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Erbschaftsteuer: Nachweis des Verkehrswerts beinhaltet keine Nutzungsrechte

Bis zur anstehenden Gesetzesreform sind bebaute Grundstücke für erbschaftsteuerliche Zwecke in einem vereinfachten Ertragswertverfahren zu bewerten. Bei dieser Feststellung des Grundstückswerts bleibt die Belastung mit Nutzungsrechten von Dritten unberücksichtigt. Gemäß § 138 Abs. 4 BewG kann der Steuerpflichtige auch einen geringeren Verkehrswert nachweisen. Dabei ist er grundsätzlich frei in der Wahl der Mittel und kann den Nachweis durch Vorlage eines Gutachtens des örtlich zuständigen Gutachterausschusses oder eines Sachverständigen sowie durch einen zeitnah erzielten Kaufpreis erbringen. Hat erst die Belastung mit dem Nutzungsrecht eines Dritten den zum Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts nach § 146 Abs. 7 BewG bestimmten Wert ergeben, ist der Nachweis nach Auffassung des BFH nicht geführt.

Hierbei betont der BFH, dass der Wert aus der wirtschaftlichen Einheit oder dem Einzelwirtschaftsgut ermittelt oder abgeleitet werden muss. Vor diesem Hintergrund gehört die Belastung mit einem Nutzungsrecht nicht zur wirtschaftlichen Einheit Grundvermögen. Nießbrauchs- und Wohnrechte hängen nicht mit der Beschaffenheit des Grundstücks zusammen und können daher nicht beim Nachweis eines niedrigeren Grundstückswerts berücksichtigt werden. Anderenfalls würde es zu einem Vergleich unterschiedlicher wirtschaftlicher Einheiten und damit zwangsläufig zu willkürlichen Besteuerungsergebnissen kommen. Daher verstößt nach Meinung des BFH die von der Finanzverwaltung in H 177 ErbStH vertretene gegenteilige Rechtsauffassung gegen das Willkürverbot des Art. 3 GG. Sofern ein Sachverständigengutachten oder ein nachgewiesener Kaufpreis solche Belastungen mit Nutzungsrechten beinhaltet, kann damit nicht ein niedrigerer Wert festgestellt werden.

Steuerberaterhinweis:

Mit der Erbschaftsteuerreform wird dem Nachweis des geringeren Verkehrswertes eine viel größere Bedeutung zukommen. Durch den generellen Ansatz von Immobilien auf Marktniveau wird die pauschal ermittelte Bemessungsgrundlage verstärkt und deutlich häufiger als derzeit über dem Verkehrswert im Einzelfall liegen. Das gilt insbesondere für unbebaute Grundstücke, Eigentumswohnungen sowie Ein- und Zweifamilienhäuser. Mit dem Pauschalabschlag von 20 v.H. des Bodenrichtwerts nach § 145 Abs. 3 BewG werden derzeit wertmindernde Faktoren abgegolten. Entfällt dieser Abschlag, müssen künftig Besonderheiten wie Ecklage, Zuschnitt, Oberflächenbeschaffenheit oder Altlasten per Nachweis berücksichtigt werden. Eigentumswohnungen sowie Ein- und Zweifamilienhäuser sollen vorrangig auf Basis von Verkäufen vergleichbarer Immobilien ermittelt werden. Dieser Ansatz von Vergleichspreisen lässt wertbeeinflussende Belastungen privatrechtlicher und öffentlich-rechtlicher Art unberücksichtigt. Daher muss hier ein geringerer Verkehrswert in nahezu jedem Fall ermittelt werden. Dem Sachverständigenhinweis wird künftig erhöhte Bedeutung zukommen.

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