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Anrechnung von Kapitalertragsteuer bei nacherklärten Einnahmen

Werden dem Finanzamt nach bestandskräftig durchgeführter Einkommensteuerfestsetzung bisher nicht erklärte Kapitalerträge bekannt, kann die Steuerfestsetzung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geändert werden. Voraussetzung ist, dass die nachträglich bekannt gewordenen Kapitalerträge zu einer höheren Steuer führen und noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten ist. Das gilt auch für den umgekehrten Fall, wenn sich nach Anrechnung der Kapitalertragsteuer eine niedrigere verbleibende Einkommensteuerschuld und damit ein Steuererstattungsanspruch ergibt. Denn für die Frage, ob eine Steueränderung wegen neuer Tatsachen zuungunsten des Steuerpflichtigen in Betracht kommt, ist allein auf das Ergebnis der Steuerfestsetzung ohne Berücksichtigung von Steuerabzugsbeträgen abzustellen.

Nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG wird der Zinsabschlag oder die Kapitalertragsteuer auf die Einkommensteuer angerechnet, soweit die Steuer auf die bei der Veranlagung erfassten Einkünfte entfällt. Die nachträgliche Anrechnung scheidet immer dann aus, wenn die betreffenden Kapitalerträge wegen eingetretener Festsetzungsverjährung nicht mehr der Einkommensteuer unterliegen. Die OFD Hannover weist in einer aktuellen Verfügung darauf hin, dass die Kapitalertragsteuer nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG auch dann nachträglich angerechnet wird,

• wenn die Einkünfte aus Kapitalvermögen unter Einbeziehung der nachträglich bekannt gewordenen Kapitalerträge unter dem Sparer-Freibetrag liegen und damit die Steuerfestsetzung nicht geändert wird oder

• wenn sich die Steuerschuld aus anderen Gründen – wie etwa bei Verlusten aus anderen Einkunftsarten – trotz Berücksichtigung der nachträglichen Kapitalerträge nicht verändert.

Auch in solchen Fällen wird die Kapitalertragsteuer bei Vorlage einer ordnungsgemäßen Steuerbescheinigung nachträglich angerechnet. Hintergrund hierfür ist, dass die mit der Einkommensteuerfestsetzung verbundene Anrechnungsverfügung einen selbstständigen Verwaltungsakt darstellt, der nach den §§ 130 oder 131 AO korrigiert werden kann. Eine Berichtigung der Anrechnungsverfügung ist allerdings nur innerhalb der fünfjährigen Zahlungsverjährungsfrist zulässig. Dies hatte der BFH jüngst entschieden.

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