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Erbschaftsteuer/Schenkungsteuer: Die Reformpunkte in der Übersicht

Der Referentenentwurf des BMF zur Reform der Erbschaftsteuer nach der Vorgabe des BVerfG sieht höhere Freibeträge für den engen Familienkreis und höhere Steuersätze für entfernte Verwandte vor. Für Betriebsvermögen wird es weiterhin Begünstigungen geben, die allerdings von der Betriebsfortführung abhängen. Generell soll die Bewertung aller Vermögensarten zu Verkehrswerten erfolgen. Das neue Recht soll ab Verkündung im ersten Halbjahr 2008 in Kraft treten. Für Erbfälle – nicht hingegen für Schenkungen – nach dem 1.1.2007 bis zum Inkrafttreten des neuen Rechts soll es ein antragsgebundenes Wahlrecht zwischen altem und neuem Recht geben.

Freibeträge und Steuersätze

Die Freibeträge für enge Verwandte sollen steigen:

  • bei Ehegatten von 307.000 EUR auf 500.000 EUR,
  • bei Kindern und Stiefkindern sowie bei Enkelkindern, deren Elternteil vorverstorben ist, von 205.000 EUR auf 400.000 EUR,
  • bei Enkelkindern von 51.200 EUR auf 200.000 EUR,
  • bei Eltern von 51.200 EUR auf 100.000 EUR und
  • bei eingetragenen Lebenspartnern von 5.200 EUR auf 500.000 EUR.

Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft werden der Steuerklasse III zugeordnet. Beim Freibetrag sollen sie aber wie Ehegatten behandelt werden. Bei allen übrigen Erwerbern der Steuerklasse II und III soll der persönliche Freibetrag einheitlich auf 20.000 EUR angehoben werden, bei beschränkt Steuerpflichtigen auf 2.000 EUR.

Die Sätze in der Steuerklasse I sollen unverändert bleiben. Die Grenzen der Tarifstufen sind zugunsten der Steuerpflichtigen nach oben geglättet worden. Dagegen sollen die Steuersätze in den Steuerklassen II und III gravierend ansteigen, indem ein zweistufiger Tarif von 30 und 50 v.H. eingeführt werden soll. Damit erweisen sich die Erwerber der Steuerklassen II und III als Verlierer der Reform.

Neue Bewertungsvorschriften

Der Wert des Betriebsvermögens soll vorrangig aus dem Börsenkurs oder aus zeitnahen Verkäufen unter fremden Dritten abzuleiten sein, die weniger als ein Jahr vor dem Besteuerungszeitpunkt zurückliegen. Fehlen derartige zeitnahe Verkäufe, soll der gemeine Wert unter Berücksichtigung einer anerkannten auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode zu ermitteln sein. Als Untergrenze gilt die Summe der gemeinen Werte aller Wirtschaftsgüter abzüglich Schulden. Einzelheiten sollen nicht gesetzlich, sondern über eine Rechtsverordnung geregelt werden, worin ein vereinfachtes Ertragswertverfahren vorgegeben werden soll.

Land- und forstwirtschaftliches Vermögen soll im Ertragswertverfahren ermittelt werden. Als Mindestwert soll dabei die regional übliche und mit 5,5 v.H. kapitalisierte Netto-Pacht für den Grund und Boden zuzüglich des gemeinen Werts für das Besatzkapital gelten. Die Bewertung des landwirtschaftlichen Wohnhauses erfolgt wie beim Grundvermögen.

Der Wert unbebauter Grundstücke soll wie bisher durch Multiplikation der Fläche mit dem aktuellen Bodenrichtwert ermittelt werden. Dabei soll jedoch der Abschlag von 20 v.H. entfallen.

Der Wert von Wohnungs- und Teileigentum sowie Ein- oder Zweifamilienhäuser soll vorrangig auf Basis von Verkäufen vergleichbarer Immobilien ermittelt werden. Ansonsten sollen die Wertermittlungsverordnung und bei Nichtanwendbarkeit ein Sachwertverfahren zum Zuge kommen. Das bringt insbesondere bei schuldenfreien Immobilien mit bester Ausstattung und guter Lage deutlich höhere Wertansätze als derzeit. Maßgebend sind der gemeinsame Wert von Gebäude und Grund und Boden.

Bei Mietwohngrundstücken sowie Geschäftsgrundstücken und gemischt genutzten Grundstücken, für die sich auf dem örtlichen Grundstücksmarkt eine übliche Miete ermitteln lässt, soll das Ertragswertverfahren Anwendung finden. Für bebaute Grundstücke und Grundstücksteile, die zu Wohnzwecken vermietet werden, ist ein Abschlag von 10 v.H. auf den Verkehrswert vorgesehen. Dies gilt nur, sofern sie nicht zum begünstigten Betriebsvermögen oder zum begünstigten Vermögen eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft gehören. Bei eigengenutzten Objekten wird der Abschlag nicht gewährt.

Ist das Grundstück mit einem Erbbaurecht belastet, wird zweigeteilt bewertet. Neben dem Boden- und Gebäudewert sind auch die Höhe des Erbbauzinses, Restlaufzeit sowie die Höhe der Entschädigung bei Rückfall maßgebend. Gleiches gilt für Gebäude auf fremdem Grund und Boden.

