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Formwechsel einer grundbesitzverwaltenden GmbH & Co. KG in eine GmbH

Bei grundbesitzverwaltenden Betrieben, die nur aufgrund ihrer Rechtsform gewerbesteuerpflichtig sind, führt die erweiterte ­Kürzung zu einer erheblichen Entlastung von der Gewerbesteuer. Nach § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG ist die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG allerdings ausgeschlossen, soweit der Gewerbeertrag Gewinne aus der Aufdeckung stiller Reserven aus Grundbesitz enthält, der innerhalb von drei Jahren vor der Aufdeckung der stillen Reserven zu einem unter dem Teilwert liegenden Wert in das Betriebsvermögen des aufdeckenden Gewerbebetriebs überführt oder übertragen worden ist, und soweit diese Gewinne auf bis zur Überführung oder Übertragung entstandene stille Reserven entfallen. Der BFH hat für den Fall eines Formwechsels einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft bereits entschieden, dass in diesem Fall nach der Regelungskonzeption des Umwandlungssteuergesetzes „aus steuerlicher Sicht“ – abweichend vom Handelsrecht – ein tauschähnlicher entgeltlicher Rechtsträgerwechsel stattfindet (BFH 25.11.14, I R 78/12). Der BFH hat nunmehr entschieden, dass die Umwandlung durch Formwechsel einer KG in eine GmbH gewerbesteuerrechtlich zu einer Übertragung von Wirtschaftsgütern führt, sodass die erweiterte Kürzung auch in Umwandlungsfällen trotz § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG weiterhin zu gewähren ist.

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, wechselte ihre Form identitätswahrend und steuerneutral nach § 25 i. V. m. § 20 Abs. 2 Satz 2 UmwStG in eine GmbH. Die Finanzverwaltung vertrat die Auffassung, dass der Formwechsel nach Tz. 00.02 des BMF-Schreibens v. 11.11.2011 (BStBl 2011 I S. 1314) einen Veräußerungsvorgang darstelle und versagte die Gewerbesteuerfreiheit für den Gewinn aus der Veräußerung eines Grundstücks nach § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG.

Das FG Köln gab der hiergegen gerichteten Klage statt.

 

Entscheidung

Der BFH folgte dem FG dahingehend, dass die Kürzung i. S. d. § 9 Nr. 1 Satz 2 und 3 GewStG zu gewähren war. Er entschied, dass § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG nicht erfüllt worden sei.

Im Rahmen einer normspezifischen Auslegung der Begriffe „Überführung“ bzw. „Übertragung“ in § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG seien die Wertungen des § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG einzubeziehen.

Nach § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG sei in den Fällen, in denen die Dauer der Zugehörigkeit eines Wirtschaftsguts zum Betriebsvermögen für die Besteuerung bedeutsam ist, der Zeitraum seiner Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen der übertragenden Körperschaft dem übernehmenden Rechtsträger anzurechnen.

Liegen die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG vor, sei für die Frage, wann der betreffende Grundbesitz i. S. d. § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 Halbs. 2 GewStG in das Betriebsvermögen des aufdeckenden Gewerbebetriebs (als übernehmende Gesellschaft) „überführt“ oder „übertragen“ worden ist, auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem er in das Betriebsvermögen der übertragenden Gesellschaft gelangt sei.

Der Gesetzgeber habe bei § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG erkennbar die Vermeidung der Gewerbesteuerpflicht durch die Veräußerung von Einzelwirtschaftsgütern und unter Umgehung des § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG vor Augen gehabt. Umwandlungen seien danach keine inkriminierten Gestaltungen.

 

Erläuterungen

Die Einbringung in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten ist zwar zu Buchwerten möglich (§ 20 UmwStG) und stellt dem Grunde nach eine Veräußerung dar. Ein Formwechsel wird dem gleichgestellt (§ 25 UmwStG). Dennoch liegt keine Übertragung i. S. v. § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG vor: Vielmehr existiert in § 4 Abs. 2 UmwStG eine Spezialvorschrift, die eine Rechtsnachfolge anordnet.

§ 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG ist als spezielle Missbrauchsverhinderungsvorschrift in das Gesetz eingefügt worden, um die Umgehung der Gewerbesteuerpflicht bei solchen Kapitalgesellschaften zu verhindern, die Grundstücke vor der Veräußerung in grundstücksverwaltende Personengesellschaften eingebracht hatten.

Ein solcher Missbrauch liegt hier nicht vor: Für ertragsteuerrechtliche Vorschriften, die eine bestimmte Besitzdauer voraussetzen und daher an einen Zeitraum anknüpfen, ist danach für durch Sacheinlage (§§ 20 Abs. 1, 25 Satz 1 UmwStG) übernommene Wirtschaftsgüter die Zugehörigkeit des Sacheinlagegegenstands ab dem (rückbezogenen) Übertragungsstichtag zum Betriebsvermögen der Übernehmerin zuzüglich der Besitzdauer im Betriebsvermögen beim Einbringenden maßgebend. Eine solche sog. Besitzzeitanrechnung gilt grundsätzlich auch für die Gewerbesteuer.

 

Fundstelle

  • BFH 27.10.21, I R 39/19
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