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Thema August 2008: Bilanzrechtsmodernisierung und steuerliche Förderung von Kapitalbeteiligungen

I. Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – BilMoG –

Unternehmen sollen von vermeidbarem Bilanzierungsaufwand entlastet werden. Insgesamt sollen die Maßnahmen nach der Erwartung des Bundesministeriums der Justiz (BMJ) zu einer Senkung der Gesamtkosten für Buchführung, Abschlussaufstellung, -prüfung und -offenlegung in Höhe von über 1 Mrd. EUR führen. Von den Unternehmen soll zudem der Druck genommen werden, internationale Rechnungslegungsstandards anwenden zu müssen.

Der größte Teil der neuen Vorschriften soll erstmals bereits auf in 2009 beginnende Geschäftsjahre Anwendung finden. Erleichterungen, insbesondere die Erhöhung der Schwellenwerte für Offenlegungspflichten, könnten teilweise schon für das Geschäftsjahr 2008 in Anspruch genommen werden. Im Ergebnis kann damit bereits jetzt Handlungsbedarf bestehen. Die wichtigsten Maßnahmen werden im Einzelnen als Basis für Ihr Gespräch mit dem Steuerberater/Rechtsanwalt vorgestellt.

II. Neue Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen - MoRaKG -

Bundestag und Bundesrat haben das Gesetz zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen, kurz MoRaKG beschlossen. Damit sollen Kapitalbeteiligungen in junge, insbesondere technologieorientierte Unternehmen steuerlich begünstigt werden.

Bilanzrechtsmodernisierung 

• Einzelkaufleute, deren Umsatz 500.000 EUR oder deren Gewinn 50.000 EUR in zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren nicht überschreitet, sollen von der Verpflichtung zur Buchführung und Bilanzierung nach HGB befreit werden. Für Existenzgründer ist nur der erste Jahresabschluss maßgebend. Diese Entlastung soll nicht für Personenhandelsgesellschaften wie OHG und KG gelten.

• Die Größenklassen für die Offenlegung sollen angehoben werden, indem Schwellenwerte für Bilanzsumme und Umsatzerlöse um jeweils 20 v.H. erhöht werden. So können mehr Unternehmen die Erleichterungen für kleine und mittelgroße Kapitalgesellschaften nutzen.

• Das HGB-Bilanzrecht soll zu einem Regelwerk ausgebaut werden, das den internationalen Rechnungslegungsstandards gleichwertig, aber kostengünstiger und in der Praxis einfacher zu handhaben ist. Die Bilanz nach HGB bleibt Grundlage der steuerlichen Gewinnermittlung und der Ausschüttungshöhe.

• Selbstgeschaffene immaterielle Anlagegüter sollen künftig aktiviert werden können. Steuerlich bleiben die Aufwendungen aber nach wie vor abzugsfähig. Sie stehen auch nicht für die Gewinnausschüttung zur Verfügung.

• Unternehmen sollen Vermögensgegenstände mit Verbindlichkeiten verrechnen können, wenn die Vermögensgegenstände dem Zugriff aller übrigen Gläubiger entzogen sind und ausschließlich der Erfüllung von Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen oder vergleichbaren langfristig fälligen Verpflichtungen dienen.

• Der Grundsatz der umgekehrten Maßgeblichkeit nach § 5 Abs. 1 EStG soll aufgehoben werden.

• Zu Handelszwecken erworbene Finanzinstrumente wie Aktien, Anleihen, Fonds und Derivate sollen künftig bei allen Unternehmen zum Bilanzstichtag mit dem Marktwert (Fair Value) bilanziert werden.

• Bei der Bewertung von Rückstellungen sollen künftige Lohn-, Preis- und Personalentwicklungen stärker als bisher berücksichtigt werden. Zudem sind die Rückstellungen künftig abzuzinsen. Die Bewertung wird also dynamisiert. Bei Pensionsrückstellungen wird die generelle Dynamisierung über einen Zeitraum von 15 Jahren angepasst.

• Nicht mehr zeitgemäße und derzeit noch eingeräumte Bilanzierungsmöglichkeiten werden eingeschränkt oder aufgehoben. Das gilt etwa bei steuerlich nicht anerkannten Rückstellungen für eigenen künftigen Instandsetzungsaufwand.

• Die handelsrechtliche Herstellungskostenuntergrenze soll an die steuerliche Untergrenze angepasst werden. Gleichzeitig wird der handelsrechtliche Herstellungskostenbegriff an den produktionsbezogenen Vollkostenbegriff der internationalen Rechnungslegung angenähert. Damit geht eine Verbesserung der Vergleichbarkeit des handelsrechtlichen Jahresabschlusses einher.

