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Die steuerliche Behandlung von Gesellschafterdarlehen

 

Bei der Ermittlung eines Veräußerungsgewinns nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG kommt es häufig zu Kontroversen zwischen Finanzamt und Steuerberater bzw. Mandanten. Schuld daran sind die vielen Urteile des BFH zur ertragsteuerlichen Behandlung von Gesellschafterdarlehen, Bürgschaftsregressforderungen und vergleichbaren Forderungen als nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung. Ein aktuelles BMF-Schreiben erläutert diese Thematik nun ausführlich.

Nachträgliche Anschaffungskosten

§ 17 Abs. 2a EStG definiert Anschaffungskosten sowie nachträgliche ­Anschaffungskosten von Anteilen an Kapitalgesellschaften i. S. v. § 17 EStG. Das BMF beleuchtet in seinem aktuellen Schreiben, unter welchen Voraussetzungen nachträgliche Anschaffungskosten angenommen werden können (BMF 7.6.22, IV C 6 – S 2244/20/10001 :001). Im Folgenden haben wir für Sie die interessantesten Informationen aus diesem Schreiben zusammengefasst.

 

Offene oder verdeckte Einlagen als nachträgliche Anschaffungskosten

Bei Ermittlung des Veräußerungsgewinns sind offene oder verdeckte Einlagen als nachträgliche Anschaffungskosten zu berücksichtigen. Ob eine offene oder verdeckte Einlage vorliegt, richtet sich nach handelsrechtlichen, ­bilanzsteuerrechtlichen und körperschaftsteuerrechtlichen Grundsätzen.

Offene Einlagen sind beispielsweise

  • Nachschüsse (§ 26 ff. GmbHG),
  • Barzuschüsse und sonstige Zuzahlungen (§ 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB) sowie
  • Einzahlungen in die Kapitalrücklage.

 

Beachten Sie | Offene Einlagen sind auch in letzter Minute geleistete Einlagen (BFH 29.7.18, BStBl II 19, 194).

 

Als verdeckte Einlagen kommen in Betracht:

1. Der Verzicht auf ein Gesellschafterdarlehen in Höhe des werthaltigen Teils. Das gilt unabhängig davon, ob das Darlehen im Zeitpunkt des Verzichts vom Finanzamt als fremdübliches oder als gesellschaftsrechtlich veranlasstes Darlehen qualifiziert wird.

2.  Eine verdeckte Einlage kann auch angenommen werden, wenn die vom Gesellschafter gewährte Fremdkapitalhilfe aufgrund der vertraglichen Abreden mit der Zuführung einer Einlage in das Gesellschaftsvermögen wirtschaftlich vergleichbar ist.

 

Darlehensverluste als nachträgliche Anschaffungskosten

Auch Darlehensverluste können den Veräußerungsgewinn von Anteilen i. S. v. § 17 EStG mindern. Voraussetzung dafür, dass Verluste aus Gesellschafterdarlehen als nachträgliche Anschaffungskosten anzuerkennen sind, ist, dass die Gewährung oder das Stehenlassen des Darlehens gesellschaftsrechtlich veranlasst war.

Die gesellschaftsrechtliche Veranlassung ist immer dann zu bejahen, wenn die Kapitalgesellschaft unter den bestehenden Verhältnissen von einem fremden Dritten kein Darlehen zu marktüblichen Bedingungen erhalten hätte.

 

Praxistipp

Hier ist der Gesellschafter in der Beweislast. Es genügt für die Anerkennung von Darlehensverlusten als nachträgliche Anschaffungskosten nicht, dass ein Darlehen zu nicht marktüblichen Bedingungen gewährt wird. Deshalb macht es Sinn, Aufzeichnungen zu führen, die belegen, dass von fremden Dritten keine Darlehen gewährt worden sind.

Kommt das Finanzamt bei seinen Überprüfungen zu der Erkenntnis, dass es sich bei einem Darlehensverlust nicht um nachträgliche Anschaffungskosten handelt – weil eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung bzgl. der Darlehensgewährung oder des Stehenlassens – zu verneinen ist, kommt eine Berücksichtigung des Darlehensverlusts im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen in Betracht.

 

Gesellschaftsrechtliche Veranlassung

Ein Darlehen ist dann gesellschaftsrechtlich veranlasst, wenn im Zeitpunkt seiner Gewährung oder Weitergewährung die Rückzahlung des Darlehens angesichts der finanziellen Situation der Gesellschaft in dem Maße gefährdet ist, dass ein ordentlicher Kaufmann das Risiko einer Darlehensgewährung zu denselben Bedingungen wie der Gesellschafter nicht mehr eingegangen wäre.

Bei so genannten krisenbestimmten Darlehen und Finanzplandarlehen ist unabhängig von einer tatsächlichen Krise stets von einer gesellschaftsrechtlichen Veranlassung auszugehen.

 

Höhe der nachträglichen Anschaffungskosten

In welcher Höhe bei Darlehensverlusten nachträgliche Anschaffungskosten bei Ermittlung des Veräußerungsgewinns nach § 17 EStG berücksichtigt werden dürfen, hängt davon ab, in welcher Phase und in welcher Form das Darlehen gewährt wurde. Danach gilt Folgendes:

 

Übersicht 

Hingabe Darlehen
in Krise

Nachträgliche Anschaffungskosten in Höhe des Nennwerts des Darlehens

Krisenbestimmtes Darlehen

Nachträgliche Anschaffungskosten in Höhe des Nennwerts des Darlehens

Finanzplandarlehen

Nachträgliche Anschaffungskosten in Höhe des Nennwerts des Darlehens

Stehengelassenes Darlehen

Nur der im Zeitpunkt des Eintritts der Krise werthaltige Teil des stehengelassenen Darlehens stellt nachträgliche Anschaffungskosten dar. In Höhe des nicht werthaltigen Teils des Darlehens kommt eine Berücksichtigung bei den Einkünften aus Kapitalvermögen in Betracht.

Veräußerung Darlehen

Wird das gesellschaftsrechtlich veranlasste Darlehen veräußert, stellen Verluste keine nachträglichen Anschaffungskosten dar, soweit keine verdeckte Einlage vorliegt. Liegen keine nachträglichen Anschaffungskosten vor, kommt die Berücksichtigung des Verlusts bei den Einkünften aus Kapitalvermögen in Betracht.

 

Bürgschaftsregressforderungen und vergleichbare Forderungen

Die Ausführungen zu Verlusten aus Gesellschafterdarlehen als nachträgliche Anschaffungskosten gelten in gleicher Weise auch für Bürgschaftsregress- und vergleichbare Forderungen.

 

Fundstelle

  • BMF 7.6.22, IV C 6 – S 2244/20/10001 :001
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