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Thema April 2009: Steuerstrafrechtliche Auslandssachverhalte / Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetz

Erneut ist unser Thema das Bankgeheimnis. Dabei geht es um neue Mitwirkungspflichten und aktuelle Tendenzen. Der Kampf gegen Länder, die Auskünfte an Steuerbehörden verweigern, scheint erfolgreich zu verlaufen und löst eine Welle von Öffnungstendenzen beim Bankgeheimnis aus. Der BFH hingegen bekräftigt die inländische Regelung des § 30a Abs. 3 AO, wonach bei einer Bankenprüfung generell keine Kontrollmitteilungen auszustellen sind. Parallel stimmte am 22.04.2009 das Bundeskabinett dem Entwurf des Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetzes zu. Hier tritt für den Rechtsanwalt/Steuerberater wieder einmal das Thema der Selbstanzeige in den Beratungszusammenhang.

Daneben betrachten wir aus der Sicht des Steuerstrafverteidigers die rechtliche Dimension der Entscheidung des BFH, wonach die Pauschalbesteuerung schwarzer Fonds nach dem AuslInvestmG rechtswidrig ist. Im Ergebnis stehen für laufende Steuerstrafverfahren deutliche Minderungen des Strafmaßes im Raum.

1. Kampf gegen Steueroasen

Mehrere Staaten haben sich jetzt bereit erklärt, die OECD-Standards für Transparenz und Informationsaustausch in Steuerfragen zu übernehmen und beim Verdacht auf Steuerhinterziehung Amtshilfe an Behörden anderer Länder zu leisten. Hintergrund ist offensichtlich, nicht auf einer schwarzen Liste der unkooperativen Regionen zu landen. Diese plant auch der aktualisierte Referentenentwurf zum Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetz, der im Vergleich zum Vorentwurf noch einmal überarbeitet wurde und nun Erleichterungen aufweist, um Verstößen gegen Völker- und EU-Recht sowie dem Grundgesetz aus dem Weg zu gehen. Allerdings ist noch nicht absehbar, ob das politisch umstrittene Gesetz noch in dieser Legislaturperiode in Kraft treten wird, zumal die erwünschte Reaktion aus den ins Visier geratenen Steueroasen schneller als erwartet eingesetzt hat.

Der Gesetzentwurf sieht nun vor, den zuvor geplanten generellen Verdacht bei Geschäftsbeziehungen zu Steueroasen in eine allgemeine Mitwirkungs- und Nachweispflicht umzuwandeln. Sofern diese Pflichten nicht erfüllt werden, drohen Sanktionen und neue Prüfungsrechte der Finanzämter. Damit haben es die Betroffenen selbst in der Hand, durch eigene Auskünfte negativen Steuerfolgen aus dem Weg zu gehen. Geblieben ist jedoch die Möglichkeit der Bundesregierung, bei wenig kooperativen Staaten im Wege einer Rechtsverordnung die Anwendung steuerlich günstiger Regelungen von der Erfüllung erhöhter Nachweispflichten abhängig zu machen.

Das Gesetz soll am Tag nach der Verkündung in Kraft treten. Lediglich die Ausweitungen bei Betriebsprüfungen und Aufbewahrungspflichten für Überschusseinkünfte sollen erst ab 2010 gelten. Bei Geschäftsbeziehungen zu Finanzinstituten in einem betroffenen Gebiet soll der Steuerpflichtige nach Aufforderung die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben an Eides statt versichern. Anders als im Referentenentwurf reichen hierzu keine allgemeinen Erfahrungen, sondern es müssen bereits erkennbare Anhaltspunkte vorliegen.

Zwar soll das Finanzamt weiterhin bevollmächtigt werden, Auskünfte bei Kreditinstituten einholen zu können. Dies soll aber nach den Umständen des Einzelfalls entschieden werden. Zuerst soll der Steuerpflichtige angehalten werden, wahrheitsgemäße Angaben zu machen, notfalls durch eine eidesstattliche Versicherung. Wird diese verweigert, kommt eine Schätzung in Betracht, wobei Kapitalvermögen im Ausland unterstellt wird.

Neue Transparenz im Ausland

Die Lockerung ihres Bankgeheimnisses haben bislang Luxemburg, Österreich, Liechtenstein, Andorra, Monaco und die Schweiz angekündigt. Sie wollen auch bei Steuerhinterziehung Amtshilfe leisten und die OECD-Standards für Hilfe und Auskunft bei Steuerstrafverfahren einhalten. Hinzu kommen die bereits von Deutschland geschlossenen Abkommen mit den Kanalinseln Jersey, Guernsey sowie der Isle of Man. Sämtliche Länder sind bereits in die EU-Zinsrichtlinie eingebunden, halten aber derzeit nur eine anonyme Quellensteuer ein. Bei den Ausnahme-EU-Ländern Luxemburg und Österreich ist eine Umstellung auf Kontrollmitteilungen wie in den anderen 24 EU-Staaten für die Zukunft nicht mehr unrealistisch. Belgien als drittes verbliebenes Ausnahme-EU-Land hat sich bereits zum Umschwenken ab dem 1.1.2010 bereit erklärt.

