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Steuerberater Berufspflichtverletzung

Begeht ein Steuerberater eine Berufspflichtverletzung, können sich hieraus weitreichende Konsequenzen ergeben. In welchen Fällen das Finanzamt zur Mitteilung der ihm bekanntgewordenen Pflichtverletzungen eines Steuerberaters Mitteilung machen muss, erläutert ein gleichlautender Ländererlass:

Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder zu Mitteilungen der Finanzbehörden über Pflichtverletzungen und andere Informationen gemäß § 10 StBerG vom 23. Januar 2012

1. Mitteilungen über Berufspflichtverletzungen gemäß § 10 Abs. 1 StBerG

1.1 Allgemeines

Nach § 10 Abs. 1 StBerG haben die Finanzbehörden Tatsachen, die den Verdacht begründen, dass eine der in § 3, § 3a oder § 4 Nr. 1 und 2 StBerG genannten Personen eine Berufspflicht verletzt hat, der zuständigen Stelle mitzuteilen, soweit deren Kenntnis aus Sicht der übermittelnden Behörde für die Verwirklichung der Rechtsfolgen erforderlich ist. Hierdurch soll den Berufskammern und den sonst zuständigen Stellen ermöglicht werden, die Berufsaufsicht wirksam auszuüben.

Die Finanzbehörden sind zur Mitteilung verpflichtet. Ein Ermessensspielraum steht ihnen nicht zu. Durch die Formulierung „soweit ihre Kenntnis aus Sicht der übermittelnden Stelle für die Verwirklichung der Rechtsfolgen erforderlich ist“ wird dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung getragen.

Das Steuergeheimnis steht der Mitteilungspflicht gemäß § 10 Abs. 1 StBerG nicht entgegen (§ 30 Abs. 4 Nr. 2 AO). Bei Akteneinsicht ist zu beachten, dass nur die die Berufspflichtverletzung betreffenden Vorgänge eingesehen werden dürfen. 

1.2 Berufspflichtverletzung

Nicht jede berufliche Fehlleistung stellt bereits eine Berufspflichtverletzung dar. Vielmehr muss der konkrete Verdacht bestehen, dass der Berufsangehörige seine Pflichten nicht nur objektiv, sondern auch subjektiv verletzt hat. Es muss ein dem Berufsangehörigen zuzurechnendes Verschulden hinzukommen. In der Regel ist das der Fall, wenn der Betreffende fahrlässig oder bei der gebotenen Sorgfaltspflicht in nicht mehr zu vertretender Weise leicht-fertig oder gar vorsätzlich gehandelt hat. Bei offenkundig versehentlicher oder unverschuldeter Pflichtverletzung darf eine Mitteilung deshalb nicht erfolgen. Für die Mitteilung reichen weder Vermutungen noch Schlussfolgerungen aus. Vielmehr muss ein Verdacht gegeben sein, der bei vorläufiger Bewertung der Pflichtverletzung und der Schuld des Berufsangehörigen eine spätere Ahndung oder Verurteilung wahrscheinlich macht (vgl. § 203 StPO).

Zu den Berufspflichtverletzungen gehören nicht nur Pflichtverletzungen bei Ausübung des Berufs, sondern auch solche, die nicht unmittelbar bei der Berufsausübung begangen wurden. Die Pflicht zur Unabhängigkeit kann z. B. durch wiederkehrende oder nicht beitreibbare Steuerrückstände, häufige Zwangsvollstreckungen, Vermögensverfall, Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung oder Haftbefehl zur Erzwingung einer solchen Maßnahme verletzt werden. Ein Verstoß gegen die Pflicht zur Gewissenhaftigkeit liegt vor, wenn eine Fehlleistung auf Vorsatz, grobem Verschulden oder auf einem allgemein gleichgültigen Verhalten beruht. Die Nichtanmeldung und Nichtabführung der Lohnsteuer für die Angestellten stellt eine berufliche Verfehlung dar, die dem Ansehen des Berufsstandes schadet. Entsprechendes gilt für Verfehlungen in eigenen Steuerangelegenheiten (z. B. Steuerrückstände, Steuerhinterziehung oder Nichtabgabe von Steuererklärungen). Die den Verdacht begründenden Tatsachen oder Umstände müssen sich aus Feststellungen der Finanzbehörden im Besteuerungsverfahren oder sonstigen in ihre Zuständigkeit fallenden Angelegenheiten ergeben. Es ist nicht ihre Aufgabe, aufgrund von Anzeigen und Beschwerden von Steuerpflichtigen und anderen Berufsangehörigen tätig zu werden. Vielmehr sind diese an die zuständige Berufskammer zu verweisen. 

