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Ausnahmefälle bei der Abgeltungsteuer

Durch das Jahressteuergesetz 2008 wurden zwei Ausnahmefälle zur Abgeltungsteuer neu geregelt.

1. Für Kapitalerträge bei gleichzeitiger Kreditfinanzierung wurden die Regelungen zur Vermeidung missbräuchlicher Gestaltungen deutlich eingeschränkt und klarer definiert.

2. Zusätzlich erhalten GmbH-Gesellschafter die Option, auf Antrag Gewinnausschüttungen dem progressiven Einkommensteuertarif unter Anwendung des Teil-einkünfteverfahrens zu unterwerfen. Sie unterliegen dann nicht mit abgeltender Wirkung dem Pauschalsatz von 25 v.H.

Im Folgenden einige Hinweise für die Beratung durch den Rechtsanwalt /Steuerberater.

Entschärfung bei Back-to-back-Finanzierungen

Nach § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe c) EStG setzt der Ausschluss von der Abgeltungsteuer zwingend voraus, dass eine Kapitalanlage des Gläubigers im Zusammenhang mit einem Darlehen an den Gläubiger steht, das für eine andere Einkunftsart gewährt wird. Dies muss auf einem einheitlichen Plan beruhen, also entweder muss der Kredit in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Kapitalanlage stehen oder die Zinsvereinbarungen müssen miteinander verknüpft sein. Ein zeitlicher Zusammenhang ist nur gegeben, wenn das Darlehen in zeitlicher Nähe zur Kapitalanlage privater Eigenmittel aufgenommen wird und die Kreditlaufzeit in etwa der Dauer der Kapitalanlage entspricht. Das gilt beispielsweise für eine feste Koppelung beider Zinssätze an einen bestimmten Referenzsatz oder wenn der Guthabenzins konstant unter dem Kreditzins liegt. Zusätzlich wird vorausgesetzt, dass die kreditgebende Bank auf den Anleger oder eine ihm nahestehende Person aufgrund eines rechtlichen Anspruchs zurückgreifen kann, etwa durch Bürgschaft oder eine dingliche Sicherheit wie die Grundschuld. Dabei müssen Geldanlage und Kredit nicht zwingend bei demselben Institut bestehen. Liegen diese Voraussetzungen vor, bleibt es dennoch bei Anwendung der Abgeltungsteuer, wenn

· die Zinsvereinbarungen marktüblich sind oder

· der Pauschalsatz zu keinem Belastungsvorteil führt.

Gewährt die Bank also vergleichbaren Kunden einen isolierten Kredit zu ähnlichen Konditionen oder entspricht der Zinssatz den offiziellen Statistikzahlen, liegt Marktüblichkeit vor.

Die deutlich entschärfte Regelung bringt Anlegern und Beratern in der Praxis Erleichterungen und mehr Rechtssicherheit. So bleibt der Gläubiger der Kapitalerträge bei marktüblichen Zinsen, bei differierender Laufzeit oder bei fehlender Zinssatzkoppelung stets im Bereich der Abgeltungsteuer. Zudem ist es nicht mehr erforderlich, für Darlehen und Kapitalanlage unterschiedliche Kreditinstitute zu wählen. Der Kunde kann bei seiner Hausbank bleiben. Auf der anderen Seite kann es aber nunmehr auch über ein Zwei-Banken-Modell zu einer Back-to-back-Finanzierung kommen.

Progression mit Werbungskostenabzug bei GmbH-Ausschüttungen

Der neu eingefügte § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG gewährt die Option, Gewinnausschüttungen einer GmbH dem progressiven Einkommensteuertarif unter Anwendung des Teileinkünfteverfahrens zu unterwerfen. Dann bleiben 40 v.H. der Kapitaleinnahmen steuerfrei und Schuldzinsen und andere Aufwendungen können zu 60 v.H. abgezogen werden. Dieser Antrag ist im Rahmen der Veranlagung zu stellen. Der vorherige Einbehalt der Abgeltungsteuer durch die GmbH wird hiervon nicht berührt. Dieses Wahlrecht steht Gesellschaftern zu, die

· zu mindestens 25 v.H. an der GmbH beteiligt sind oder

· zu mindestens 1 v.H. beteiligt und für die GmbH beruflich tätig sind.

Der Antrag kann für die jeweilige Beteiligung nur einheitlich gestellt werden. Auch bei einem Hinzuerwerb weiterer Anteile darf die Option nur einheitlich ausgeübt werden. Der Antrag zur individuellen Progression gilt grundsätzlich als für fünf Veranlagungszeiträume gestellt. Dabei wird fingiert, dass die Voraussetzungen für eine Option während dieses gesamten Zeitraums erfüllt sind. Erst anschließend ist ein erneuter Antrag und eine Darlegung der Antragsvoraussetzungen erforderlich. Sofern sich ein Gesellschafter zum individuellen Tarif entscheidet, muss die zusätzliche Progressionsauswirkung der Gewinnausschüttung für das übrige Einkommen beachtet werden. Durch die Abgeltungsteuer bleibt es unabhängig von der Höhe immer bei pauschal 25 v.H. Nach einem einmaligen Widerruf kann der Antragsteller nicht mehr zum progressiven Einkommensteuertarif seiner Dividendeneinkünfte zurückkehren. Diese Regelung soll einen auf Steueroptimierung gerichteten ständigen Wechsel des Besteuerungsregimes verhindern. Die erneute Ausübung der Option ist jedoch nicht verwehrt, wenn der GmbH-Gesellschafter nach der vollständigen Veräußerung seiner Anteile zu einem späteren Zeitpunkt erneut eine größere Beteiligung an demselben Unternehmen erwirbt.

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