Diese aktuellen Tendenzen hin zur steuerlichen Transparenz sollten vom Rechtsanwalt/Steuerberater mit den Mandanten besprochen werden. In einzelnen Fällen ist es sicher anzuraten, über eine strafbefreiende Selbstanzeige nachzudenken. Der Trend zu mehr Auskünften und weniger Bankgeheimnis scheint sich fortzusetzen. Weitere Regionen werden voraussichtlich folgen.

Deutsches Bankgeheimnis hat Bestand

Solange § 30a Abs. 3 AO vom Gesetzgeber trotz der geäußerten Zweifel an ihrer Verfassungsmäßigkeit nicht aufgehoben wird, muss nach Ansicht des BFH wenigstens ein Kernbestand des Bankgeheimnisses gewahrt bleiben. Daher dürfen anlässlich einer Außenprüfung bei einem Kreditinstitut nur dann Kontrollmitteilungen an die Wohnsitzfinanzämter der Bankkunden versendet werden, wenn sich hinreichender Anlass für die Nachprüfung der steuerlichen Verhältnisse im konkreten Einzelfall ergibt. Dies wird insbesondere dann der Fall sein, wenn das zu prüfende Bankgeschäft

  • Auffälligkeiten aufweist, die es aus dem Kreis der alltäglichen und banküblichen Abwicklungen hervorheben oder
  • eine für die Steuerhinterziehung besonders anfällige Art der Geschäftsabwicklung erkennen lässt.

Nach dem im Steuerrecht geltenden Bankgeheimnis des § 30a Abs. 3 AO dürfen Guthabenkonten oder Depots anlässlich der Außenprüfung bei einem Kreditinstitut nicht zwecks Nachprüfung der ordnungsmäßigen Versteuerung festgestellt oder abgeschrieben werden. Sofern aber Erkenntnisse den Verdacht einer Steuerverkürzung begründen, können Kontrollmitteilungen an das zuständige Wohnsitzfinanzamt des Anlegers mitgeteilt werden.    

Gemäß § 30a Abs. 1 AO sollen die Finanzbehörden auf das Vertrauensverhältnis zwischen Bank und Kunden besonders Rücksicht nehmen. Hierdurch wird der Ermessensspielraum aber nicht über die bei allen Ermittlungsmaßnahmen zu beachtenden Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Zumutbarkeit hinaus beschränkt (BFH 2.8.01, VII B 290/99, BStBl II 01, 665). Einer darüber hinausgehenden Beschränkung steht nämlich die Beurteilung des BVerfG entgegen, wonach eine Beschränkung der Steuerermittlung die zuverlässige Ermittlung der Kapitaleinkünfte prinzipiell verhindern würde, ohne dass dies etwa verfassungsrechtlich geboten gewesen wäre (BVerfG 27.6.91, 2 BvR 1493/89, BStBl II 91, 654).    

Der BFH hat dem Ausstellen von Kontrollmitteilungen aber auch Grenzen gesetzt. So bleiben umfassende oder flächendeckende Kontrollmitteilungen weiterhin verboten. Nicht ausreichend ist auch die pauschale Annahme von Betriebsprüfern, dass    

  • insbesondere bei hohem Kapitalvermögen ein Teil der Einnahmen nicht in der Steuererklärung angegeben worden sind,
  • gerade im Bereich der Kapitaleinkünfte das Erklärungsverhalten vieler Sparer alles andere als vorbildlich ist.

Der BFH hat das Urteil der Vorinstanz aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen. Hier ist zu prüfen, ob ein hinreichender Anlass für die Kontrollmitteilungen gegeben war. Nicht ausreichend ist jedenfalls, bei nicht unerheblichem Kapitalvermögen pauschal auf nicht deklarierte Einnahmen der Kunden zu schließen. Das gilt selbst unter der Vermutung der Finanzverwaltung, dass das Erklärungsverhalten vieler Anleger alles andere als vorbildlich ist. Ein hinreichender Anlass für Kontrollmitteilungen liegt z.B. vor, wenn das geprüfte Bankgeschäft Auffälligkeiten aufweist und daher die Vermutung einer Steuerhinterziehung aufkommen lässt.

