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GmbH: Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen der Gesellschafter an die Gesellschaft

OFD Frankfurt/M. v. 29.09.2006 - S 7100 A - 82 - St 11

 

Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen eines Gesellschafters an die Gesellschaft gegen Entgelt hat der BFH im Jahr 2002 seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben, nach der die Ausübung der Mitgliedschaftsrechte nicht als Leistung eines Gesellschafters an die Gesellschaft zu beurteilen ist. Bezogen auf Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen für eine Personengesellschaft durch einen Gesellschafter aufgrund eines Geschäftsbesorgungsvertrages gegen Vergütung setzt ein Leistungsaustausch lediglich voraus, dass ein Leistender und ein Leistungsempfänger vorhanden sind und der Leistung eine Gegenleistung gegenübersteht, also ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung besteht. Hierzu hat das BMF mit Schreiben vom 23.12.2003 (BStBl 2004 I S. 240) umfassend Stellung genommen.

In Fortführung der geänderten Rechtsprechung zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen des Gesellschafters einer Personengesellschaft hat der BFH in 2005 entschieden, dass die Tätigkeit eines GmbH-Geschäftsführers als selbstständig zu beurteilen sein kann. Die Organstellung des Geschäftsführers stehe dem nicht entgegen. Hierzu hat das BMF mit Schreiben vom 21.09.2005 Stellung genommen.

Zusätzliche Hinweise:

1 Selbstständigkeit und Leistungsbeziehungen

1.1 Organschaftliche Eingliederung der Komplementär-GmbH in die KG

Bei einer sog. Einheits-GmbH & Co. KG, bei der die KG Alleingesellschafterin der Komplementär-GmbH ist, ist von einer umsatzsteuerlichen Organschaft auszugehen. Durch die Beteiligung der KG an der GmbH liegt eine finanzielle Eingliederung vor. Dies wird unter diesen besonderen Voraussetzungen auch nicht dadurch überlagert, dass die GmbH ihrerseits Geschäftsführerin der KG ist und dadurch auf die Willensbildung des Organträgers einwirkt. In der Folge werden die Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen der GmbH nicht selbstständig erbracht.

1.2 Selbstständigkeit eines GmbH-Geschäftsführers, der gleichzeitig Kommanditist der KG ist

Ein bei der Komplementär-GmbH angestellter Geschäftsführer, der gleichzeitig Kommanditist der KG ist, wird mit der Wahrnehmung der Geschäftsführung der Komplementär-GmbH gegenüber dieser nicht selbstständig tätig. Aus der ertragsteuerlichen Würdigung der Tätigkeitsvergütung eines bei der Komplementär-GmbH als Geschäftsführer angestellten Kommanditisten (Mitunternehmers) kann keine umsatzsteuerliche Unternehmereigenschaft abgeleitet werden. Die Regelung  dient dazu, die Besteuerung von Einzel- und Mitunternehmern möglichst anzunähern und daher die Tätigkeitsvergütung in gewerbliche Einkünfte umzuqualifizieren, so dass diese den Gewinn der Gesellschaft nicht mindern. Dadurch wird keine Aussage zur Selbstständigkeit getroffen.

1.3 Auswirkungen eines zwischen dem Kommanditisten (zugleich Geschäftsführer der Komplementär-GmbH) und der KG geschlossenen Anstellungsvertrags auf die Leistungsbeziehungen bei der GmbH & Co. KG.

Wird bei einer GmbH & Co. KG die Geschäftsführungstätigkeit nicht von der Komplementär-GmbH, sondern durch einen Kommanditisten, der zugleich Geschäftsführer der Komplementär-GmbH ist, wahrgenommen und wird hierzu zwischen diesem und der KG ein zivilrechtlich wirksamer Anstellungsvertrag geschlossen und von der KG eine Tätigkeitsvergütung unmittelbar an den Kommanditisten gezahlt, erbringt der Kommanditist auf schuldrechtlicher Grundlage eine Leistung gegen Sonderentgelt an die KG. Dadurch wird er gegenüber der KG selbstständig tätig (vgl. Ausführungen in Teil A 1 des BMF-Schreibens vom 23.12.2003, BStBl 2004 I S. 240). Wird in diesem Fall an die Komplementär-GmbH kein Sonderentgelt gezahlt, findet zwischen ihr und der KG mangels Entgelt kein Leistungsaustausch statt (vgl. Teil B erster Absatz des o. g. BMF-Schreibens vom 23.12.2003).

