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Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung: Keine Strafe bei leichten Fehlern

Mit der Verschärfung der Regelungen zur strafbefreienden Selbstanzeige stellen sich für Steuerberater/Fachanwälte für Steuerrecht auch vermehrt Fragen zum Umgang mit Fehlern in der Nacherklärung. Hierzu hat sich der BGH mittlerweile geäußert:

Grundsätzlich erlangt Straffreiheit, wer gegenüber der Finanzbehörde zu allen noch nicht verjährten Straftaten einer Steuerart in vollem Umfang unrichtige Angaben berichtigt, ergänzt oder nachholt, § 371 AO. Nach einem Beschluss des BGH kann eine unvollständige Selbstanzeige grundsätzlich auch dann noch zu einer vollständigen Strafbefreiung führen, wenn die Abweichungen in der Berichtigung oder Nacherklärung vom geforderten Inhalt der Selbstanzeige nur geringfügig sind.

Nach der Rechtslage vor und ab dem Schwarzgeldbekämpfungsgesetz ist prinzipiell eine Abweichung von mehr als 5 % des Verkürzungsbetrags nicht mehr geringfügig. Allerdings ist diese Grenze nicht als starre Schwelle zu verstehen, sodass nicht automatisch jede Abweichung, die sich noch innerhalb der tolerierten 5 % bewegt, als geringfügig anzusehen ist. Darüber hinaus ist in einem zweiten Prüfungsschritt noch eine wertende Betrachtung der Umstände im Einzelfall erforderlich, die zu der Abweichung geführt hat. Entscheidend ist dabei, ob es sich hierbei um bewusste Abweichungen handelt oder in der Selbstanzeige noch eine Rückkehr zur Steuerehrlichkeit gesehen werden kann. Diese ist vor allem bei einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen denkbar.

Praxishinweis des Rechtsanwalt für Steuerstrafrecht: 

Der Ausschluss der Strafbefreiung bei Abweichungen bezieht sich nicht auf die steuerliche Bemessungsgrundlage, sondern auf den verkürzten Betrag. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach dem Kompensationsverbot in § 370 Abs. 4 AO ermäßigende Gründe oder Steuervorteile sich nicht mindernd auswirken.

Fundstellen: BGH 25.7.11, 1 StR 631/10, BGH 20.5.10, 1 StR 577/09; 13.10.98, 5 StR 392/98, wistra 99, 27

Diese Stellungnahme des BGH hat nach der Rechtsprechung zur Strafe bei Steuerhinterziehung einige Bedeutung erlangt. Denn der BGH hatte seine verschärfte Rechtsprechung zu Strafen bei Steuerhinterziehung aus 2008 und 2009 bestätigt.

Bei Vergehen in großem Ausmaß und den hieraus abgeleiteten Grundsätzen zur Strafzumessung kommt bei Steuer- hinterziehung in Millionenhöhe eine Freiheitsstrafe auf Bewährung von bis zu zwei Jahren nur beim Vorliegen besonders gewichtiger Milderungsgründe in Betracht. Ab dieser Betragsgrenze liegt ein besonders schwerer Fall einer Steuerhinterziehung vor, der in der Regel eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren nach sich zieht. Ein solcher besonders schwerer Fall liegt vor, wenn der Täter in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

Mit diesem Tenor wurde ein Unternehmer bestraft, der wegen Steuerhinterziehung in zwei Fällen von über 1,1 Mio. EUR zu zwei Jahren Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden war. Dieses Urteil hat der BGH auf die Revision der Staatsanwaltschaft hin aufgehoben, da die Vorinstanz bei der Strafzumessung durchgreifende Rechtsfehler zugunsten des Angeklagten begangen hat. Das Zusammenwirken mit dem Steuerberater beim Erstellen manipulierter Unterlagen blieb bei der Strafzumessung außer Betracht, sodass noch eine Strafaussetzung zur Bewährung erfolgte. Diese wäre aber nur bei besonders gewichtigen Milderungsgründen noch möglich gewesen, die aber weder erläutert noch vorgebracht wurden.

 

Praxishinweis:

Nach der BGH-Rechtsprechung kommt es bei Hinterziehung bis 50.000 EUR zu Geldstrafen. Bis 100.000 EUR ist je nach Einzelfall zu prüfen, ob schon eine Freiheitsstrafe zu verhängen ist. Ab 100.000 EUR bis zur Million ist eine Geldstrafe nur noch bei gewichtigen Milderungsgründen als schuldangemessen anzusehen. Anderenfalls kommt es zur Freiheitsstrafe zur Bewährung.

Fundstellen: BGH 7.2.12, 1 StR 525/11, BFH 2.12.08, 1 StR 416/08, 30.4.09, 1 StR 342/08

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