Das übrige Vermögen wird wie bisher nach Verkehrswerten bewertet. Eine Änderung gibt es für den Ansatz noch nicht fälliger Versicherungsansprüche. Hier soll der günstige Ansatz mit zwei Dritteln der eingezahlten Prämien entfallen, maßgebend ist dann nur noch der Rückkaufswert.

Begünstigung von Betriebsvermögen

Begünstigt werden sollen land- und forstwirtschaftliches Vermögen, Betriebsvermögen sowie Anteile an Kapitalgesellschaften im Inland und dem EU- und EWR-Raum. Bei Kapitalgesellschaften muss der Vorbesitzer zu mehr als 25 v.H. unmittelbar beteiligt sein. Hierbei dürfen Anteile weiterer Gesellschafter einbezogen werden, wenn hierüber nur einheitlich verfügt werden kann.

Grundsätzlich sollen 85 v.H. des betrieblichen Vermögens als begünstigt gelten und damit nicht mit Erbschaftsteuer belastet werden, soweit einige Voraussetzungen erfüllt sind (sog. Verschonungsabschlag). Die übrigen 15 v.H. des betrieblichen Vermögens sollen pauschal als nicht produktiv gelten und sofort besteuert werden. Dabei soll ein gleitender Abzugsbetrag von 150.000 EUR berücksichtigt werden. Dieser Abzugsbetrag soll sich jedoch sukzessive abbauen. Ab einem gemeinen Wert des Betriebsvermögens von 450.000 EUR beträgt der Abzugsbetrag 0 EUR. Für den steuerpflichtigen 15 v.H.-Anteil bleibt die Tarifbegrenzung nach § 19a ErbStG beim Erwerb von Betriebsvermögen durch Steuerpflichtige der Steuerklasse II und III erhalten. Der Verschonungsabschlag und der Abzugsbetrag kommen nur zur Anwendung, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

· Der Betrieb wird vom Erwerber 15 Jahre lang fortgeführt.

· Die jährliche Lohnsumme sinkt innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb in jedem in diesem Zeitraum endenden Wirtschaftsjahr nicht unter 70 v.H. des Wertes vor dem Erb- oder Schenkungsfall. Ausgangslohnsumme ist dabei die durchschnittliche Lohnsumme der letzten fünf Wirtschaftsjahre. Dies soll allerdings nur Anwendung finden, wenn der Betrieb mehr als zehn Beschäftigte hat.

· Es werden keine schädlichen Verfügungen wie Überentnahmen, Veräußerungen oder die Aufgabe oder Entnahme wesentlicher Betriebsgrundlagen getroffen. Von diesem Grundsatz soll es allerdings eine Ausnahme geben und zwar dann, wenn im zeitlichen Zusammenhang eine Reinvestition erfolgt.

Werden diese Voraussetzungen nicht erfüllt, soll für jedes Jahr ein Zehntel des Steuerabschlags entfallen und die Steuer wird unter Neuberechnung der insgesamt erhöhten Bemessungsgrundlage rückwirkend nach § 175 AO neu festgesetzt.

Zur Verhinderung von Gestaltungsmissbrauch, etwa bei gewerblich geprägten Personengesellschaften, wird der Umfang des Betriebsvermögens eng definiert.

· Bestehen das Betriebsvermögen bzw. das land- und forstwirtschaftliche Vermögen oder die Anteile an Kapitalgesellschaften zu mehr als 50 v.H. aus Wirtschaftsgütern der privaten Vermögensverwaltung (sog. Verwaltungsvermögen), gilt das gesamte Vermögen als nicht begünstigt.

· Liegt der Anteil unter dieser Grenze, ist es nur dann begünstigt, wenn es bereits zwei Jahre dem Betrieb zuzurechnen war.

Als Verwaltungsvermögen gelten Wertpapiere und Bankguthaben, Kunstgegenstände, vermietete Grundstücke, Münzen und Edelmetalle, Anteile an Kapitalgesellschaften mit Beteiligung von höchstens 25 v.H. sowie Anteile an KG, OHG oder GbR und ausländischen Gesellschaften, soweit bei diesen Gesellschaften das Verwaltungsvermögen mehr als die Hälfte beträgt.

Weitere Besonderheiten in Kurzform

· Unter Lebenspartnern soll der Erwerb von Hausrat und anderen beweglichen körperlichen Gegenständen im selben Umfang steuerfrei bleiben, wie dies unter Ehegatten der Fall ist. Zudem sollen lebzeitige Zuwendungen im Zusammenhang mit einem inländischen Familienwohnheim in gleicher Weise wie bei Ehegatten steuerfrei bleiben.

· Private Steuererstattungsansprüche sollen bereits zum Erwerb gehören, wenn sie im Zeitpunkt des Erbanfalls entstanden sind.

· Bei geschenkten Beteiligungen an vermögensverwaltende Personengesellschaften sollen die anteiligen Schulden der Gesellschaft als Gegenleistung behandelt werden, sodass die Grundsätze der gemischten Schenkung anzuwenden sind.

· Für die Besteuerung bei Nutzungs- und Rentenlast nach § 25 ErbStG soll das bisherige Abzugsverbot für Belastungen entfallen, da es durch den Ansatz des gemeinen Werts für alle Vermögensgegenstände keinen Grund mehr für die Vorschrift gibt.

· Die allgemeine Anzeigepflicht in Erbfällen soll erweitert werden, indem die Finanzämter unmittelbar von den Erwerbern Angaben insbesondere zur Zusammensetzung des Nachlasses und seines Werts erhalten.

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