreich, das mit dem Verkehrswert und ohne Berücksichtigung der Vergünstigung für Betriebsvermögen nach § 13a ErbStG erfasst wurde.

Praxishinweise durch den Rechtsanwalt/Steuerberater:

Das Urteil ist bei Zuwendungen mit Auslandsbesitz seit 1996 anwendbar. Das vorherige ErbStG musste sich noch nicht am Gemeinschaftsrecht orientieren.

Da es mit Ausnahme von Österreich kein DBA mit Steuerfreistellung von unentgeltlichen Zuwendungen gibt, sind alle Vermögensübergaben jenseits der Grenze betroffen.

Da die Rechtsfrage nicht von der Vorläufigkeit der Erbschaftsteuerbescheide abgedeckt ist, gelingt der Ansatz nach inländischen Regeln nur in offenen Fällen, neben ausländischem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen auch für Grund- und Betriebsvermögen.

Anleger in geschlossene Immobilienfonds und gewerbliche Beteiligungen jenseits der Grenze können die günstigere Bewertung ebenfalls nutzen. Hier ist noch die Besonderheit zu beachten, dass dies nicht für treuhänderisch gehaltene Anteile gilt.

Ein Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit wirkt nicht nur im Gemeinschaftsgebiet, sondern nach Art. 56 EG auch für Drittländer.

Der Entwurf zum Erbschaftsteuerreformgesetz sieht bereits eine Gleichstellung für Vermögen aus dem EU- und EWR-Raum, nicht jedoch aus Drittstaaten vor.

Beim EuGH ist noch ein Verfahren zu der Frage anhängig, ob im Rahmen der Bewertung nicht notierter Anteile an Kapitalgesellschaften die Beteiligung an einer inländischen Personengesellschaft mit einem niedrigeren Wert angesetzt werden darf als die Beteiligung an einer Personengesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat. Hierzu dürfte die Entscheidung nicht anders ausfallen.

2. Gestaltungsmissbrauch bei Kettenschenkungen zur Nutzung von Freibeträgen

Die Übertragung von Vermögen über Dritte kann die Nutzung höherer Freibeträge für die Erbschaftsteuer/Schenkungsteuer ermöglichen, wenn z.B. Zuwendungen an den Lebensgefährten über das gemeinsame Kind laufen, bei Schwiegerkindern der eigene Nachwuchs zwischengeschaltet wird oder – wie im vom FG Hessen entschiedenen Fall – die Schenkung an die Enkel über deren Eltern abgewickelt wird. Bei diesen Besitzerwechseln auf Umwegen kommt es aber immer wieder zur Prüfung des Gestaltungsmissbrauchs (§ 42 AO), sofern die Übertragung über Dritte nur steuerlich motiviert ist. Diese Zwischenstation wird insbesondere bei Grundstücksübertragungen offenkundig, weil hier zwei Notarverträge notwendig sind.

Im Urteilsfall kam das FG mit Verweis auf die BFH-Rechtsprechung zu einem Fall des § 42 AO, weil die Mittelsperson keinen eigenen Entschei-dungsspielraum hatte. Insgesamt war von einem Gesamtplan und damit von einem einheitlichen Schenkungsvorgang auszugehen. Erhält jemand als Durchgangsperson eine Zuwendung, die er wie bei einer Schenkung unter Auflage aufgrund einer bestehenden Verpflichtung in vollem Umfang an einen Dritten weitergeben muss, liegt schenkungsteuerrechtlich nur eine Zuwendung vor. Maßgeblich für die Beurteilung sind die Ausgestaltung der Verträge sowie die angestrebten Ziele der Parteien.

Für eine sachliche Verknüpfung und ein hohes Risiko der Aberkennung durch das Finanzamt spricht bereits, wenn die Verträge zeitgleich in einem Notartermin abgeschlossen werden, wenn der Schenker auch am zweiten Vertrag beteiligt wird, die Verträge auch inhaltlich aufeinander abgestimmt sind und eine einheitliche Regelung der vorweggenommenen Erbfolge darstellen.

Praxishinweise durch den Rechtsanwalt/Steuerberater:

Hilfreich in der Praxis ist es, sowohl eine vertragliche als auch die zeitliche Komponente zu beachten. Wird der Mittelsperson Vermögen zugewendet, das diese erst nach Monaten an den Endempfänger verschenkt, kann eher von einer eigenen Entscheidungsfreiheit ausgegangen werden. Werden keine schriftlichen Verpflichtungen vorgenommen, wonach Geld oder Immobilien zwingend weiterzugeben sind, hat das Finanzamt wenig Anhaltspunkte, um den Gestaltungsmissbrauch zu beweisen. Gelangt Vermögen beispielsweise erst nach einem Vierteljahr über das gemeinsame Kind zum Lebensgefährten, ist den Parteien eine zielgerichtete Umgehung kaum nachzuweisen, wenn dieser zweite Schritt nicht dokumentiert ist.

Zu beachten ist bei einer Kettenschenkung der über das Jahressteuergesetz 2008 geänderte § 42 AO. Hiernach liegt ein Missbrauch vor, wenn eine unangemessene rechtliche Gestaltung gewählt wird, die zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führt. Dies gilt nicht, wenn für die gewählte Gestaltung beachtliche außersteuerliche Gründe nachgewiesen werden. Da eine Kettenschenkung generell zu einem nicht erwünschten Steuervorteil führt, muss jetzt nicht mehr das Finanzamt für den Nachweis einer ungewöhnlichen Gestaltung sorgen. Vielmehr müssen die Parteien jetzt nach dem Gesamtbild der Verhältnisse wesentliche außersteuerliche Gründe vorbringen.

 

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