Die Berufspflichten sind in den jeweiligen Berufsgesetzen und den ggf. hierzu ergangenen Berufsordnungen geregelt. Eine unmittelbare Anwendung auf die in § 3 und § 4 Nr. 2 StBerG genannten Gesellschaften kommt nicht in Betracht. Vielmehr ist bei Gesellschaften der han-delnde gesetzliche Vertreter verantwortlich.

Zu den wesentlichen Berufspflichten gehören:

Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Personen nach § 3a (§ 3 Nr. 1, § 3a Absatz 1 StBerG): (§§ 57 - 71 Steuerberatungsgesetz - StBerG

Berufsordnung der Bundessteuerberaterkammer - BOStB - gemäß § 86 Abs. 2 Nr. 2 StBerG)

- Pflicht zur Unabhängigkeit (§ 57 Abs. 1 StBerG, § 2 BOStB)

- Pflicht zur Eigenverantwortlichkeit (§ 57 Abs. 1, § 60 StBerG, § 3 BOStB)

- Pflicht zur Gewissenhaftigkeit (§ 57 Abs. 1 StBerG, § 4 BOStB)

- Pflicht zur Sachlichkeit (§ 7 BOStB)

- Pflicht zur Verschwiegenheit (§ 57 Abs. 1 StBerG, § 5 BOStB)

- Verzicht auf berufswidrige Werbung (§ 57 Abs. 1, § 57a StBerG, § 9 BOStB)

- Pflicht zur Wahrung des Ansehens des Berufs (§ 57 Abs. 2 StBerG) 

- Pflicht zur Fortbildung (§ 57 Abs. 2a StBerG)

- Verbot einer gewerblichen Tätigkeit (außer bei Ausnahmegenehmigung der zuständigen Steuerberaterkammer) oder einer Tätigkeit als Arbeitnehmer mit Ausnahme der Fälle des § 57 Abs. 3 Nr. 4 sowie der §§ 58 und 59 StBerG (§ 57 Abs. 4 StBerG, § 16 BOStB)

- Pflicht zur unverzüglichen Mitteilung der Ablehnung eines Auftrags (§ 63 StBerG)

- Pflicht zur Aufbewahrung der Handakten bzw. zur Herausgabe bei Beendigung des Auftrags (§ 66 StBerG, § 13 Abs. 4 BOStB)

- Pflicht zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung (§ 67 StBerG)

- Pflicht zur Bestellung eines allgemeinen Vertreters bei Verhinderung der Berufsausübung (§ 69 StBerG)

- Pflicht zur Begründung und Unterhaltung einer beruflichen Niederlassung (§ 34 StBerG)

Die Berufspflichten gelten sinngemäß für Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer und persön-lich haftende Gesellschafter von Steuerberatungsgesellschaften, die nicht Steuerberater oder Steuerbevollmächtigte sind (§ 72 Abs. 1, § 74 Abs. 2 und § 94 Abs. 1 StBerG) 

...

1.3 Zuständige Stelle

Die den Verdacht einer Berufspflichtverletzung begründenden Tatsachen sind der zuständigen Stelle mitzuteilen. Das sind zum einen die Berufskammern, zum anderen die für das ehren-gerichtliche oder berufsgerichtliche Verfahren oder das Disziplinarverfahren zuständigen Stellen. Grundsätzlich ist die Mitteilung an die zuständige Berufskammer zu richten, damit diese prüfen kann, ob zunächst eine außergerichtliche Maßnahme ausreichend ist oder ob die Einleitung eines berufsgerichtlichen Verfahrens wegen schwerwiegender oder weiterer ihr bekannt gewordener Pflichtverletzungen durch die Staatsanwaltschaft beim Oberlandesgericht angezeigt ist.