• Das bisher bestehende Wahlrecht, nicht eingeforderte ausstehende Einlagen auf der Aktivseite vor dem Anlagevermögen gesondert auszuweisen oder offen vom Posten „Gezeichnetes Kapital“ abzusetzen, soll auf den Ausweis der nicht eingeforderten ausstehenden Einlagen auf der Passivseite der Bilanz beschränkt werden.

• Eigene Anteile sollen auf der Passivseite vom „Gezeichneten Kapital“ abzusetzen sein. Damit entfällt die Aktivierung eigener Anteile.

Neue Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen

Gefördert werden sollen Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaften, die ihre Mittel in nicht börsennotierte Zielfirmen aus EU- und EWR-Ländern oder in andere Beteiligungen im OECD-Raum anlegen. Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaften müssen durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht anerkannt werden.

Folgende Voraussetzungen müssen vorliegen:

• Die Gesellschaft in der Rechtsform einer Personengesellschaft muss über ein Mindesteigenkapital von 1 Mio. EUR und über ausreichend qualifizierte Geschäftsleiter verfügen.

• Es sind Mindesttranchen von 25.000 EUR vorgesehen.

• Die Zielgesellschaften dürfen bei Anteilserwerb ein Alter von höchstens zehn Jahren und ein Eigenkapital von maximal 20 Mio. EUR aufweisen.

• Die Höchsthaltedauer von Anteilen beträgt 15 Jahre.

• Mindestens 70 v.H. des verwalteten Vermögens ist in die Zielgesellschaften anzulegen.

• Werden Anteile an einen Erwerber veräußert, der keine Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaft ist, darf das Eigenkapital der Zielgesellschaft maximal 20 Mio. EUR betragen. Bei Beträgen bis 100 Mio. EUR muss die übersteigende Differenz aus Gewinnen der Zielgesellschaft innerhalb der letzten vier Jahre resultieren.

Die steuerliche Förderung beinhaltet folgende Elemente:

• Die Tätigkeit einer Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaft in der Rechtsform einer Personengesellschaft, die nur Anteile an Zielunternehmen hält, ist vermögensverwaltend. Dadurch fällt keine Gewerbesteuer an.

• Zur Gegenfinanzierung soll die Tätigkeitsvergütung, die an die Initiatoren neben der quotalen Gewinnbeteiligung gezahlt wird, gemäß § 3 Nr. 40a EStG zu 40 v.H. statt bislang zu 50 v.H. steuerfrei sein, wenn die Gesellschaft nach 2008 gegründet wird. Korrespondierend können Aufwendungen nur anteilig abgezogen werden. Klargestellt wird in § 3c Abs. 2 EStG, dass die Ausgabenbeschränkung auch in den Veranlagungszeiträumen gilt, in denen keine Vergütungen anzusetzen sind.

• Die neue Mantelkaufregelung durch die Unternehmensteuerreform 2008 nach § 8c KStG soll bei Übernahme von Anteilen an einer Zielgesellschaft nicht gelten. Die Verlustvorträge bleiben im Umfang der im Unternehmen zum Zeitpunkt des Erwerbs vorhandenen stillen Reserven erhalten, sofern die Anteile erst nach einer Haltedauer von vier Jahren weiterveräußert werden. Der Verlust kann im Jahr des Beteiligungserwerbs zu 1/5 und in den 4 Folgejahren mit jeweils einem weiteren Fünftel abgezogen werden.

• Für Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an den Zielgesellschaften soll abweichend von § 17 Abs. 3 EStG über § 20 Wagniskapitalbeteiligungsgesetz (WKBG) ein neuer Freibetrag von 200.000 EUR gelten. Dafür muss der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre unmittelbar zu mindestens 3 v.H., höchstens jedoch zu 25 v.H. und für längstens 10 Jahre an dieser Zielgesellschaft beteiligt gewesen sein. Der Freibetrag vermindert sich, sofern der Veräußerungsgewinn 800.000 EUR übersteigt.

Steuerberaterhinweis:

Die Vermögensverwaltung und damit keine Gewerbesteuerpflicht lässt sich erreichen, wenn die neben das Kerngeschäft tretenden gewerblichen Tätigkeiten, wie etwa Beratung oder Darlehensvergabe an die Zielgesellschaft, nur in einer Tochtergesellschaft ausgeübt werden. Das Gesetz soll am Tag nach der Verkündigung in Kraft treten.

 

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