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Thema Juli 2005: Überblick über die Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer

Mit dem Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) sollen im wesentlichen der Erwerb von Todes wegen sowie die Schenkung unter Lebenden erfasst und einer Besteuerung zugeführt werden. Als Steuerberater/Rechtsanwalt sind wir auf die erbrechtliche und steuerliche Beratung spezialisiert und wollen nachfolgend einen Überblick über die wesentlichen Regelungen geben (Der Artikel beruht auf dem Rechtsstand des Erbrechts sowie des Erbschaftsteuerrechts vor der Erbschaftsteuerreform 2008 und der Reform des Erbrechts 2009):

Persönliche Steuerpflicht der Erbschaftsteuer

Das ErbStG regelt in § 2 die Persönliche Steuerpflicht. Danach tritt die Steuerpflicht ein, wenn

  • der Erblasser zur Zeit seines Todes,
  • der Schenker zur Zeit der Ausführung der Schenkung oder
  • der Erwerber zur Zeit der Entstehung der Steuer

ein Inländer ist.

Nach dem Gesetz sind Inländer,

  • natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
  • deutsche Staatsangehörige, die sich nicht länger als fünf Jahre dauernd im Ausland aufgehalten haben, ohne im Inland einen Wohnsitz zu haben,
  • unabhängig von der Fünfjahresfrist nach Buchstabe b deutsche Staatsangehörige, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben und zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen, sowie zu ihrem Haushalt gehörende Angehörige, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. 2 Dies gilt nur für Personen, deren Nachlass oder Erwerb in dem Staat, in dem sie ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, lediglich in einem der Steuerpflicht nach Nummer 3 ähnlichen Umfang zu einer Nachlass- oder Erbanfallsteuer herangezogen wird,
  • Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz im Inland haben.

Treffen die vorgenannten Bedingungen nicht zu, kann sich die Steuerpflicht noch aus dem Umstand ergeben, dass Inlandsvermögen betroffen ist oder bei zuvor erfolgtem Wohnsitzwechsel in ein „Niedrigsteuer-Land.

Steuerpflichtiger Erwerb

In § 3 ErbStG ist der steuerpflichtige Erwerb von Todes wegen abschließend durch einen Aufzählungskatalog geregelt. Die wichtigsten Fälle sind:

  • Der Erbanfall(Gesamtrechtsnachfolge § 1922 BGB) stellt den wichtigsten steuerpflichtigen Erwerb dar. Grundlage hierfür ist entweder die gesetzliche Erbfolge oder der Erwerb des Nachlasses durch Testament des Erblassers. Die Steuerpflicht richtet sich gegen den einzelnen Erben oder die Erbengemeinschaft.
  • Der Erbersatzanspruch regelt für Altfälle den Anteil nichtehelicher Kinder gemäß § 1934 a ff. am Nachlass des Vaters. Seit dem 01.04.1998 sind nichteheliche Kinder durch Einräumung des uneingeschränkten gesetzlichen Erbrechts den ehelichen Kindern gleichgestellt.
  • Durch das Vermächtnis regelt der Erblasser einen schuldrechtlichen Anspruch eines Dritten gegenüber den Erben oder anderen Vermächtnisnehmern.
  • Gesetzliche Erben können trotz Enterbung einen Pflichtteilsanspruch gegenüber den Erben geltend machen. Mit der Geltendmachung entsteht die Steuerpflicht.
  • Schenkung auf den Todesfall gemäß § 2301 BGB
  • Ebenfalls der Steuerpflicht unterliegen Verträge zugunsten Dritter auf den Todesfall (§§ 328 ff. BGB). Hauptanwendungsfall ist die Lebensversicherung.
  • Erwerbe in Vollziehung von Auflagen des Erblassers
  • Abfindungen für den Verzicht auf Pflichtteilsansprüche

Neben dem Erwerb von Todes wegen erfasst das ErbStG in § 7 auch die Schenkung unter Lebenden. Hierzu zählen unter anderem:

  • Jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwenden bereichert wird,
  • was infolge einer von dem Schenker angeordneten Auflage ohne Gegenleistung erlangt wird,
  • was als Abfindung für einen Erbverzicht (§§ 2346 und 2352 BGB) gewährt wird