Vor Erlass eines Bußgeldbescheides wegen einer von einem Rechtsanwalt, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer, vereidigten Buchprüfer oder einer Person nach §3a StBerG in Ausübung des Berufs bei der Beratung in Steuersachen begangenen Steuerordnungswidrigkeit und vor Erlass eines Haftungsbescheids gemäß § 69 AO gegen eine der in § 3, § 3a und § 4 Nr. 1 und 2 StBerG genannten Personen ist die zuständige Berufskammer gemäß § 411 bzw. § 191 Abs. 2 AO zu hören, auch wenn ihr die zugrunde liegende Pflicht-verletzung bereits nach § 10 Abs. 1 StBerG von der Finanzbehörde mitgeteilt wurde.

Zuständige Berufskammern sind

für Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Personen nach § 3a StBerG sowie Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer und persönlich haftende Gesellschafter von Steuerberatungsgesellschaften, die nicht Steuerberater oder Steuerbevollmächtigte sind, die Steuerberaterkammer, in deren Bezirk der Berufsangehörige seine berufliche Niederlassung bzw. die Steuerberatungsgesellschaft ihren Sitz hat (§ 74 StBerG),

...

2. Andere Informationen gemäß § 10 Abs. 2 und 3 StBerG

Nach § 10 Abs. 2 Nr. 1 und 2 StBerG sind die Finanzbehörden zur Übermittlung anderer Informationen als Berufspflichtverletzungen in den dort abschließend aufgeführten Fällen verpflichtet. Die Vorschrift des § 10 Abs. 2 Nr. 3 StBerG ist für die Finanzbehörden ohne Bedeutung, da bei Berufspflichtverletzungen eine Mitteilungspflicht nach § 10 Abs. 1 StBerG besteht.

Abweichend von dem von § 10 Abs. 1 StBerG betroffenen Personenkreis gilt § 10 Abs. 2 Nr. 1 und 2 StBerG nur für Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Steuerberatungsgesellschaften, Lohnsteuerhilfevereine und Personen, die die Zulassung zur oder die Befreiung von der Steuerberaterprüfung oder die Bestellung/Wiederbestellung als Steuerberater oder Steuer-bevollmächtigter beantragt haben oder beantragen wollen.

Als Informationen im Sinne des § 10 Abs. 2 Nr. 1 und 2 StBerG können beispielsweise in Betracht kommen

bei der Bestellung und Wiederbestellung als Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter (§§ 40, 42 und 48 StBerG):

Vermögensverfall (hohe Steuerrückstände, ständige Vollstreckung), Steuerhinterziehung,

bei der Rücknahme oder dem Widerruf der Bestellung als Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter (§ 46 StBerG):

Sucht oder lang andauernde Erkrankung eines Berufsangehörigen,

bei der Anerkennung als Steuerberatungsgesellschaft sowie deren Rücknahme oder Widerruf (§ 32 Abs. 3, §§ 50, 50a und 55 StBerG): fehlende verantwortliche Führung der Gesellschaft durch einen Steuerberater durch sog. Strohmannverhältnisse, 

bei der Anerkennung, der Rücknahme oder dem Widerruf der Anerkennung als Lohn-steuerhilfeverein (§§ 14 und 20 StBerG): wiederholter Verstoß gegen § 4 Nr. 11 StBerG, Ausübung einer anderen wirtschaftlichen Tätigkeit in Verbindung mit der Hilfeleistung in Steuersachen (z. B. Mitwirkung bei der Vorfinanzierung von Steuererstattungsansprüchen), steuerliche Pflichtverletzungen des Vereins.

Mitteilungsempfänger ist

bei der Zulassung zur und Befreiung von der Steuerberaterprüfung, bei der Bestellung und Wiederbestellung als Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter, der Rücknahme oder dem Widerruf der Bestellung als Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter, der Anerkennung als Steuerberatungsgesellschaft sowie deren Rücknahme oder Widerruf die zuständige Steuerberaterkammer (§ 37b Abs. 1, § 40 Abs. 1, § 46 Abs. 4, § 48 Abs. 2, § 49 Abs. 3 und § 55 Abs. 1 und 2 StBerG), 

bei der Anerkennung, der Rücknahme oder dem Widerruf der Anerkennung als Lohn-steuerhilfeverein die zuständige Oberfinanzdirektion oder die Landesfinanzbehörde, der diese Aufgaben übertragen worden sind (§ 15 Abs. 1, § 20 Abs. 2 und 3, § 31 Abs. 2 StBerG).