Fundstellen:

Referentenentwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung schädlicher Steuer-praktiken und der Steuerhinterziehung (Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetz) 25.3.09, BFH 9.12.08, VII R 47/07, DStR 09, 581; 28.10.97, VII B 40/97, BFH/NV 98, 424 FG Münster 16.3.07, 11 K 4627/03 AO, EFG 07, 970

2. Pauschalsteuer auf schwarze Fonds widerspricht EU-Recht

Erfüllen ausländische Investmentfonds ihre Veröffentlichungspflichten nicht, unterlagen die Erträge dieser schwarzen Fonds über § 18 AuslInvestmG bisher einer pauschalen und zumeist deutlich überhöhten Besteuerung. Selbst bei Kursverlusten mussten fiktive Gewinne als Kapitaleinnahmen angesetzt werden.

Diese Regelung stuft der BFH als einen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit ein, die im Verhältnis zu anderen EU-Staaten und auch Drittländern rechtswidrig ist. Solche schwarzen Fonds müssen daher wie inländische Anteile behandelt werden. Der BFH hält dies für so eindeutig, dass keine Vorlage an den EuGH erfolgen musste. Aufgrund des Anwendungsvorrangs des EU-Rechts vor nationalen Vorschriften dürfen die Finanzbehörden die diskriminierenden Regelungen nicht mehr anwenden.

Anleger können in offenen Fällen also noch eine deutlich geringere Bemessungsgrundlage bei den Kapitaleinnahmen aus solchen Auslandsfonds erreichen. Das gilt für Veranlagungszeiträume bis einschließlich 2003. Ab 2004 ist es über das neu eingeführte InvStG zu einer Angleichung von in- und ausländischen Fonds gekommen. Nunmehr werden nicht registrierte Fonds ohne Einhaltung ihrer Nachweis- und Veröffentlichungspflichten als intransparent eingestuft unabhängig vom Sitzland der Fondsgesellschaft. Auslandsfonds werden somit nicht mehr benachteiligt.

Nach den diskriminierenden Regelungen des § 18 Abs. 3 AuslInvestmG waren 90 % der Differenz zwischen dem Fondskurs am Jahresende und dem zu Jahresbeginn als Kapitaleinnahme zu berücksichtigen. Bei einem negativen Ergebnis waren mindestens 10 % des letzten im Kalenderjahr festgesetzten Preises anzusetzen. Das galt auch in Verlustjahren oder wenn die Spekulationsfrist längst abgelaufen war, während im Vergleich hierzu bei weißen Fonds überhaupt keine Kursgewinnbesteuerung erfolgte.

Steuerberaterhinweis:

Die günstige Rechtslage aufgrund der BFH-Rechtsprechung lässt sich auch bei bereits aufgedeckter Steuerhinterziehung und einer Selbstanzeige verwenden. Besonders in Auslandsdepots lagerten in der Vergangenheit Aktien-, Renten- oder Mischfonds, die den inländischen Verpflichtungen nicht nachkamen, also weder in Deutschland registriert waren noch einen inländischen Vertreter bestellt hatten und auch die Nachweis- und Veröffentlichungspflichten nicht einhielten. Hinzu kommen generell Hedge-Fonds, die vor 2004 in Deutschland überhaupt nicht zugelassen werden durften.

Weil sich die steuerliche Bemessungsgrundlage nun in der Regel auf ausgeschüttete oder thesaurierte Dividenden, Zinsen oder Mieten beschränkt, reduziert sich der Umfang der hinterzogenen Steuer erheblich. Das führt nicht nur zu deutlich geringeren Nachzahlungen, sondern mindert auch das Strafmaß. Da es sich um einen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit handelt, lässt sich die Verbesserung neben Fonds aus der EU auch für Gesellschaften aus Drittländern verwenden. In der Praxis wird ein Jahresbericht der jeweiligen Fondsgesellschaft benötigt, aus dem sich die laufenden Kapitaleinnahmen der einzelnen noch nicht verjährten Jahre ergeben. Dabei ist die erhöhte Mitwirkungspflicht bei Auslandssachverhalten gemäß § 90 Abs. 2 AO zu beachten, wonach der Anleger den Sachverhalt aufzuklären, die erforderlichen Beweismittel zu beschaffen und hierbei alle rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten auszuschöpfen hat.

Fundstellen:

BFH 18.11.08, VIII R 24/07, DB 09, 606, EuGH 23.10.07, C-112/05, BB 07, 2423; 6.3.07, C-292/04, DStR 07, 485 FG München 16.12.08, 10 K 4614/05, Revision unter VIII R 2/09

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