Mittelbare Schenkung eines Grundstücks

Einen Sonderfall stellt die mittelbare Schenkung dar. Hierbei erhält der Beschenkte einen Geldbetrags unter der Maßgabe der Anschaffung eines konkreten Vermögensgegenstandes. Der Vorteil liegt darin, dass insbesondere Grundvermögen günstiger besteuert wird als ein Geldbetrag. Unter der Auflage der Anschaffung eines bestimmten Grundstücks lässt sich auf diesem Wege eine Steuerersparnis erzielen. Allerdings werden an die Konkretisierung des anzuschaffenden Vermögenswerts hohe Anforderungen gestellt. Für eine mittelbare Gebäudeschenkung müssen z.B. bei einem noch zu bauenden Haus konkrete Planungen vorhanden sein, auf die sich die Beteiligten auch bei der Geldzuwendung beziehen.

Entstehung und Bemessungsgrundlage der Erbschaftsteuer

Die Steuer entsteht in der Regel mit dem Tod des Erblassers bzw. im Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung bei Schenkungen (§ 9 ErbStG). Auf den Zeitpunkt des Entstehens der Steuer wird der Wert der Bereicherung des Erwerbers ermittelt. Dabei ist im Wesentlichen nach den Regeln des Bewertungsgesetzes vorzugehen. Hier wird der Grundsatz des gemeinen Wertes aufgestellt, der sich nach dem preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Abweichend davon müssen zwei wichtige Ausnahmen berücksichtigt werden.

So gilt für Grundvermögen die sogenannte Bedarfsbewertung, die alternativ auf Bodenrichtwerte oder Mieterträge nach besonderen Berechnungsschemata abstellt.

Ferner werden Betriebsvermögen nach einem besonderen Steuerwert (§ 12 Abs. 5 ErbStG) auf den Stichtag der Steuerentstehung angesetzt. Daneben gilt – unter Einhaltung spezieller Behaltefristen für den Erwerber -  ein besonderer Freibetrag in Höhe von 256.000 Euro sowie ein Bewertungsabschlag in Höhe von 35%.

Gerade diesen beiden Ausnahmen enthalten aufgrund der äußerst günstigen Bewertungsergebnisse ein großes Gestaltungspotenzial für den Steuerberater/Rechtsanwalt. Wie lange diese besonderen Bewertungsregelungen noch gelten ist ungewiss, da hierzu ein Vorlagebeschluss des BFH an das Bundesverfassungsgericht vorliegt.

Höhe der Erbschaftsteuer

Die Berechnung der Steuer stellt zunächst auf einen 10-Jahreszeitraum ab. Das heißt, alle Erwerbe innerhalb von 10 Jahren - Schenkungen als auch Erwerb von Todes wegen - werden in die Berechnung der Erbschaft- oder Schenkungsteuer einbezogen. Vorerwerbe werden dem letzten Erwerb mit ihrem früheren Wert hinzugerechnet. Von der Steuer für den Gesamtbetrag wird dann die Steuer abgezogen, die für die früheren Erwerbe nach dem zuletzt geltenden Recht zu erheben gewesen wäre, mindestens jedoch die tatsächlich gezahlte Steuer. Ist die tatsächlich entrichtete Steuer für den Vorerwerb höher als die Steuer für den Gesamtbetrag, kommt keine Erstattung in Betracht. Voraussetzung ist, dass Schenker und Empfänger dieselben Personen sind. Für den Steuerberater/Rechtsanwalt ergibt sich hierdurch die Möglichkeit, zugunsten seiner Mandanten bereits zu Lebzeiten Vermögen innerhalb dieser 10-Jahreszeiträume immer wieder auf die nachfolgenden Generationen zu übertragen und die steuerlichen Freibeträge mehrmals durch genaue Gestaltungen auszunutzen. Zur Bemessung der Steuer enthält das Gesetz drei Steuerklassen:

  • Steuerklasse I: Ehegatte, Kinder und Stiefkinder sowie Abkömmlinge der Kinder und Stiefkinder sowie Eltern und Voreltern bei Erwerb von Todes wegen.
  • Steuerklasse II: Eltern und Voreltern bei Schenkungen unter Lebenden, Geschwister, Abkömmlinge ersten Grades von Geschwistern, Stiefeltern, Schwiegerkinder, Schwiegereltern, sowie der geschiedene Ehegatte.
  • Steuerklasse III: Alle übrigen Erwerber.

