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Bilanzierung: Ansatz und Bewertung von Schuldübernahmen

Für Steuerberater wichtige Hinweise hat jetzt das BMF zu Fragen des bilanzsteuerlichen Ansatzes sowie der Bewertung in Fällen von Verpflichtungsübernahmen gegeben. Das Schreiben erläutert grundlegende Fragen anhand von Bilanzierungsbeispielen sowohl beim Veräußerer als auch beim Erwerber und differenziert zwischen der Schuldübernahme und einer Schuldfreistellung. Die Regeln gelten in allen offenen Fällen unabhängig davon, in welchem Zusammenhang eine Übertragung erfolgt. Dies kann einzeln, im Rahmen eines entgeltlichen Betriebsübergangs, beim Asset Deal durch Aufkauf aller Aktiva und Passiva eines Unternehmens oder in Umwandlungsfällen erfolgen. In allen Fällen bleiben die bilanzsteuerrechtlichen Ansatz- und Bewertungsvorbehalte weiter maßgebend.

 

  • Bei einer Schuldübernahme nach §§ 414 ff. BGB wird eine Verpflichtung gegenüber einem Dritten dadurch übernommen, dass der Übernehmer an die Stelle des bisherigen Schuldners tritt. Dieser Anschaffungsvorgang ist nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung zunächst erfolgsneutral in der ersten Schlussbilanz nach der Übernahme durch Ansatz mit dem Wert zu behandeln, der dem Veräußerungsgeschäft zugrunde gelegt wurde. Dies gilt allerdings nur insoweit, als keine steuerlichen Ansatz- und Bewertungsvorbehalte bestehen, also etwa für bestimmte Verbindlichkeiten und Rückstellungen nach §§ 5, 6 und 6a EStG, die meist auf der Passivseite geringere Bilanzansätze und entsprechend höhere Gewinne bringen. Ein Ausweis solcher Erwerbsgewinne kann erfolgen, weil das handelsrechtliche Realisationsprinzip steuerlich nur insoweit gilt, als keine abweichenden Ansatz- und Bewertungsvorbehalte bestehen.

 

  • Bei einer Schuldfreistellung verpflichtet sich der Übernehmer, den Verkäufer von künftigen Leistungspflichten freizustellen. Hierzu ist in der Bilanz des Verpflichteten eine gewisse oder ungewisse Verbindlichkeit auszuweisen und der Freigestellte hat seinen Anspruch als Forderung zu aktivieren. Freistellungsanspruch und -verpflichtung sind dabei grundsätzlich auf beiden Seiten korrespondierend zu bilanzieren. Da jedoch beim Erwerber eine Verpflichtung nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG zur Abzinsung besteht, dies auf der Aktivseite bei den Forderungen jedoch nicht, besteht in diesen Fällen kein identischer Ausweis.

 

Das Schreiben ist eine Reaktion auf ein BFH-Urteil, wonach steuerlich nicht bilanzierte Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften bei Übernahme gegen Schuldfreistellung beim Übernehmer als ungewisse Verbindlichkeiten auszuweisen sind. Hierbei ging es um Mietverträge, die beim Veräußerer mangels wirtschaftlichen Nutzens als Drohverlustrückstellung ausgewiesen waren. Da der Zugang von betrieblichen Wirtschaftsgütern zu einer bloßen Umschichtung in der Bilanz führt, erhöht auch das Entgelt für die Übernahme steuerlich nicht bilanzierter Verbindlichkeiten die Anschaffungskosten.

 

Das BMF folgt der BFH-Auffassung im Hinblick auf den Ausweis einer gewissen oder ungewissen Verbindlichkeit. Allerdings hatte der BFH im Urteilsfall den Drohverlust den ungewissen Verbindlichkeiten zugeordnet. Aufgrund der konkret feststehenden Mietzahlungen bis zum Vertragsende weist die Finanzverwaltung hingegen eine Rückstellung für gewisse Verbindlichkeiten aus.

 

Hinweis des Steuerberaters:

Beim BFH ist noch eine von der Verwaltung eingelegte Revision zu der Frage anhängig, ob angeschaffte und einem steuerlichen Ausweisverbot unterliegende Passivpositionen erfolgsneutral zu behandeln sind.

 

Fundstellen:

BMF 24.6.11, IV C 6 - S 2137/0-03; BFH 16.12.09, I R 102/08; 27.1.10, I R 35/09, BStBl II 10, 478; 17.10.07, I R 61/06, BStBl II 08, 555; FG Düsseldorf 29.6.10, 6 K 7287/00 K, Revision unter I R 72/10

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