1.4 Gewinnvorabvergütung

Ergänzend zum BMF-Schreiben vom 23.12.2003 . Teil B, zweiter Absatz, ist eine Gewinnvorabvergütung auch dann als Sonderentgelt zu qualifizieren, wenn die Vergütung des Gesellschafters im Rahmen der Handelsbilanz zwar nicht als Aufwand gebucht wird, sich aber gleichwohl ergebnismindernd auswirkt.

1.5 Haftungsvergütungen

Eine Haftungsvergütung der Gesellschaft an die Gesellschafter wird grundsätzlich nicht im Rahmen eines Leistungsaustauschverhältnisses gewährt. Sollte ausnahmsweise ein Sonderentgelt zu bejahen sein, ist die Leistung des Gesellschafters nicht steuerfrei (siehe o. g. BMF-Schreiben vom 23.12.2003 , Teil B, letzter Absatz). Ist ein Gesellschafter zur Geschäftsführung, Vertretung und Haftungsübernahme gegen Zahlung eines Sonderentgelts bestimmt, erbringt er hiermit eine einheitliche steuerpflichtige Leistung. Deshalb stellt die Zahlung einer speziell vereinbarten Haftungsvergütung, die sich bei der Gesellschaft ergebnismindernd auswirkt, in diesem Fall kein Sonderentgelt für die Haftungsübernahme, sondern zusätzliches Entgelt für die Geschäftsführerleistung dar.

2 Rechnungserteilung an die Gesellschaft mit gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer für zurückliegende Jahre

2.1 Besteuerung des geschäftsführenden Gesellschafters (Leistender)I

Ist für das betreffende Jahr bereits eine Festsetzung erfolgt und ist sie unter dem Vorbehalt der Nachprüfung oder hinsichtlich der Geschäftsführungstätigkeit vorläufig ergangen, so ist eine Änderung nach Maßgabe dieser Vorschriften durchzuführen. In den übrigen Fällen schuldet der Rechnungsaussteller die Steuer. Die Ausstellung der Rechnung stellt ein rückwirkendes Ereignis dar. Dies gilt auch für Fälle, in denen bereits Festsetzungsverjährung eingetreten ist, denn die Festsetzungsfrist beginnt erst mit Ablauf des Jahres der Rechnungsausstellung.

2.2 Vorsteuerabzug der Gesellschaft (Leistungsempfänger)

Die Vorsteuer ist grundsätzlich im Jahr der Rechnungsausstellung abziehbar, da in diesem Jahr erstmals die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug erfüllt sind. Neben den formellen Voraussetzungen ist auch zu beachten, dass die Umsatzsteuer (seitens des Leistenden) für den berechneten Umsatz geschuldet wird. Sofern der geschäftsführende Gesellschafter die Steuer nach § 14c Abs. 1 UStG schuldet, ist daher ein Vorsteuerabzug nicht zulässig.

3 Sicherstellung der Besteuerung

Die Grundsätze des BFH-Urteils vom 6. Juni 2002 sind auf nach dem 31. März 2004 ausgeführte Leistungen anzuwenden. Vor diesem Zeitpunkt können sie auf Antrag des Steuerpflichtigen angewendet werden.Um die umsatzsteuerliche Erfassung von Geschäftsführungsleistungen an Personengesellschaften sicherzustellen, ist der für den geschäftsführenden Gesellschafter zuständige VTB in geeigneter Weise über die Umsatzsteuerpflicht in Kenntnis zu setzen, damit ggf. das U-Signal gesetzt und die Besteuerung dieser Leistungen überwacht werden kann. Wird die Geschäftsführungsleistung an eine Kapitalgesellschaft durch eine an ihr beteiligten Kapitalgesellschaft erbracht. so ist der für die geschäftsführende Kapitalgesellschaft zuständige VTB ebenfalls in geeigneter Weise zu informieren.

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