Bevor nun anhand der Steuerklassen die Steuer berechnet wird, kommen verschiedene Freibeträge zur Anwendung:

  • 307 000 € für den Ehegatten,
  • 205 000 € für Kinder und Kinder der verstorbenen Kinder
  • 51 200 € für die übrigen Personen der Steuerklasse I.
  • 10 300 € für die Personen der Steuerklasse II.
  • 5 200 € für die Personen der Steuerklasse III.

Ehegatte und Erbschaftsteuer

Daneben erhält der überlebende Ehegatte einen besonderen Versorgungsfreibetrag von 256 000 € aus Anlass des Todes des Ehegatten. Kinder und Stiefkinder bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres erhalten ebenfalls einen besonderen Versorgungsfreibetrag für Erwerbe von Todes wegen in vom Alter abhängiger Abstufung bis zu 52.000 €.

Danach wird die Erbschaftsteuer abhängig von der Steuerklasse und der Hähe des steuerpflichtigen Erwerbs nach Vomhundertsätzen bis zu 50% erhoben.

Schuldner der Erbschaft- und Schenkungsteuer

Der Schuldner der Erbschaftsteuer ist gemäß § 20 ErbStG der Erbe bzw. die Erbengemeinschaft, der Vermächtnisnehmer oder der Beschenkte. Parallel hierzu ist bei Zuwendungen unter Lebenden auch der Schenker Steuerschuldner.

Der Schuldner der Erbschaftsteuer ist gemäß § 20 ErbStG der Erbe bzw. die Erbengemeinschaft, der Vermächtnisnehmer oder der Beschenkte. Parallel hierzu ist bei Zuwendungen unter Lebenden auch der Schenker Steuerschuldner.

Abgabe einer Erbschaftsteuererklärung

Zunächst besteht nicht ohne Weiteres eine gesetzliche Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung. Der Erwerber hat jedoch gewisse Anzeigepflichten gegenüber dem Finanzamt einzuhalten. Hierzu sieht § 30 ErbStG vor, dass jeder der Erbschaftsteuer unterliegende Erwerb vom Erwerber, bei einer Zweckzuwendung vom Beschwerten binnen einer Frist von drei Monaten nach erlangter Kenntnis von dem Anfall oder von dem Eintritt der Verpflichtung dem für die Verwaltung der Erbschaftsteuer zuständigen Finanzamt schriftlich anzuzeigen ist. Erfolgt der steuerpflichtige Erwerb durch ein Rechtsgeschäft unter Lebenden, ist zur Anzeige auch derjenige verpflichtet, aus dessen Vermögen der Erwerb stammt. Einer Anzeige bedarf es nicht, wenn der Erwerb auf einer von einem deutschen Gericht, einem deutschen Notar oder einem deutschen Konsul eröffneten Verfügung von Todes wegen beruht und sich aus der Verfügung das Verhältnis des Erwerbers zum Erblasser unzweifelhaft ergibt. Das Gleiche gilt, wenn eine Schenkung unter Lebenden oder eine Zweckzuwendung gerichtlich oder notariell beurkundet ist.

Die Anzeige soll folgende Angaben enthalten:

  • Vorname und Familienname, Beruf, Wohnung des Erblassers oder Schenkers und des Erwerbers;
  • Todestag und Sterbeort des Erblassers oder Zeitpunkt der Ausführung der Schenkung;
  • Gegenstand und Wert des Erwerbs;
  • Rechtsgrund des Erwerbs wie gesetzliche Erbfolge, Vermächtnis, Ausstattung;
  • persönliches Verhältnis des Erwerbers zum Erblasser oder zum Schenker wie Verwandtschaft, Schwägerschaft, Dienstverhältnis;
  • frühere Zuwendungen des Erblassers oder Schenkers an den Erwerber nach Art, Wert und Zeitpunkt der einzelnen Zuwendung.

Kommt das Finanzamt nach Anzeige durch den Steuerpflichtigen zu dem Ergebnis, dass eine Steuererklärung abzugeben sei, ergeht insofern eine besondere Aufforderung an den Steuerpflichtigen. Diesem muss jedoch eine Frist von mindestens einem Monat zur Fertigung der Steuererklärung eingeräumt werden. In der Folge wird dann durch das Finanzamt ein Steuerbescheid erlassen.

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