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Steuerberaterhaftung bei Fehlern in der Steuersoftware

Die potenziellen Fälle von Regressansprüchen gegen Steuerberater erfahren aus unserer Sicht derzeit eine neue Dimension:

Innerhalb kürzester Zeit haben sich gleich vier FG mit der Frage auseinandergesetzt, inwieweit die Benutzung einer Steuersoftware Auswirkung auf das Verschulden des Steuerpflichtigen hat und damit zum Ausschluss der Änderung wegen neuer Tatsachen zugunsten des Nutzers führt. Die Zunahme der Urteile ist wohl dem Umstand geschuldet, dass immer mehr Bürger den PC statt den Papierform verwenden.

Zwar geht es in diesen Fällen vornehmlich um die Nutzung von Steuersoftware durch den Steuerpflichtigen selbst. Doch kann weitergehend selbstverständlich der Rückschluss auf den Steuerberater gezogen werden, der ohne umfassende Kontrolle der EDV-Ergebnisse keine Arbeitsleistungen and den Mandanten herausgeben darf, ohne in die Haftung zu geraten.

Folgende Fälle sind in diesem Zusammenhang zu beachten:

1.

Nach einem Urteil des FG Rheinland-Pfalz muss sich der Steuerpflichtige mögliche Fehler oder unübersichtliche Menü- und Hilfeführung seiner Steuersoftware wie ein Verschulden seines steuerlichen Beraters zurechnen lassen, sodass eine Änderung wegen neuer Tatsachen zu seinen Gunsten ausscheidet. Dabei ging es im Streitfall um nachgemeldete Kinderbetreuungskosten. Das Programm hatte nicht gezielt auf die Absetzbarkeit hingewiesen.

Nach langjähriger Rechtsprechung des BFH handelt derjenige fahrlässig, der es unterlässt, die zur Erklärung gehörige Anleitung im Einzelnen durchzulesen und die enthaltenen Erläuterungen zu beachten. Dieser Grundsatz wirkt sich auch auf die Verwendung einer Steuersoftware aus. Somit kann sich niemand darauf berufen, das von ihm verwendete Programm habe keine Hinweise angezeigt und abweichend vom Elster-Formular keine Eingabemöglichkeit hierfür vorgegeben. Das Verschulden seines Steuerberaters bei der Anfertigung der Steuererklärung ist auf eine andere als die amtlich bereitgestellte Steuersoftware zu übertragen. Verfügt dieses nicht über den gleichen Funktionsumfang, so hat der Steuerpflichtige das Risiko einer fehlenden Fragestellung zu tragen.

2.

Nach Auffassung des FG Hamburg darf das FA keine überzogenen Anforderungen an die Steuerpflichtigen stellen. Das FA hat zu berücksichtigten, dass es im Elster-Formular deutlich schwieriger ist als beim Papiervordruck, die auszufüllenden Felder zu überblicken. Es liegt kein grobes Verschulden an der Unvollständigkeit einer Steuererklärung vor, wenn sich das Elster-Formular nicht hinreichend deutlich mit der neuen Tatsache befasst und erst bei genauerer Durchsicht ein Hinweis gefunden werden kann.

3.

Das FG Rheinland-Pfalz hat im Falle eines Übertragungsfehlers in die elektronische Bildmaske vom Elster-Formular entschieden, das dies nicht stets als grobes Verschulden des Steuerpflichtigen gewertet werden kann. Es entspricht nach Meinung des Finanzgerichts allgemeiner Lebenserfahrung, dass solche Fehler trotz großer Sorgfalt bei der Übertragung von Daten immer wieder vorkommen. Dies wird bei dem Elster-Formular durch die technischen Gegebenheiten einer Vielzahl von Bildmasken und Fenstern begünstigt, die stets nur einen kleinen Ausschnitt des Gesamtdokuments zeigen. Vor dem Hintergrund, dass ein Übertragungs- oder ein Eingabefehler bei der Erfassung von Steuererklärungsdaten das FA zur Korrektur wegen offenbarer Unrichtigkeit berechtigt, ist dies schon aus Gründen der Gleichbehandlung auf das grobe Verschulden zu übertragen.

4.

Strikter ist das FG Sachsen-Anhalt. Hiernach ist der Grundsatz, dass ein Steuerpflichtiger grob fahrlässig handelt, wenn er es unterlässt, die Anleitung zur Einkommensteuererklärung, die sich auch im Elster-Programm befindet, im Einzelnen durchzulesen und die darin enthaltenen Erläuterungen zu beachten, auch auf mithilfe von Elster erstellte Steuererklärungen zu übertragen.

Hinweis des Fachanwalts für Steuerrecht:

Da zu dieser Streitfrage Revisionen anhängig sind, kann der BFH die Auswirkungen des groben Verschuldens in Hinblick auf PC-Programme aktualisieren. Anträge auf Änderung wegen neuer Tatsachen nach § 173 AO sollten bis zu den Entscheidungen des BFH offengehalten werden.

Fundstellen:

FG Rheinland-Pfalz 30.8.11, 3 K 2674/10; FG Rheinland-Pfalz 13.12.10, 5 K 2099/09, Revision unter X R 8/11; FG Hamburg 27.9.11, 1 K 43/11; FG Sachsen-Anhalt 30.6.10, 2 K 742/09, Revision unter VI R 5/11; BFH 23.1.01, XI R 42/00, BStBl II 01, 379

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