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Erbrecht und Erbschaftsteuer: Der Erbfall mit Auslandsbezug

Als Rechtsanwalt für Erbrecht steht man in Erbfällen, in denen sich Vermögen im Ausland befindet, vor der Situation, zunächst die Frage nach dem anzuwendenden Erbrecht zu klären. Ferner ist es Aufgabe des Steuerberaters, die Anwendbarkeit deutschen Erbschaftsteuerrechts umfassend zu prüfen. In diesem Zusammenhang soll ab 2015 eine einheitliche Lösung innerhalb der EU gefunden werden.

Der vom Rat der EU-Justizminister am 8.6.2012 angenommene Entwurf der neuen EU-Erbrechtsverordnung (Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses vom 23.5.2012) soll ab 2015 durch einfache und unbürokratische Regelungen Abhilfe bei den unterschiedlich ausgestalteten nationalen Regelungen der EU-Mitgliedstaaten schaffen, indem nach der allgemeinen Anwendungsvorgabe in Zukunft in der Regel das Erbrecht des Staates angewendet wird, in dem der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte.

Für alle Menschen, die auf Dauer in Deutschland leben und versterben, soll also künftig das deutsche Erbrecht unabhängig davon gelten, welche Staatsangehörigkeit sie besitzen. Bislang bestimmt jedes EU-Land in seinem nationalen Erbrecht, wer Erbe wird, welche Höhe Erbteile oder Pflichtteile haben und welche Formvorschriften für Testamente gelten sowie die Vorgehensweise, damit Erben ihre Rechte nachweisen können. Diese unterschiedlichen Regelungen können dazu führen, dass derselbe Erbfall in mehreren Staaten unterschiedlich beurteilt wird und Erbnachweise aus einem Mitgliedstaat der EU in den anderen nicht anerkannt werden, sodass Erben diese unter Umständen in verschiedenen Staaten parallel beantragen müssen.

Einheitliche Regelungen

Die neue EU-Verordnung will künftig die grenzüberschreitende Nachlassplanung und die Durchführung von Erbsachen mit EU-Bezug erleichtern und legt einheitliche Regeln darüber fest, welches Erbrecht auf einen internationalen Erbfall anzuwenden ist. Diese Vereinheitlichung des internationalen Privatrechts führt im Ergebnis durch das in allen Mitgliedstaaten anzuwendende Erbrecht nach den identischen Regeln dazu, dass die derzeitige Rechtszersplitterung bei der Beurteilung grenzüberschreitender Erbsachen künftig beseitigt wird, was auch der zunehmenden Mobilität der Menschen Rechnung trägt, die sich jenseits der Grenze niederlassen und in einem anderen Land Familiengründung, Hauskauf oder Geldanlage vornehmen.

Hierzu sind insbesondere folgende Regelungen vorgesehen:

 

  • Es gilt das Erbrecht des Staates, in dem der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Das betrifft Erben, Vermächtnisnehmer und Nachlassgläubiger.
  • Der Erblasser kann durch Testament oder Erbvertrag alternativ auch das Erbrecht des Staates bestimmen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt. Wird hierzu keine Anordnung getroffen, kommt nach der Grundregel das Erbrecht des Landes mit dem letzten gewöhnlichen Aufenthalt zur Anwendung. Wählt beispielsweise der dauerhaft auf Mallorca lebende Ex-Kölner das deutsche Erbrecht, wird er bei seinem Tod nach dem deutschem Recht beerbt. Trifft er hierzu hingegen keine gesonderte Wahl, kommt das spanische Erbrecht als Land mit dem letzten gewöhnlichen Aufenthalt zur Anwendung.
  • Einführung eines Europäisches Nachlasszeugnisses, das in allen Mitgliedsstaaten der Verordnung einheitlich gilt. Dadurch können Erben und Testamentsvollstrecker in allen Ländern, in denen die Verordnung gilt, ihre Rechtsstellung einheitlich nachweisen und beantragen.
  • Nationale Erbnachweise wie z.B. der deutsche Erbschein werden in den anderen Staaten anerkannt und die Erben müssen künftig nicht mehr in jedem Land neue Erbnachweise beantragen.

 

Anwendungsbereich der Verordnung

Die Verordnung soll erst im Laufe des Jahres 2015 durch eine Übergangsfrist in Kraft treten. Dieser zeitliche Aufschub soll es Betroffenen ermöglichen, sich auf die neue Rechtslage einzustellen. Die Verordnung gilt nicht in Dänemark, Irland und Großbritannien (Nach Artikel 1 und 2 des dem EU-Vertrags beigefügten Protokolle Nr. 21 und 22), ändert das nationale Erbrecht der Mitgliedstaaten nicht und führt zu keinen steuerlichen Anpassungen und damit nicht zu Änderungen im ErbStG.

Generell erstreckt sich der Anwendungsbereich auf

  • alle zivilrechtlichen Aspekte der Rechtsnachfolge von Todes wegen - im Wege der gewillkürten Erbfolge durch eine Verfügung von Todes wegen oder im Wege der gesetzlichen Erbfolge,
  • Bestimmungen über die Annahme oder die Ausschlagung einer Erbschaft, eines Vermächtnisses oder eines Pflichtteils oder zur Begrenzung ihrer Haftung für Nachlassverbindlichkeiten,
  • Vorgaben zur Zuständigkeit, des anzuwendenden Rechts, der Anerkennung und Vollstreckung.

Vom Anwendungsbereich der Verordnung ausgenommen sind aber:

  • Familienverhältnisse

 

  • Rechts-, Geschäfts- und Handlungsfähigkeit von natürlichen Personen

 

  • Fragen des ehelichen Güterrechts

 

  • Unterhaltspflichten, die nicht mit dem Tod entstehen

 

  • Formgültigkeit mündlicher Verfügungen von Todes wegen, unentgeltliche Zuwendungen, Anwachsungsrechte, Rentenpläne, Versicherungsverträge und ähnliche Vereinbarungen

 

  • Fragen des Gesellschafts- und Vereinsrechts

 

  • Auflösung, Erlöschen und Verschmelzungen von Gesellschaften, Vereinen oder juristischen Personen

 

  • Funktionsweise und Auflösung eines Trusts

 

  • Eintragung von Rechten an Vermögensgegenständen in einem Register

 

  • Steuersachen

 

  • verwaltungsrechtliche Angelegenheiten öffentlich-rechtlicher Art

 

  • Freigabe des Nachlassvermögens an die Berechtigten

 

  • Bereiche des Zivilrechts, die nicht die Rechtsnachfolge von Todes wegen betreffen

Im Einzelfall sollte dringend der Rat eines Rechtsanwalts/Steuerberaters eingeholt werden. Hierfür stehen wir in unseren Büros in Köln, Bonn und Düsseldorf gerne zur Verfügung.

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