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Schadensersatz des Steuerberaters: Urteile zur Steuerberaterhaftung 2009

Steuerberaterhaftung

Die Tätigkeit des Steuerberaters ist aufgrund der Komplexität des Steuerrechts schadensgeneigt. Die Fälle der Steuerberaterhaftung und der sich daraus ergebenden Schadensersatzansprüche gegen die Steuerberater nehmen zu.

Schadensersatzklagen gegen Steuerberater

Hiergelten eine Reihe von Besonderheiten, die nur bei entsprechender Kenntnis sowohl des Steuerrechts als auch des Zivilrechts kompetent umgesetzt werden können. In der Regel ist daher die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts und Steuerberaters notwendig. Nachfolgend stellen wir die aus unserer Sicht wesentlichen Urteile des Jahres 2009 zur Steuerberaterhaftung zusammen.

1. BGH, Urteil vom 5. 2. 2009 - IX ZR 6/ 06; Vorinstanzen OLG Köln, LG Köln

In diesem Fall nahm der Kläger seinen Steuerberater wegen eines Beratungsfehlers auf Schadensersatz in Anspruch. Der Beklagte Steuerberater hatte den Kläger fehlerhaft über die steuerlichen Folgen des Verkaufs eines bebauten Grundstücks beraten. Dem Beklagten fiel dabei unstreitig eine Pflichtverletzung zur Last, weil er übersehen hatte, dass die Steuerbegünstigung gemäß § 6b EStG nur anwendbar sei, wenn das veräußerte Grundstück sechs Jahre zum Anlagevermögen gehört habe. In der Folge verkaufte der Kläger das Grundstück.

Entscheidend in diesem Fall war der Umstand, dass der Mandant als Kläger nachweisen muss, wie er sich bei vertragsgerechter Beratung durch den Steuerberater verhalten hätte. Im Rahmen von Verträgen mit Steuerberatern gilt die Vermutung, dass der Mandant beratungsgemäß gehandelt hätte, nur, wenn im Falle sachgerechter Aufklärung durch den Berater aus der Sicht eines vernünftig urteilenden Mandanten eindeutig eine bestimmte tatsächliche Reaktion nahe gelegen hätte. Dazu müssen alle Handlungsalternativen des Mandanten geprüft werden.

2. OLG Celle, Urteil vom 11.02.2009 - 3 U 226/08

Der Fall des OLG Celle ist nach jüngsten Ereignissen immer noch aktuell. Der Kläger hatte bislang dem Finanzamt unbekanntes Kapitalvermögen in der Schweiz. Da er dieses nach Deutschland transferieren wollte, entschloss er sich, durch seinen Steuerberater eine strafbefreiende Selbstanzeige i.S.d. § 371 AO fertigen zu lassen und das Vermögen zu legalisieren. Dabei wählte der Steuerberater ohne Kenntnis der genauen Vermögenslage des Klägers den Weg der Selbstanzeige und nicht der zu diesem Zeitpunkt möglichen strafbefreiende Erklärung nach § 1 Abs. 1 StraBEG. Dies führte zur Festsetzung von Vermögensteuer. Diese begehrte der Kläger von seinem Steuerberater im Wege des Schadensersatzes. Die Erklärung nach StraBEG hätte die Festsetzung der Vermögensteuer vermieden.

Das OLG entschied, dass eine Pflichtverletzung und damit Haftung des Steuerberaters sowohl darin zu sehen sei, dass er - ohne valide Kenntnis vom Gesamtvermögen seines Mandanten - den Hinweis auf eine möglicherweise durch das Finanzamt erfolgende Schätzung seines Vermögens und auf dieser Grundlage ergehende Vermögensteuerbescheide unterlassen habe, als auch darin, dass er dem Finanzamt Erträge aus Kapitalanlagen in der Schweiz im Wege der Selbstanzeige nach § 371 AO offenbart und nicht die strafbefreiende Erklärung nach § 1 Abs. 1 StraBEG wählte.

Denn der Steuerberater ist verpflichtet, seinen Mandanten umfassend zu beraten und über alle steuerlichen Einzelheiten aufzuklären. Dabei soll Schaden abgewendet werden. Der BGH hat aber auch nochmals klargestellt, dass es Aufgabe des Mandanten ist, für die Beibringung von Unterlagen und Informationen Sorge zu tragen, wenn der Steuerberater auf deren Notwendigkeit hingewiesen hat.

3. OLG Hamm, Urteil vom 17.04.2009 - 25 U 86/08

Der Kläger nahm seinen Steuerberater auf Haftung und Schadensersatz wegen Falschberatung betreffend die Umsatzsteuer in Anspruch. Der Steuerberater hatte Umsatzsteuerbescheide rechtskräftig werden lassen, obwohl zu diesem Zeitpunkt in der Fachliteratur die Europarechtswidrigkeit der für die Besteuerung des Mandanten maßgeblichen Norm diskutiert wurde.