Soweit ein Steuerberater und Steuerbevollmächtigter gleichzeitig Rechtsanwalt, Wirtschafts-prüfer und/oder vereidigter Buchprüfer oder eine Steuerberatungsgesellschaft gleichzeitig Rechtsanwalts-, Wirtschaftsprüfungs- und/oder Buchprüfungsgesellschaft ist, dürfen die In-formationen im Sinne des § 10 Abs. 2 StBerG auch an die Rechtsanwalts- bzw. Wirtschafts-prüferkammer oder sonst zuständige Stelle übermittelt werden (§ 10 Abs. 3 StBerG).

Im Gegensatz zu Mitteilungen nach § 10 Abs. 1 StBerG darf die Übermittlung nach § 10 Abs. 2 und 3 StBerG nur erfolgen, soweit hierdurch schutzwürdige Interessen des Betroffenen nicht beeinträchtigt werden oder das öffentliche Interesse das Geheimhaltungsinteresse der Beteiligten überwiegt. Sie muss unterbleiben, wenn besondere gesetzliche Verwendungsregelungen entgegenstehen. Das Steuergeheimnis steht der Übermittlung nicht entgegen (§ 30 Abs. 4 Nr. 2 AO). 

3. Informationen aufgrund anderer Rechtsvorschriften

§ 36a Abs. 3, § 130 WPO, § 36a Abs. 3, § 59m Abs. 2 BRAO, § 64a Abs. 3 BNotO und § 32a Abs. 3, § 52m Abs. 2 PAO regeln die Weitergabe von Informationen über Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Wirtschaftsprüfungs- und Buchprüfungsgesellschaften, Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsgesellschaften, Notare sowie Patentanwälte und Patentanwaltsgesellschaften in den dort aufgeführten Fällen (z. B. Rücknahme der Zulassung als Rechtsanwalt, Wider-ruf der Bestellung als Wirtschaftsprüfer, Amtsenthebung eines Notars). Während nach § 36a Abs. 3 WPO das Steuergeheimnis der Übermittlung von Informationen generell nicht entgegensteht, ist bei Mitteilungen gemäß § 36a Abs. 3 BRAO, § 64a Abs. 3 BNotO und § 32a Abs. 3 PatAnwO grundsätzlich das Steuergeheimnis zu beachten, sofern nicht gleichzeitig die Voraussetzungen für eine Mitteilung nach § 10 Abs. 1 oder Abs. 3 StBerG und damit für eine Offenbarungsbefugnis im Sinne des § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO vorliegen. Nach § 36a Abs. 3 Satz 3 BRAO, § 64a Abs. 3 Satz 3 BNotO bzw. § 32a Abs. 3 Satz 3 PAO können Informationen über die Höhe rückständiger Steuerschulden entgegen § 30 AO zum Zweck der Vorbereitung des Widerrufs der Zulassung als Rechtsanwalt, der Amtsenthebung als Notar bzw. des Widerrufs der Zulassung als Patentanwalt wegen Vermögensverfalls übermittelt werden. Ansonsten sind Mitteilungen gemäß § 36a Abs. 3 BRAO, § 64a Abs. 3 BNotO und § 32a Abs. 3 PatAnwO nur zulässig, soweit der Betroffene zustimmt (§ 30 Abs. 4 Nr. 3 AO) oder ein zwingendes öffentliches Interesse vorliegt (§ 30 Abs. 4 Nr. 5 AO).

4. Zuständige Finanzbehörde

Im Interesse einer einheitlichen Handhabung erfolgen die Mitteilungen nach § 10 StBerG durch die Oberfinanzdirektionen oder - bei deren Auflösung - durch die für die Finanzverwaltung zuständige oberste Landesbehörde. Diesen bleibt es überlassen zu regeln, in welcher Weise die nachgeordneten Dienststellen über bekannt gewordene Tatsachen im Sinne des § 10 StBerG zu berichten haben. 

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