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Einkommensteuer: Sprachreise als Werbungskosten oder Betriebsausgabe

In der jüngsten Vergangenheit kam es in Bezug auf gemischt veranlasste Reisekosten zu einigen Urteilen des Bundesfinanzhof (BFH), die die bisherige Rechtsprechung überholt haben. In Folge dessen hat der BFH nach der geänderten und mittlerweile von der Finanzverwaltung übernommenen Rechtsprechung zu gemischt veranlassten Reisen nun weitere konkrete Grundsätze aufgestellt, wann und in welcher Höhe Aufwendungen eines Arbeitnehmers - und dementsprechend auch bei Selbstständigen - für einen Fremdsprachenkurs im Ausland einkommensteuerlich als Werbungskosten (Betriebsausgaben) zu berücksichtigen sind und in welchen Umfang sie zu den Kosten der privaten Lebensführung gehören.

Steuerberater Köln informiert:

Wurden bislang Aufwendungen für eine Fortbildungsreise steuerlich nach einheitlichen Maßstäben beurteilt; erfahren sie nunmehr im Zusammenhang mit einem Fremdsprachenlehrgang eine Sonderbehandlung. Nachfolgend einige Eckpunkte im Überblick mit Relevanz für die Steuerberaterpraxis:

 

  • Selbst, wenn ein auswärtiger Kurs nur Grundkenntnisse oder allgemeine Kenntnisse in einer Fremdsprache vermittelt, diese aber für die berufliche Tätigkeit ausreichen, kann er beruflich veranlasst sein und deshalb die Kursgebühr abgezogen werden.

 

  • Bei einem nicht am Wohnort oder in dessen Nähe stattfindenden Lehrgang zum Erwerb oder zur Vertiefung von Fremdsprachenkenntnissen ist zu bestimmen, ob neben den reinen Kursgebühren auch die Aufwendungen für die mit dem Sprachkurs verbundene Reise offensichtlich ein unmittelbarer beruflicher Anlass zugrunde liegt und private Reiseinteressen nicht den Schwerpunkt bilden. Liegt der Reise kein unmittelbarer beruflicher Anlass zugrunde, sind die Kosten aufzuteilen, wenn der erwerbsbezogene Anteil nicht von untergeordneter Bedeutung ist.

 

  • Aufwendungen zum Erwerb von Grundkenntnissen in einer Fremdsprache sind als Werbungskosten anzuerkennen, wenn diese für die berufliche Tätigkeit ausreichen. Soweit der Arbeitnehmer mit spezifischem Fachvokabular mehr als auf die allgemeine Beherrschung einer Sprache angewiesen ist, muss dies gesondert untersucht werden.

 

  • Eine Fremdsprache wird in dem Land, in dem sie gesprochen wird, im Allgemeinen effizienter als im Inland zu erlernen sein. Daher kann nicht darauf abgestellt werden, dass ein Besuch von Sprachkursen im Inland den gleichen Erfolg hätte haben könnte. Das gilt auch für die Tatsache, dass ein Auslandsaufenthalt erhöhte Kosten verursachen kann.

 

  • Der BFH hatte bislang die Auffassung vertreten, dass allein der Umstand, dass der Arbeitnehmer an einem auswärtigen Sprachlehrgang statt an einem Ort in der Nähe seines Heimatorts teilnimmt, nicht zur Wertung als private Mitveranlassung führt. Diese Meinung wurde aufgegeben, indem in jeder auswärtigen Sprachreise auch private Motive liegen.

 

  • Bei Sprachreisen darf der touristische Wert des Aufenthalts nicht unbeachtet bleiben. Anders als bei sonstigen Fortbildungsreisen besteht hier für die Wahl des auswärtigen Kursorts regelmäßig keine unmittelbare berufliche Veranlassung. Deshalb wird sie auch von privaten, in der Regel touristischen Interessen des Arbeitnehmers bestimmt sein. Davon ist beispielsweise auszugehen, wenn eine Teilnahme an einem Kurs in englischer Sprache in weit entfernten Regionen (im Urteilsfall Südafrika) stattfindet. Dies ist außergewöhnlich und indiziert bereits, dass der Arbeitnehmer die Reisekosten auch aus privaten Erwägungen auf sich genommen hat.

 

  • Weiterentwickelt wurden die Grundsätze zum Aufteilungsmaßstab, den der Große Senat generell für gemischte Reisekosten aufgestellt hatte. Da der Arbeitnehmer seine Sprachreise immer auch aus touristischen Gründen unternimmt, infiziert dieses private Motiv die gesamte Veranstaltung und die sonst übliche Aufteilung zwischen beruflich und privat nach den jeweiligen Zeitanteilen scheidet aus.

 

  • Auch bei einem Intensivsprachkurs, der unter der Woche wenig Zeit für touristische Aktivitäten belässt und diese deshalb im Wesentlichen auf das Wochenende beschränkt sind, kann eine Aufteilung der mit dem auswärtigen Aufenthalt verbundenen Kosten gerechtfertigt sein. Sofern kein anderer Aufteilungsmaßstab vorgetragen und nachgewiesen ist, bestehen laut BFH keine Bedenken, von einer hälftigen Aufteilung sämtlicher mit der Reise verbundenen Kosten in privat und beruflich (Lebensführung/Werbungskosten) auszugehen.

 

Hinweis des Steuerberaters:

Nach der Grundsatzentscheidung vom Großen Senat des BFH (21.9.09, GrS 1/06) lassen sich Aufwendungen sowohl aus beruflichem/betrieblichem als auch aus privatem Anlass grundsätzlich in abziehbare Werbungskosten/Betriebsausgaben und nicht abziehbare Aufwendungen für die private Lebensführung nach Maßgabe der beruflich und privat veranlassten Verhältnisse aufteilen, wenn die beruflich veranlassten Anteile feststehen und nicht von untergeordneter Bedeutung sind. Sofern Betriebsausgaben und Werbungskosten hingegen eindeutig und klar abgrenzbar sind, werden sie nach dem Alles-oder-Nichts-Prinzip unmittelbar dem jeweiligen Bereich (abzugsfähig/nicht abzugsfähig) in voller Höhe zugeordnet, sodass eine Aufteilung unterbleiben kann. Näheres hierzu wird der Steuerberater bei Erstellung der Einkommensteuererklärung veranlassen.

 

Als weitere Grundlage dient das Schreiben BMF vom 6.7.10 (IV C 3 - S 2227/07/10003 :002, BStBl I 10, 614). Dieses beinhaltet die Anwendung der neuen Rechtsprechung zum Aufteilungs- und Abzugsverbots in § 12 Nr. 1 S. 2 EStG für alle Gewinn- und Überschuss-Einkunftsarten und insbesondere in Hinsicht auf die gemischten Reisekosten. Dabei werden die Grundsätze erläutert und zum Teil mit Beispielen konkretisiert. Das beinhaltet auch die Regelungen zu den Aufteilungsgrundsätzen sowie zu den strengen Bedingungen an eine Auslandsgruppenreise. Der Erlass beinhaltet eine Reihe praxisrelevanter Punkte, neben Dienstreisen etwa auch zu Messebesuchen oder einem Firmenjubiläum mit Geschäftspartnern und privaten Gästen.

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