Das Gericht kam zu folgendem Ergebnis:  Ist für einen Steuerberater vom Zeitpunkt der Abgabe einer Steuererklärung bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist die Rechtswidrigkeit einer für den Steuerpflichtigen nachteiligen Norm nicht erkennbar, besteht für ihn keine Handlungspflicht im Hinblick auf eine möglich Änderung der Rechtslage. Steuerberater müssen die deutsche Gesetzeslage beachten, solange sich für sie nicht die Unbeachtlichkeit einer Regelung wegen Unvereinbarkeit mit Europarecht abzeichnet. Dazu genügte nicht, dass die betreffende Norm in der Fachliteratur problematisiert wird. Allein kritische Stimmen in der Literatur begründen keine ungefragte Belehrungs- und Handlungspflicht des Steuerberaters.

4. BGH, Urteil vom 19.05.2009 - IX ZR 43/08

Ein Urteil des BGH weist noch einmal auf einige Grundsätze der Steuerberaterhaftung hin und offenbart ebenso, dass in komplexen Sachverhalten oft nur die Kombination aus Steuerberater und Rechtsanwalt dem Mandanten zu einem korrekten Ergebnis verhilft.

Zwar hat der Steuerberater seinen Mandanten umfassend zu beraten und ungefragt über alle bedeutsamen steuerlichen Einzelheiten und deren Folgen zu unterrichten. Um seinen Mandanten vor Schaden zu bewahren, hat der Steuerberater dabei den sichersten Weg zu dem erstrebten steuerlichen Ziel aufzuzeigen und sachgerechte Vorschläge für dessen Verwirklichung zu unterbreiten. Der Steuerberater darf für seinen Auftraggeber grundsätzlich aber nur auf dem Gebiet des Steuerrechts tätig werden. Sofern der Steuerberater zu einer außerhalb des Steuerrechts gelagerten Rechtsberatung nicht befugt ist, hat er seinen Mandanten aufzufordern, einen mit den notwendigen Kenntnissen ausgestatteten Rechtsanwalt aufzusuchen.

In den zu entscheiden Fall war der Beklagte in seiner weiteren Eigenschaft als Rechtsanwalt berechtigt und verpflichtet, den Kläger im Zusammenhang mit der erbetenen steuerlichen Beratung auf die rechtlichen und wirtschaftlichen Risiken einer verdeckten Sacheinlage hinzuweisen. Wollte sich der Beklagte auf eine reine Steuerberatung beschränken, hätte er dem Kläger empfehlen müssen, sich wegen der gesellschaftsrechtlichen Umsetzung an einen mit gesellschaftsrechtlichen Fragestellungen vertrauten Rechtsanwalt zu wenden.

5. BGH, Urteil vom 12.11.2009 - IX ZR 218/08

Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH ist geklärt, dass ein Schaden aus einer Steuerberatung erst dann entstanden ist, wenn sich die Vermögenslage des Betroffenen durch die Pflichtwidrigkeit des Steuerberaters gegenüber seinem früheren Vermögensstand objektiv verschlechtert hat. Dafür genügt, dass der Schaden dem Grunde nach erwachsen ist, mag auch die Höhe noch nicht beziffert werden können.

Ist dagegen - objektiv betrachtet - noch offen, ob ein pflichtwidriges, mit einem Risiko behaftetes Verhalten zu einem Schaden führt, ist ein Ersatzanspruch noch nicht entstanden, so dass die Verjährungsfrist noch nicht in Lauf gesetzt wird.

In der Regel beginnt danach die Verjährung des Ersatzanspruchs gegen einen Steuerberater, der steuerliche Nachteile oder von der Besteuerung abhängige sonstige Vermögensnachteile seines Mandanten verschuldet hat, mit der Bekanntgabe des belastenden Steuerbescheides.

Dies gilt auch, wenn der Steuerbescheid noch keine Steuerfestsetzung enthält, sondern Besteuerungsgrundlagen selbständig feststellt, welche für die nachfolgende Steuerfestsetzung bindend sind (Grundlagenbescheid). Schon der Grundlagenbescheid verdichtet das bestehende Nachversteuerungs- und Verzinsungsrisiko zu einem mit hoher Wahrscheinlichkeit bevorstehenden Schaden. Die Erhebung einer Klage, welche die Schadensersatzansprüche des Mandanten wegen Steuerberaterhaftung für die drohenden Nachversteuerungszinsen feststellen kann, ist von diesem Zeitpunkt an möglich und zuzumuten.

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