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Akteneinsicht im Verfahren vor dem Finanzgericht

Beantragt der Rechtsanwalt/Steuerberater im finanzgerichtlichen Verfahren Akteneinsicht, so ist dies grundsätzlich nur in den Räumen eines Gerichts oder einer Behörde unter Aufsicht eines im öffentlichen Dienst stehenden Bediensteten möglich. Ein Anspruch auf Übersendung von Aktenkopien kann nicht aus der DSGVO (Datenschutz-Grundverordnung) hergeleitet werden.

Sachverhalt

Der Rechtsanwalt/Steuerberater der Steuerpflichtigen hatte beim FG beantragt, ihm Akteneinsicht durch Übersendung der vollständigen Akten im Original oder in Kopie in seine Kanzleiräume zu gewähren. Er verwies in seinem Antrag auf das „Gebaren“ des Beklagten, der erst nach Aufforderung des Senats nach der mündlichen Verhandlung die Akten im Original vorgelegt hatte. Dies mache eine umfangreiche Recherche am Arbeitsplatz erforderlich. Eine solche sei ihm in einem Gericht weder möglich noch zumutbar. Bei den hamburgischen Gerichten gebe es auch keinen Kopierer für Externe. Zusätzlich wurde die Übersendung vollständiger Kopien der Akten gemäß Art. 15 DSGVO beantragt.

 

Entscheidungsgründe

Das FG entschied mit Beschluss, dass Einsicht in Papierakten grundsätzlich nur

  • in den Räumen eines Gerichts oder einer Behörde
  • unter Aufsicht eines im öffentlichen Dienst stehenden Bediensteten

möglich sei. Es gebe keinen Rechtsanspruch auf die Übersendung von Akten oder die Überlassung vollständiger Kopien. Form und Ort der Akteneinsicht werde durch § 78 Abs. 2 und 3 der Finanzgerichtsordnung ausdrücklich geregelt.

Danach werde den Beteiligten Einsicht in die in Papierform geführten Gerichtsakten und die dem Gericht vorgelegten Akten „in Diensträumen“ gewährt. Kanzleiräume eines Rechtsanwalts seien keine Diensträume. Besondere Gründe, die ausnahmsweise eine Aktenübersendung rechtfertigen könnten, lägen nicht vor.

Der Prozessbevollmächtigte könne nach Akteneinsicht an einem anderen Gericht oder einer Behörde dem FG eine Liste mit Aktenseiten, die er kopiert haben wolle, vorlegen. Soweit nicht von vornherein ersichtlich sei, dass der Prozessbevollmächtigte bereits im Besitz entsprechender Kopien oder Mehrfertigungen ist, würde der Senat dem entsprechenden Wunsch vollumfänglich entsprechen.

§ 78 FGO verpflichte das Finanzgericht nicht, Behördenakten zu digitalisieren. Daher müsse das Finanzgericht keine elektronische Fassung der in Papierform geführten Behördenakten herstellen und hierauf einen elektronischen Zugriff ermöglichen.

Aus der Datenschutz-Grundverordnung ergebe sich auch kein Anspruch auf Übersendung von Aktenkopien. Dessen Anwendung im Finanzgerichtsverfahren normiere die FGO nicht. Die Finanzgerichtsordnung gehe dem Datenschutzrecht und dem Auskunftsrecht aus der Datenschutz-Grundverordnung vor.

 

Praxistipp 

Form und Ort der Akteneinsicht richten sich also ausschließlich nach der Finanzgerichtsordnung und nicht nach der Datenschutz-Grundverordnung.

 

Fundstelle

·         FG Baden-Württemberg 17.12.19, 2 K 770/17

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